Trierer Politologe Jun: Neue Saar-Regierung packt zentrale Themen an

Nach einem historischen Machtwechsel im Saarland hat die SPD seit knapp einem Jahr das Sagen. Die gebildete Alleinregierung habe sich bisher gut behauptet, sagt Politikwissenschaftler Jun.

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Der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun steht in seinem Büro an der Universität Trier. Foto: Harald Tittel/dpa/Archivbild

TRIER/SAARBRÜCKEN. Das erste Jahr nach dem Machtwechsel im Saarland ist für die neue SPD-Alleinregierung nach Expertenansicht gut gelaufen. «Man sieht, dass sie die zentralen Themen anpackt, die auch im Wahlkampf eine Rolle gespielt haben», sagte der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun der Deutschen Presse-Agentur. Dazu gehöre vor allem der wirtschaftliche Strukturwandel an der Saar. «Es ist erkennbar, dass die Landesregierung kämpft um Arbeitsplätze und die Transformation.» Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) zeige «ein hohes Aktivitätsniveau» und habe bereits Erfolge erzielt.

Bei der Landtagswahl Ende März 2022 hatte die SPD mit 43,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit geholt. Erstmals nach 23 Jahren führt sie wieder die Regierung an der Saar, Rehlinger ist seit dem 25. April 2022 im Amt. Im saarländischen Landtag stellt die SPD 29 von 51 Abgeordneten. Die CDU hat 19 Sitze, die AfD 3.

Rehlinger habe sich die Transformation vom Verbrennermotor zur Elektromobilität «auf die Fahnen geschrieben», sagte Jun. Die Ankündigung des US-Chipherstellers Wolfspeed Anfang Februar, im saarländischen Ensdorf die weltweit größte Fabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid zu bauen, sei da als Erfolg zu verbuchen. Mit den Chips können Elektroautos schneller laden und weiter fahren.

«Rehlinger hat deutlich gemacht, dass sie um Zukunftsindustrien im Saarland kämpft», sagte der Professor an der Universität Trier. Unter anderem auch für den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie habe die Landesregierung mit drei Milliarden Euro neuer Schulden einen Transformationsfonds für Investitionen aufgelegt, um sich als Land auch an den aus Berlin und Brüssel erhofften Finanzhilfen mit einem Eigenanteil beteiligen zu können.

Wie das Land die Finanzsituation in den nächsten Jahren bewältigen werde: «Das bleibt noch ein bisschen im Unklaren», sagte Jun. Das sei auch ein Thema, bei dem die Opposition bereits Bedenken geäußert habe. Die Tilgung des Fonds soll sich über 40 Jahre strecken.

Vorteil der Alleinregierung sei, dass sie schneller Entscheidungen treffen könne. «Das macht es natürlich leichter», sagte er. Wichtig sei, dass die Partei geschlossen hinter der Regierungschefin und der Regierung stehe. «Und man hat den Eindruck, dass das so ist. Man hört nichts von Zwistigkeiten, Kontroversen innerhalb der SPD.»

Seit dem Regierungswechsel sei die Zusammenarbeit zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz enger geworden. «Was natürlich daran liegt, dass wir zwei sozialdemokratische Ministerpräsidentinnen haben, die sich schon seit langer Zeit kennen», sagte Jun. Die Kooperation über Ländergrenzen sei sinnvoll: «Den das Saarland ist finanzschwächer und kann gemeinsam mit Rheinland-Pfalz mehr erreichen als ganz allein.»

Die Saar-CDU als Oppositionspartei versuche sich nach wie vor in ihrer neuen Rolle zurechtzufinden, sagte Jun. Dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Stephan Toscani gelinge es «gelegentlich, Gegenpositionen zur Regierung zu entwickelt. Aber er ist noch dabei».

Dass der frühere Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der als Abgeordneter im Landtag sitzt, kaum mehr in Erscheinung trete, findet Jun «fair»: «Er hat die Verantwortung für die Wahlniederlage übernommen und ist in die zweite Reihe zurückgetreten.»

Die anderen Parteien im Saarland nehme man wenig war. «Die FDP taucht in der Landespolitik gar nicht auf.» Die Linke sei «nach wie vor durchgeschüttelt und durchgerüttelt»: Ihr fehle «die Person Oskar Lafontaine». Und die Grünen seien wieder mit internen Problemen beschäftigt gewesen, die AfD sei manchmal im Landtag hörbar. (Quelle: dpa)

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