KRÖV. Nach dem Schock kommt in Kröv die Fassungslosigkeit. Darüber, wie ein Hotel mitten im Ort einstürzen konnte. «Nach der Tragödie stellt sich in dem Ort natürlich die Frage: Wie konnte es dazu kommen?», sagte Ortsbürgermeisterin Desire Beth (CDU) am Donnerstag.
Bei dem Unglück am späten Dienstagabend waren neun Menschen verschüttet worden: Ein Mann und eine Frau starben, sieben Menschen wurden verletzt. Am späten Mittwochabend war eine Frau als letztes lebende Opfer aus den Trümmern gerettet worden.
Am Donnerstag begann die Ursachenforschung: Ein Gutachter machte sich vor Ort ein Bild der Lage. Er untersuchte das Gelände um das Gebäude, das in sich eingesackt war – und bei dem eine Etage komplett eingebrochen war. Zudem betrat er einen Teil des Hotels.
Danach die Nachricht: Das Gebäude ist immer noch stark einsturzgefährdet. Bevor der letzte Tote unter den Trümmern geborgen werden kann, soll am Freitag mit dem Abriss begonnen werden, wie eine Polizeisprecherin sagte. Eine Spezialfirma werde dazu extra Geräte heranschaffen. Bei den Arbeiten soll dann ein 150 Meter Radius um das Hotel gezogen werden – auch aus Angst vor einer möglichen Asbestbelastung.
Stundenlang unter Beton und Staub
Den geretteten Verletzten, die über Stunden unter den Trümmern ausharren mussten, gehe es ebenso wie den anderen Verletzten körperlich relativ gut, sagte Polizeisprecherin Romy Berger. Es gebe Brüche und Schürfwunden. Das größere Problem werde aber sicherlich die psychische Belastung sein. Zu den Verletzten gehören auch eine kleine Familie aus dem niederländischen Urk am Ijsselmeer – mit einem zweijährigen Kind.
Was die verschütteten Menschen in den langen Stunden bis zu ihrer Rettung durchstehen mussten, lässt sich beim Anblick des Hauses von außen nur erahnen. Die zuletzt gerettete Überlebende harrte fast 24 Stunden unter den Trümmern aus – und das laut eines Sprechers in einer nach vorn gebückten Haltung und mit Betonplatten auf dem Rücken. Sie bekam von den Rettern Getränke und Essen in Breiform und wohl auch ein Kissen, um ihren Kopf abzustützen.
Am Ende des Rettungseinsatzes wurde sie unter lautem Applaus der Helferinnen und Helfer aus dem Gebäude getragen. «Sie ist erstaunlich stabil und wollte eigentlich selber rausgehen», sagte der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich, Jörg Teusch, am Abend. «Das haben wir ihr verwehrt und haben sie rausgetragen.»
Eine der verschütteten Frauen betete viel, wie sie erzählte. «Wir wussten, dass uns geholfen wird», sagte Erika Sorm aus Baden-Württemberg. Sie und andere Opfer seien die ganze Zeit über zuversichtlich gewesen. Der Glaube habe ihnen geholfen, sagte sie.
Nach ihrer Befreiung habe sie zuerst an ihren Hund gedacht, der zuvor gerettet worden sei. Er war an anderer Stelle verschüttet und hatte sich versucht, zu ihr durchzugraben. Ihm ging es gut – auch sie sei nahezu unversehrt geblieben, sagte sie. Sorm war mit zwei Freundinnen für ein paar Tage Urlaub an die Mosel gereist.
Ein Toter noch im Hotel
Eine Leiche liegt hingegen immer noch im Haus. Die Polizei geht davon aus, dass es sich um den Hotelbesitzer handelt. Um ihn möglichst gefahrlos zu bergen, müssten Betonteile abgetragen werden. Die Leiche liege im am meisten einsturzgefährdeten Bereich, sagte sie.
«Es wird wohl nach aktuellem Stand so sein, dass wir zunächst die Giebelseite herabbrechen, weil das das größte Einsturzpotenzial birgt», erklärte die Polizeisprecherin. «Und dann wird man sich Stück für Stück vorarbeiten.» Bis zum Beginn der Bergung rechne die Polizei mit ein bis zwei Tagen. Die Frau des Hotelbesitzers hatte sich bei dem Einsturz noch rechtzeitig nach draußen retten können.
Zu den möglichen Ursachen für den Einsturz mit zwei Toten gab es keine Angaben. Vor Ort verwies man auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Trier.
Menschen in Kröv nach Unglück fassungslos und schockiert
Der erste Beigeordnete der Gemeinde Kröv, Martin Rolf, sagte, die Kröver könnten noch gar nicht richtig fassen, was passiert sei. «Es ist so schlimm», sagte ein Einwohner des Moselorts mit rund 2300 Einwohnern. Ein für das Wochenende geplantes Straßenfest in der Nähe der Unglücksstelle wurde abgesagt.
Das geschichtsträchtige Hotel mit der Gaststätte, dessen Ursprung auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, habe eine große Bedeutung für den Ort. Eine Stelle an dem Hotelkomplex – das Vorderhaus ist ein Kulturdenkmal – habe von Experten überprüft werden müssen, berichtete Rolf. «Da war ein Riss. Das wurde überprüft. Das war unter Beobachtung.» Ob es einen Zusammenhang zu dem Einsturz gebe, könne er nicht sagen.
Hotel unter Beobachtung und zum Verkauf
Das Hotel stand mit Gaststätte für knapp rund 600.000 Euro zum Verkauf. Ein Freund der Familie erzählte, das Hotelbesitzer-Paar habe die Urlaubsgäste warnen wollen, weil die Knackgeräusche im Haus wohl lauter wurden.
Die Staatsanwaltschaft Trier hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt Peter Fritzen bestätigte, dass vor dem Einsturz des Gebäudes eine Rissbildung aufgefallen war und Fachleute eingeschaltet und Baumaßnahmen durchgeführt wurden, Einzelheiten seien noch nicht geklärt.
Das Haus sei nach wie vor einsturzgefährdet, sagte die Polizeisprecherin. Nach wie vor scheint Bewegung in dem Gebäude zu sein: «Es hat heute Nacht immer wieder geknirscht und geknackst», sagte ein Anwohner.