Trier: Deutsche Botschafterin in Luxemburg sprach über „Glaube und Diplomatie“

0
Die deutsche Botschafterin in Luxemburg, Dr. Heike Peitsch (Mitte), mit den Organisatoren des Theo-Talks, Katharina Zey-Wortmann und Dr. Samuel Acloque. Foto: Alexander Scheidweiler

TRIER. Im Rahmen der Vortrags- und Diskussionsreihe Theo-Talk der Katholischen Erwachsenenbildung sprach die deutsche Botschafterin in Luxemburg, Dr. Heike Peitsch, über das Thema „Glaube und Diplomatie“. Anhand vieler Beispiele aus der Praxis zeigte sie auf, dass es immer wieder Berührungspunkte gibt, auch wenn das Auswärtige Amt „kein religiöses Haus“ ist. Die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer gewannen eine große Bandbreite an Einblicken.

Von Alexander Scheidweiler

Der Veranstaltungsraum im Bowlingcenter Trier-Heiligkreuz war am gestrigen Mittwochabend bis auf den letzten Platz gefüllt. Zahlreiche Interessierte waren erschienen, um den Vortrag der deutschen Botschafterin in Luxemburg, Dr. Heike Peitsch, zu hören und mit der erfahrenen Diplomatin ins Gespräch zu kommen. Peitsch, die seit 2023 deutsche Botschafterin im Großherzogtum ist, sprach im Rahmen der Vortrags- und Diskussionsreihe Theo-Talk der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Trier zum Thema „Glaube und Diplomatie – Vermittelndes oder Trennendes?“.

Katharina Zey-Wortmann, Leiterin der Trierer KEB-Fachstelle und gemeinsam mit Dr. Samuel Acloque, Bildungskoordinator der KEB Konz, Co-Organisatorin des Theo-Talks, begrüßte die Teilnehmer sowie die Botschafterin und ließ die Stationen von Peitschs Diplomatinnen-Karriere Revue passieren: Ständige Vertreterin an der Botschaft in Bujumbura in Burundi, Leiterin der Wirtschaftsabteilung an der Botschaft in Tel Aviv, Botschafterin in Eriwan, Leiterin der Wirtschaftsabteilung an der Botschaft in Moskau, Generalkonsulin in St. Petersburg, Botschafterin in Tiflis, dazwischen immer wieder auch am Auswärtigen Amt in Bonn oder Berlin. Abgesehen von Luxemburg „waren das alles Hotspots“, fasste Zey-Wortmann die Liste der vormaligen Wirkungsstätten der Referentin zusammen.

„Luxemburg ist jetzt mein erster Nicht-Krisen-Posten“, bestätigte Peitsch diese Einschätzung. Zu ihrem persönlichen Verhältnis zur Religion sagte die Botschafterin, dass sie in Köln geboren und aufgewachsen sei. Dementsprechend habe sie „eine lupenreine katholische Erziehung“ erfahren, mit Besuch einer katholischen Grundschule sowie der Ursulinenschule. „Gut katholisch, nicht streng katholisch“ sei ihr Elternhaus gewesen – „rheinisch-katholisch – sie wissen alle, was damit gemeint ist“, so Peitsch.

Auf allen ihren Botschafts-Posten habe sie immer wieder auch mit Religion zu tun gehabt, und zwar immer wieder mit anderen. So ist in Burundi der Katholizismus die Religion der Mehrheit. In Tel Aviv habe man es mit vielen Religionen zu tun, das Judentum ist die Staatsreligion, „aber natürlich sind v.a. in Jerusalem auch die christlichen Konfessionen stark vertreten“. Danach habe in ihrer Karriere sozusagen eine „orthodoxe Phase“ begonnen mit den Stationen in Armenien, Russland und Georgien, bevor sie jetzt in Luxemburg wieder einen Botschafterposten in einem mehrheitlich katholischen Land bekleidet. Letzteres erlebte noch im vergangenen Jahr den Besuch von Papst Franziskus und vollzog erst im Jahr 2018 endgültig die Trennung von Staat und Kirche. Dennoch sei auch die Bevölkerung des Großherzogtums nicht mehr so stark religiös geprägt wie in der Vergangenheit, meinte Peitsch.

Verbindungen von Glaube und Diplomatie

Peitsch wies darauf hin, dass das Auswärtige Amt „kein religiöses Haus“ ist und als staatliche Institution nicht unmittelbar mit Religion zu tun hat. Gleichwohl gebe es Verbindungen, wofür die Botschafterin drei Beispiele nannte:

So war anlässlich des Berliner Regierungswechsels am Dienstag vergangener Woche im Auswärtigen Amt als Novum vorgesehen, vor der Amtsübergabe an den neuen Außenminister Johann Wadephul eine ökumenische Andacht durchzuführen. Die Andacht sollte von Prälat Karl Jüsten, dem Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz bei der Bundesregierung, und seinem evangelischen Pendant, Prälatin Anne Gideon, geleitet werden. Da für die Wahl des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz allerdings ein zweiter Wahlgang nötig wurde, verschoben sich die Termine, so dass die Andacht entfallen musste.

Der Veranstaltungsraum im Bowlingcenter Trier-Heiligkreuz war voll besetzt. Foto: Alexander Scheidweiler

Schon traditionell ist hingegen der sog. „Entsende-Gottesdienst“ im Juni. Dieser begann als Angebot an diejenigen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, die im Sommer ins Ausland gegen. Der Entsende-Gottesdienst wird ebenfalls als ökumenischer Gottesdienst unter der Leitung von Prälat Jüsten und Prälatin Gideon in der Französischen Friedrichstadtkirche – vulgo „Französischer Dom“ – durchgeführt. Sie selbst habe daran teilgenommen, als sie vor zwei Jahren zur Versetzung anstand. Mittlerweile ist der Gottesdienst auch nicht allein der diplomatischen Community vorbehalten: „Es ist eigentlich jeder eingeladen, der Interesse hat“, sagte Peitsch. Der Gottesdienst sei eine schöne Geste, meinte die Botschafterin, weil die Diplomaten auf diese Weise „eine Art Reisesegen“ mitbekommen.

Zum Dritten verwies sie auf ein Interview von P. Nikodemus Schnabel, dem Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei, mit dem Domradio aus dem Jahre 2019. Der Benediktiner wurde von seinem Orden für ein Jahr freigestellt, um als Berater für Religion und Außenpolitik im Auswärtigen Amt zu fungieren. In dieser Rolle organisierte er u.a. ein Expertengespräch zwischen Diplomaten, Religionsvertretern und Wissenschaftlern. Dabei sei es darum gegangen zu sehen, „dass es in dieser Welt Player gibt, die nicht vorrangig geopolitisch, wirtschaftspolitisch oder verteidigungspolitisch denken“.

Kirchen als Teil der Zivilgesellschaft

Diese drei Beispiele zeigten, so die Botschafterin, dass es, unbeschadet des nicht-religiösen Charakters des Auswärtigen Amtes, Verknüpfungen von Religion und Diplomatie gebe. Für die diplomatische Praxis lasse sich sagen, dass die Kirchen aus der Sicht des Auswärtigen Amtes Teil der Zivilgesellschaft sind. So arbeite man etwa in der Entwicklungszusammenarbeit oder in der Kulturpolitik mit kirchlichen Organisationen zusammen.

Im Ausland gibt es an den Vertretungen entsandte Pfarrerinnen und Pfarrer. So ist das katholische Auslandssekretariat an rund 60 Orten vertreten, hinzu kommen ca. 30 deutschsprachige Gemeinden, nicht immer in den jeweiligen Hauptstädten, sondern häufig an Urlaubszielen, an denen es viele deutsche Touristen gibt. Die EKD ist sogar mit etwa 120 Pfarrerinnen und Pfarrern im Ausland vertreten.

Aus ihrer Moskauer Zeit konnte Peitsch berichten, dass sowohl der katholische Pfarrer wie auch das evangelische Pfarrers-Ehepaar an der Botschaft sozusagen „angedockt“ waren und über Dienstpässe verfügten, ähnlich wie Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und der Goethe-Institute. Das Amt werde über die Entsendung der Pfarrer unterrichtet, habe aber kein Mitspracherecht.

In Bujumbura habe es keinen entsandten Pfarrer gegeben, wohl aber Ordensleute, namentlich Weiße Väter und Schönstätt-Schwestern. Da die Ordensleute viel im Land unterwegs waren, stellte der Kontakt mit ihnen für die Diplomaten eine wichtige Informationsquelle da. „Da ist jede Botschaft gut beraten, engen Kontakt zu halten und sich auszutauschen“, führte Peitsch aus. Da das Botschaftspersonal primär in der jeweiligen Hauptstadt präsent ist und vorrangig mit den Eliten des betreffenden Landes im Kontakt ist, können die Ordensleute zusätzlich andere Perspektiven auf das betreffende Land einbringen. „Wir gehen natürlich auch in die Gesellschaft rein“, so die Botschafterin. Allein gerade in afrikanischen Ländern sei häufig die Sprachbarriere besonders hoch, da die einfache Bevölkerung ihre indigenen Sprachen spreche, die Diplomaten sich also nicht auf Englisch oder Französisch mit ihnen verständigen können. Die oft als Missionare tätigen Ordensleute hingegen sprächen i.d.R. die Sprache der Einheimischen und erhielten dadurch Informationen, die für die Diplomaten nicht ohne weiteres zu bekommen seien. Der Kontakt mit den Ordensleuten ermögliche es daher, ggf. das Bild zu korrigieren, das die Führung des jeweiligen Landes gegenüber ausländischen Diplomaten zu zeichnen versuche.

Eine wichtige Rolle spielten auch die Nuntiaturen, so Peitsch, da auch sie nicht nur als diplomatische Vertreter des Heiligen Stuhles gegenüber der Regierung des jeweiligen Landes fungieren, sondern auch stets über gute Kontakte in die kirchlichen Kreise vor Ort verfügen. So trage auch der Kontakt mit den Nuntiaturen dazu bei, „einen 360-Grad-Blick“ zu bekommen.

Gesprächspartner mit Schweigepflicht

Zudem seinen die kirchlichen Vertreter, besonders dort, wo es deutsche Gemeinden gibt, wichtige Ansprechpartner bei Notfällen, z.B. wenn ein Seelsorger gebraucht werde. „Da sind die deutschen Pfarrer unter den ersten, die Sie dann kontaktieren“, so Peitsch.

Schließlich sei es auch für Botschafter bisweilen hilfreich, auf einen Gesprächspartner zurückgreifen zu können, der auch der Schweigepflicht unterliegt. Sollte es zu Konflikten zwischen einem entsandten Pfarrer und seiner Gemeinde kommen, was natürlich auch gelegentlich der Fall seien könne, sei die Botschaft allerdings nicht zuständig.

Blumen und Wein für die Vortragende. Foto: Alexander Scheidweiler

Auch bei Besuchsprogrammen von Delegationen habe sie immer wieder Kirchenbauten mit berücksichtigt, sagte Peitsch, so z.B. in ihrer Zeit in St. Petersburg, wo die Delegationen häufig Führungen durch die evangelische Sankt-Petri-Kirche erhielten, die in der Stalin-Zeit zu einem Schwimmbad umfunktioniert worden war. Insbesondere in Jerusalem bestand bei den Delegationen ohnedies großes Interesse daran, mit den Kirchenvertretern in Kontakt zu kommen, da diese das Land sehr gut kennen.

An Peitschs Vortrag schloss sich eine Fragerunde an, in der das Publikum sich bei der Botschafterin u.a. nach der Möglichkeit der Kirchen in verschiedenen Ländern, sich politisch zu äußern, dem Personenschutz für Botschafter oder der ständigen Erreichbarkeit erkundigten.

Zum Abschluss bedankte Zey-Wortmann sich bei Peitsch für die große Bandbreite der Einblicke, die die Anwesenden durch ihren Vortrag gewonnen hatten: „Das war wirklich eine Sternstunde für uns.“ Sie überreichte der Botschafterin einen Blumenstrauß und ein Weinpräsent, bevor man mit einem gemeinsamen Abendessen die Veranstaltung ausklingen ließ.

Vorheriger ArtikelTrier: „Marx’n’Wine“ bringt Musik, Weingenuss und Gesellschaft in den Brunnenhof
Nächster ArtikelSchätzung: Steuereinnahmen in Rheinland-Pfalz niedriger als erwartet

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Die Redaktion behält sich vor, Lesermeinungen zu kürzen. Es besteht kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihrer zugesandten Meinungen. Klarname ist nicht erforderlich. Eine E-Mail-Adresse muss angegeben werden, wird aber nicht veröffentlicht.