Trier: Gebärdensprachliche Seelsorge mit Pfarrer Ralf Schmitz feiert 25 Jahre

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Pfarrer Ralf Schmitz, „Gehörlosenpfarrer“ im Bistum Trier. Foto: Simone Bastreri/Bistum Trier

TRIER/KOBLENZ/SAARBRÜCKEN. Gemeinsam Glauben und Gemeinschaft feiern in einer Sprache, die man sieht und nicht hört: Das bietet die gebärdensprachliche Seelsorge im Bistum Trier, die seit 25 Jahren von Pfarrer Ralf Schmitz geleitet wird. Das kleine Jubiläum feiert die Katholische Gehörlosengemeinde (KGG) mit einem Festtag am 2. Oktober in der Trierer Herz-Jesu-Kirche, wie das Bistum mitteilt.

Wusste Schmitz bei seiner Beauftragung als „Gehörlosenpfarrer“ zunächst noch kaum etwas über gehörlose Menschen, kann er inzwischen auf ein Vierteljahrhundert mit „seiner“ im ganzen Bistum verteilten Gemeinde zurückblicken – auf Taufen, Kommunionen, Firmungen und Beerdigungen, auf Krankenbesuche, Geburtstage, inklusive Gottesdienste, auf Reisen mit Gemeindemitgliedern, aber auch auf den Kampf um mehr Ankerkennung der Bedürfnisse Gehörloser in Politik und Kirche. In der KGG, wie sich die Gehörlosengemeinde selbst abkürzt, wurden in diesem Zeitraum 93 Kinder und Erwachsene getauft, 131 Kinder zur Erstkommunion und 92 Jugendliche zur Firmung geführt, heirateten 24 Paare und wurden 145 Mitglieder beerdigt. Es sei für ihn eine Zeit gewesen, in der er unheimlich viel gelernt habe, sagt Schmitz heute.

Gebärdensprache früher gesellschaftlich noch nicht anerkannt

Schon als Jugendpfarrer in Neuwied kam er in Kontakt mit Gehörlosen und ihrer Form der Kommunikation, der Gebärdensprache, die aber damals gesellschaftlich noch nicht anerkannt und im Bildungssystem lange verpönt war, erinnert sich Schmitz. An vielen Gehörlosenschulen herrschte bis weit in die 2000er Jahre das Denken, den Schülern unbedingt Sprechen beibringen zu wollen und die Gebärdensprache nur als Ersatz- oder Hilfsmittel zu nutzen. „Dabei ist sie ein komplexes Sprach-System, zu dem Mimik und Gestik genauso gehören wie die Handzeichen. Da sie bis 2002 nicht offiziell anerkannt und auch nicht gelehrt wurde, gibt es heute unzählige Dialekte aus den unterschiedlichen Regionen. Sie ist quasi im Verborgenen bei Gehörlosen im Kindergarten oder der Schulzeit entstanden – oft ohne überregionalen Austausch mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen“, erläutert Schmitz. Die Erzählungen älterer Gemeindemitglieder schildern unzählige Beispiele für Herablassung und Ignoranz gegenüber einer vollwertigen Sprache.

„Man sollte hier nicht die Beeinträchtigung in den Vordergrund stellen, sondern vielmehr die Kompetenz unterstreichen – das Talent, das die Leute für das Gebärden haben“, sagt Schmitz. Zu Anfang habe er sich gefühlt, wie es der alte Pfadfinderspruch sagte: „Unterwegs in ein noch unbekanntes Gebiet.“ Während eines Jahres bei einer Einrichtung für beeinträchtigte Menschen in Toronto lernte er den Gehörlosenpfarrer aus Chicago kennen, mit dem ihn noch heute eine Freundschaft verbindet. „Von ihm habe ich viel gelernt. In Amerika waren sie einfach vor 20 Jahren schon viel weiter als hier. Weil sie verschiedene Kommunikationswege gleichwertig nebeneinander stehen ließen und keinen herabqualifiziert haben. Da gab es damals auch schon gehörlose Professoren an den Unis“, sagt Schmitz.

Gründung einer eigenen Personalpfarrei

Während es zwar schon lange katholische Gehörlosenvereine im Bistum gab, war die Gründung einer eigenen Personalpfarrei durch Bischof Hermann Josef Spital im Jahr 2000 noch einmal ein bedeutender Schritt. „Seither nehmen gehörlose Gläubige ihre Geschicke selbst in die Hand, bestimmen über ihre eigenen kirchlichen Angelegenheiten“, sagt Schmitz. Von 2003 an existierte ein eigenes Pfarrhaus im Trierer Süden; seit 2016 hat die KGG mit Rebecca Mathes eine eigene taube Sekretärin und seit 2021 mit Daniel Beinhoff einen Mitarbeiter in der Gehörlosenseelsorge. Gemeindereisen führten die KGG-Mitglieder unter anderem nach Kanada, in die USA, nach Bolivien, Kroatien und Griechenland oder Luxemburg, wo auch Kontakte mit anderen Gehörlosen geknüpft wurden. Ob Gottesdienst-Werkstätten, Glaubensschulen, die Arbeit in den Gremien und Räten wie in anderen Gemeinden auch – „es war ein gemeinsames Unterwegssein. Die Arbeit hier hat mein Leben verändert“ resümiert Schmitz.

Jubiläumsfest am 2. Oktober

Beim Jubiläumsfest am 2. Oktober soll die Gebärdensprache in all ihrer Schönheit, mit ihrer Kraft und Kultur im Mittelpunkt stehen, erklärt der Pfarrer. Deshalb werde das Fest mit Theaterkünstler JOMI, einem Chorkonzert und zwei „Rundgesprächen“ komplett in Gebärdensprache stattfinden, anders als viele inklusive Angebote, die sonst in der Herz-Jesu-Kirche erlebbar sind. Natürlich seien aber auch hörende Menschen eingeladen, die Gebärdensprache sprechen oder sich dafür interessieren. „Es ist gleichzeitig der Eintritt in eine andere, visuelle Kultur“.

Mehr Informationen gibt es auf: www.kgg-trier.de.

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