Konsequenzen aus Missbrauchsfall: Schärfere Regeln für Fußfesseln kommen

Die Bestürzung nach der Tat in Edenkoben ist auch bei den politischen Entscheidungsträgern in Mainz groß. Bei nur anteilnehmenden Worten soll es nicht bleiben

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Foto: dpa

MAINZ. Rheinland-Pfalz will als Konsequenz aus dem Entführungs- und Missbrauchsfall eines zehnjährigen Mädchens in Edenkoben schärfere Regeln für das Anlegen einer elektronischen Fußfessel einführen.

Innenminister Michael Ebling (SPD) kündigte am Freitag im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags in Mainz eine Prüfung an, inwieweit das Anlegen dieser Fessel auch unter Zwang gesetzlich ermöglicht werden kann.

Täter weigerte sich eine Fußfessel zu tragen

Ein 61-Jähriger soll vor wenigen Tagen das Kind auf dem Schulweg in seinem Auto entführt und dann sexuell missbraucht haben. Der mehrfach auch wegen Sexualstraftaten verurteilte Mann wurde nach einer Verfolgungsfahrt festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Das Kind wurde befreit.

Der Mann, dem nach dem Ende seiner Haft Kontakt zu Kindern untersagt war und der engmaschig von der Polizei überwacht wurde, hatte sich zuvor geweigert, eine elektronische Fußfessel zu tragen.

Ermächtigungsgrundlage für Polizei soll geschaffen werden

«Wir beabsichtigen in der bereits angekündigten Novellierung des Polizei- und Ordnungsgesetzes, eine präventiv-polizeiliche Ermächtigungsgrundlage für die Fußfessel einzuführen, und zwar auch bei Sexualstraftätern», sagte der Innenminister mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Ermittlungsbehörden hatten bei der Aufarbeitung des Falls auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen, wonach eine solche Fußfessel nicht unter Zwang angelegt werden könne.

Justizminister Herbert Mertin (FDP) unterstützte das Vorhaben von Ebling, den Umgang mit der Fußfessel über das Landesrecht zu regeln. Nach seinen Angaben hatte der Tatverdächtige zeitweise auch eine Fußfessel an, er habe jedoch die Batterien nicht neu aufgeladen. Der Mann habe zudem während seiner insgesamt zehnjährigen Zeit in Haft keine Bereitschaft für die Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen gezeigt.

Der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Andreas Sarter, versicherte in der Sitzung erneut, dass der Polizei das latente Gefährdungspotenzial des Mannes bewusst gewesen sei. Die Ermittler könnten aber nur nach konkreten Verdachtsmomenten handeln. Diese habe es nicht gegeben. Der 61-Jährige habe auch auf die Kontaktaufnahmen der Polizei nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Juli kooperativ reagiert. Aus seinem Verhalten sei nicht abzuleiten gewesen, dass eine Tat unmittelbar bevorsteht.

Der 61-Jährige stand nach dem Ende seiner Haft unter sogenannter Führungsaufsicht, die eine gewisse Überwachung und Kontrolle gewährleistet. Eine Überwachung rund um die Uhr habe es jedoch nicht gegeben, erklärte Sarter. Der Mann war auch im Programm «Visier» der Polizei, das entlassene Straftäter unterstützen, aber auch zur Überwachung und Kontrolle dient.

In Rheinland-Pfalz befinden sich im Programm «Visier» (Vorbeugendes Informationsaustauschsystem zum Schutz vor Inhaftierung und Entlassenen Rückfalltätern) derzeit 174 Sexualstraftäter, wie der Innenminister im Ausschuss mitteilte. Darunter seien 98 Täter, die wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurden.

Die regierenden Ampel-Fraktionen stellten sich hinter die Ankündigung des Innenministers, die gesetzliche Möglichkeit für das Anlegen einer Fußfessel auch unter Zwang zu prüfen. Die AfD-Fraktion forderte einen grundlegenden Paradigmenwechsel im Umgang mit gefährlichen Straftätern, einschließlich der Sicherungsverwahrung nach Haftentlassung. Auch die CDU und die Freien Wähler sprachen von einer derzeit offensichtlich zu liberalen Gesetzgebung.

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