TRIER. Wie die Stadtverwaltung Trier Mitteilt, stellt eine neue, englischsprachige Publikation das kostbare Evangeliar von St. Maria ad Martyres vor, das sich in der Trierer Stadtbibliothek befindet. Das Evangeliar gehört zum kulturellen Erbe des Mittelalters. Die kunstvoll verzierte Handschrift stand lange im Schatten des etwa gleichzeitig entstandenen Ada-Evangeliars und der Trierer Apokalypse. Alle drei Handschriften sind in der Zeit kurz nach 800 entstanden. Sie bilden Glanzpunkte der Trierer Schatzkammer. Benannt ist das Evangeliar von St. Marien nach der gleichnamigen Trierer Benediktinerabtei am Ufer der Mosel. Im Zuge der Säkularisation gelangte es in die Trierer Stadtbibliothek.
Der Neuerscheinung trägt den Titel „The Gospels of Sta. Maria ad Martyres“, stammt von Isabelle Lachat, ist im Paulinus-Verlag erschienen und kostet €6,90. Lachat hat ihre kunsthistorische Dissertation an der Universität von Delaware (Ohio) über das Evangeliar von St. Marien geschrieben. Die Neuerscheinung fasst die wichtigsten Ergebnisse der Dissertation, die online verfügbar ist, kompakt und aktuell zusammen.
Ein Vermerk zu Beginn des Evangeliars teilt mit, dass der prachtvolle Kodex ein Geschenk an Kaiser Karl den Großen war. Alkuin, der Leiter der Hofschule, gab ihn in Auftrag und ließ ihn durch seinen Schüler Fridugis überreichen. Umstritten war bislang die Frage, ob der Herrscher die Handschrift noch selbst erhalten hat oder ob sie erst nach seinem Tod (814) fertiggestellt wurde. Die neue Publikation weist nach, dass Karl der Große das Evangeliar persönlich in Empfang genommen hat, vermutlich als ein Geschenk zu Weihnachten. Wie dieses Prunkstück der Kunst des Mittelalters seinen Weg nach Trier gefunden hat, ist nicht bekannt.
Die kunsthistorische Bedeutung des Evangeliars liegt vor allem in ihren großformatigen Evangelistenporträts. Sie stehen unter dem Einfluss der iroschottischen Buchkunst, wie sie einem im „Book of Kells“ begegnet. Als Entstehungsort der Handschrift vermutet man ein westfränkisches Skriptorium, das sich offen zeigte für die Kunst der britischen Inseln. Zu denken wäre an Tours, Echternach oder Trier-St. Maximin.