Hier bin ich Mensch – hier kann ich (nicht mehr) sein

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Am 30. Juni öffnet sich die Tür im Haus Franziskus zum letzten Mal.

TRIER. Nahezu 29 Jahre war das Haus Franziskus in der Trierer Christophstraße eine feste Adresse für Menschen, die Begegnung suchten. Man kann fast von einer Institution sprechen, die hier von den Franziskanerinnen aus Waldbreitbach eingerichtet und unterhalten wurde. Jetzt steht diese Einrichtung vor dem Aus.

Es ist noch keine zwei Wochen her, da wurde die Figur der seeligen Mutter Rosa in der Westapsis des Domes aufgestellt. Sie ist die Gründerin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, die in Trier unter anderem das Haus Franziskus unterhalten. Die Generaloberin des Ordens, Schwester Edith-Maria Magar teilte schon im Februar den Besuchern des Begegnungsforums in einem Schreiben, das lokalo.de vorliegt, mit, dass das Haus Franziskus aus personellen und finanziellen Gründen zum 30. Juni 2015 seine Arbeit beenden wird. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass sich die Schwestern darüber im Klaren seien, dass die Schließung „eine Lücke reißt, die so schnell nicht zu schließen sein wird.“

Die Waldbreitbacher Franziskanerinnen leiden wie die allermeisten Ordensgemeinschaften nicht nur in Deutschland unter Nachwuchsmangel und Überalterung. Das zwingt sie, Konvente zu schließen und damit Angebote aufzugeben, die sie viele Jahre für die Menschen wahrgenommen und segensreich gestaltet haben. So war im Herbst 2014 beispielsweise schon der Schwestern-Konvent in Trier-Ehrang aufgelöst worden. Das teilte der Orden in einer Presseerklärung mit, nachdem lokalo.de in Waldbreitbach nachgefragt hatte.


Nahezu vollständig finanziert

Nun also das Haus Franziskus. Im Gespräch mit dem Leiter des Hauses, Franz-Josef Euteneuer, drückte dieser sein großes Bedauern über diesen Schritt aus und hinterließ den Eindruck, dass er genauso überrascht von der Schließung ist wie die täglichen Besucher. Allerdings sagte er auch, dass man damit habe rechnen müssen. Fast drei Jahrzehnte haben die Schwestern aus Waldbreitbach die Einrichtung nahezu vollständig selbst finanziert. Es habe nahezu keine Zuwendung von der Stadt, dem Landkreis oder dem Bistum Trier gegeben.

„Hier bin ich Mensch – hier darf ich es sein“

Erst 2004 hatte man das Kutscherhaus mit einem Aufwand von rund 250.000 Euro renoviert und, wie Euteneuer es nannte, aus dem Dornröschenschlaf geholt. Euteneuer wiederholte, was in dem Schreiben der Generaloberin zu lesen war: „Diese Lücke wird so schnell nicht geschlossen werden.“ Weiter sagte er: „Wir haben in diesem Haus den Sinn- und Seelenhunger vieler Besucher stillen können. In unserer Arbeit haben wir den Menschen immer vermittelt, dass sie uns als Mensch willkommen sind und nichts an eigener Leistung mitbringen müssen. Unsere Maxime war immer: ‚Hier bin ich Mensch – hier darf ich es sein‘ „.

Euteneuer legt großen Wert darauf, dass die Arbeit, die er zusammen mit Schwester Ute und Schwester Antonie im Team leistet, keine Verwahr- und Beschäftigungsarbeit ist. „Wir haben hier Menschen unterschiedlichster Generationen und unterschiedlichster Gesellschaftsschichten zusammen gebracht, die sich so wahrscheinlich nie begegnet wären. Sie sind hier ins Gespräch gekommen. Ins Gespräch auch über Themen, über die sie sich aus eigenem Antrieb heraus wahrscheinlich nie unterhalten hätten.“ Erst im Juli des vergangenen Jahres startete in der Christophstraße eine neue Diskussionsreihe, in der genau das, was Euteneuer hier beschreibt, gefördert wurde. Das alles findet nun ein Ende. Am 30. Juni heißt es dann zum letzten Mal: Hier bin ich Mensch – hier darf ich es sein.

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