Rollstuhlbasketball: Diana Dadzite beendet ihre Karriere

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Diana Dadzite in Aktion: Ball und Spiel hat sie unter Kontrolle.

TRIER. Die Vorfreude auf die erneute Qualifikation und Teilnahme am Final-4-Turnier zur Ermittlung des deutschen Pokalsiegers 2015 im Rollstuhlbasketball war auch bei den GOLDMANN Dolphins Trier groß. Ungetrübt blieb diese Vorfreude nicht, denn das Team fuhr mit dem Wissen nach Norden, dass Diana Dadzite dort ihre Abschiedsvorstellungen geben würde.

Die 28-jährige Lettin hatte ihren Rückzug schon seit Beginn dieser Saison angekündigt, jeder in ihrem Umfeld hatte aber zumindest bis jetzt gehofft, dass sie ihre Gedankenspiele nicht in die Tat umsetzen würde.

Das traurige Ende eines Skandals
Die Gründe für den Entschluss der Spielmacherin sind ebenso unverständlich wie nachvollziehbar – sie basieren auf einem Skandal. Zur Erinnerung: Seit gut zwei Jahren kann sich die Dolphins-Spielmacherin nur noch im Rollstuhl fortbewegen – sowohl im Sport als auch im Alltag. Nachdem die Lettin 2013 vom bisherigen Club Oettinger RSB Team Thüringen an die Mosel gewechselt war, begann der Marathon um die Klassifizierung, der immer mehr zum Hürdenlauf wurde. Da die Sportlerin bis dahin als Nichtbehinderte im Rollstuhlbasketball aktiv war, war es für die Trierer Verantwortlichen ein Muss, ihr in der ihrer neuen Lebenssituation wegen der mittlerweile entstandenen Behinderungen zu helfen und einen Neuantrag auf Klassifizierung und Neueinstufung im RBB zu stellen.

Dieser Antrag hatte im September 2014 eine bis heute gültige Klassifizierung mit der Punktzahl 4,5 zur Folge. Dies bereits nach Protest und Revision nach den ersten Gutachten. Der Vereinsvorsitzende Otmar Passiwan, selbst seit seiner Kindheit Rollstuhlfahrer, ist gnädig in seiner Beurteilung: „Vermutlich erfolgte die Einstufung aufgrund wohl dem Verband nicht ausreichend vorliegender ärztlicher Gutachten über eine genaue Diagnose der Behinderung der Sportlerin.“

Komisch nur: der Internationale Leichtathletikverband hat Dadzite, die für ihr Heimatland 2014 bereits im Kugelstoßen und Speerwurf an der Europameisterschaft teilgenommen hat, sehr wohl anders beurteilt. Nämlich mit einer Punktzahl, die wie Passiwan sen. auf lokalo-Nachfrage mitteilt, „die einer Einstufung zwischen 2,5 und 3,0 im Rollstuhlbasketball entspricht“.

Für Dadzite, die wegen der skandalösen Beurteilung seitens des deutschen Rollstuhlbasketball-Verbandes keine internationale Spielberechtigung bekam und somit am Finalturnier des Euroacups nicht teilnehmen darf, für das sich die Dolphins qualifiziert haben, ist das Maß nun voll. Das Final-4-Turnier in Hamburg bildet gleichzeitig das Ende ihrer Karriere.

Ein Bild mit Symbolkraft: Diana Dadzite am Boden.
Ein Bild mit Symbolkraft: Diana Dadzite am Boden.

Das Funktionärsmotto: Augen zu und durch
Zum besseren Verständnis: Einstufungen der Schadensklasse 4,5 sind üblich bei Aktiven, die wegen einer geringfügigen Behinderung nicht mehr in der Lage sind, als Fußgänger Basketball zu spielen. Die klassische Verletzung, die dafür ausreicht, ist ein Kreuzbandriss. Dadzite ist noch doppelt bestraft, denn auch ihre internationale Spielberechtigung, die ihr trotz der nicht nachvollziehbaren Einstufung zustünde, liegt immer noch auf Eis. Weil der Sport nur bei den Aktiven rasant ist, auf Funktionärsebene aber die Amtsschimmel wiehern. Eine Entscheidung, mag sie auch noch so falsch sein, steht. Augen zu und durch, basta!

Deshalb ist der Ärger von Otmar Passiwan der seit seit mehr als 43 Jahren im Rollstuhlbasketball zu Hause und auch das Mitgefühl mit der Dolphins-Leistungsträgerin verständlich: „Diese Einstufung ist als eine Farce anzusehen, denn weltweit gibt es bisher keinen ähnlich gelagerten Fall. Diana ist die wohl einzige fest auf den Rollstuhl angewiesene Sportlerin, der man nur die höchstmögliche Einstufung mit 4,5 Klassifizierungspunkten zugesteht. Und wer Diana mit ihren vorhandenen Einschränkungen im Spiel erlebt, der muss kein ausgewiesener Fachmann sein, um zu sehen, dass hier nie und nimmer eine Hochpunkte-Spielerin im Rollstuhl sitzt.“

Diese Ungerechtigkeit kann und will die Sportlerin so nicht mehr weiter hinnehmen und sieht für sich, auch nach Wochen und Monaten seit dieser Entscheidungsfindung des Verbandes, die keine weitere Einspruchsmöglichkeit mehr zulässt, jetzt nur den einen Ausweg, um mit sich selbst ins Reine zu kommen, indem sie nach dem Pokal-Wochenende ihren Rollstuhlbasketball aufgibt.
Für Otmar Passiwan eineHiobsbotschaft: „Wir als Verein, das Management unserer BL-Mannschaft und natürlich auch das Team selbst sind über die am Ende der Woche endgültig getroffene Entscheidung ihrer Mitspielerin, die in den letzten beiden Jahren zu den besten Damen in der 1. Bundesliga gehörte, mehr als enttäuscht, können aber aufgrund der momentan vorhandenen Klassifizierung/Einstufung von Diana Dadzite ihre Beweggründe und letztendlich ihre Entscheidung voll mittragen und verstehen.“

Passiwan weiter: „Es stimmt mich mehr als nachdenklich, wenn ich feststellen muss, dass eine Sportlerin das Handtuch wirft, weil sie momentan und auch für die Zukunft keine Chancengleichheit für sich in diesem Sport sieht und so nicht mehr weiter aktiv sein kann und will. Wir verlieren so eine tolle Sportlerin und es wird nicht leicht werden, einen entsprechenden Ersatz für die nächste Saison zu finden. Jedenfalls gilt Diana mein großer Dank für Ihr Engagement und ihre Treue zum Team bis zum Ende dieser Saison, denn Aufhören wollte sie eigentlich schon nach Bekanntwerden dieser unsäglichen und endgültigen Klassifizierungsentscheidung im September letzten Jahres.“

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