Unternehmen in RLP heißen Kriegsflüchtlinge willkommen

Die Industrie- und Handelskammern schätzen, dass 10.000 Geflüchtete aus der Ukraine an einer Beschäftigung interessiert sind. Auch Maryna Studinska arbeitet jetzt in Mainz und nicht mehr in Kiew.

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Fotol: dpa

MAINZ. Viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine hoffen auf Frieden und eine baldige Rückkehr – die Unternehmen in Rheinland-Pfalz zeigen sich gleichwohl offen für ihre Anstellung.

«Es geht um Unterstützung und Hilfe für Menschen, die vielleicht in der schwersten Krise ihres Lebens sind», sagte der Trierer IHK-Geschäftsführer Jan Glockauer am Montag in Mainz. Etwa ein Viertel der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Rheinland-Pfalz sei nach Einschätzung der Industrie- und Handelskammern an der Aufnahme einer Arbeit interessiert.

Die Wirtschaft im Bundesland sei in der Lage, diese Zahl von etwa 10.000 Menschen aufzunehmen, sagte Glockauer. Bislang wurden in Rheinland-Pfalz mehr als 40.000 Kriegsflüchtlinge registriert. «Es bleibt eine Ausnahmesituation, traumatisierte Menschen in die derzeit offenen Stellen zu integrieren und es geht vor allem um eine individuelle Beratung.» Nötig seien Sprachkurse und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder.

«Wir wollen all denen, die zu uns kommen, mit ihrem Können, mit ihrem Talent, mit ihrem Wissen, aber auch mit ihrer Neugierde Perspektiven aufzeigen», sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). «Wir haben in Rheinland-Pfalz eine gut gelebte Willkommenskultur.»

Auch wenn die längerfristigen Perspektiven der Menschen aus der Ukraine offen seien, brauche Rheinland-Pfalz qualifizierte Zuwanderung, um den Fachkräftebedarf zu decken, sagte die Ministerin. Viele Unternehmen gelangten an ihre Grenzen, weil das Personal nicht vorhanden sei.

Schmitt sprach sich für Lockerungen bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen aus. Hier stelle Deutschland im internationalen Vergleich bislang mit die höchsten Anforderungen. Dies sei sinnvoll etwa bei medizinischen Berufen oder in der Elektrotechnik. Es gebe aber auch Berufe, bei denen ein pragmatischeres und schnelleres Vorgehen angebracht sei.

Nach einer bundesweiten Umfrage haben etwa zwei Prozent der Unternehmen bereits Geflüchtete aus der Ukraine eingestellt. Dies entspricht auch der IHK-Einschätzung für Rheinland-Pfalz. Und neun Prozent der Unternehmen hätten bereits Kontakte mit möglichen Beschäftigten aus der Ukraine. Das Bildungsniveau sei vergleichsweise hoch, sagte Glockauer. Die weit überwiegende Mehrheit der erwachsenen Kriegsflüchtlinge habe eine höhere Schulbildung, einen Berufs- oder Universitätsabschluss.

An der Präsentation einer vorläufigen Bilanz der vier Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten aus Rheinland-Pfalz nahm auch Maryna Studinska teil, die Anfang März von Kiew nach Mainz kam. Als Angestellte einer internationalen Hotelkette fand die 24-Jährige schnell Arbeit in einem Haus dieses Unternehmens. Erst habe sie dort gelebt, jetzt aber eine eigene Wohnung gefunden, sagte sie. «Mainz hat eine positive Atmosphäre, aber wie lange ich hierbleibe, hängt davon ab, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt.»

Das Beratungsangebot der gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium eingerichteten Willkommenszentren werde gut angenommen, sagte Glockauer. In Trier habe es auch eine Jobmesse mit 150 Teilnehmerinnen aus der Ukraine gegeben. Sinnvoll seien auch Praktika für Jugendliche mit der Option für eine Einstiegsqualifizierung. Unabhängig von individuellen Entscheidungen müssten jetzt Strukturen geschaffen werden, damit dauerhafte Integration gelingen könne.

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