Illegale Internet-Plattform: Haftstrafe für Administrator

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BAD KREUZNACH. «Fraudsters» war jahrelang ein zentraler Marktplatz für illegale Waren im Darknet. Nun wurde ein Kopf der Plattform verurteilt. Das Verfahren in Bad Kreuznach warf etwas Licht auf die düsteren Geschäfte in den Weiten des Internets.

Rund ein Jahr nach dem Ende der Plattform «Fraudsters» ist ein Administrator dieses Internet-Marktplatzes für illegale Waren verurteilt worden. Das Landgericht Bad Kreuznach verhängte am Montag eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten gegen den 34-Jährigen.

Es befand den im Sommer 2019 im schleswig-holsteinischen Pinneberg festgenommenen Mann der Bildung einer kriminellen Vereinigung und der Beihilfe zu auf der Plattform begangenen Hunderten Straftaten für schuldig, etwa Geldfälschung, -wäsche, Datenhehlerei und unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln.

Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre für den geständigen Angeklagten gefordert, die Verteidigung hatte sich für eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren ausgesprochen. Das Gericht ordnete zudem an, dass der drogenabhängige 34-Jährige in eine Entziehungsanstalt muss. Außerdem werden 8250 Euro aus seinem Vermögen eingezogen.

«Fraudsters» – englisch für Betrug – war zwischen dem Frühjahr 2016 und dem Frühjahr 2019 eine bedeutende Darknet-Plattform. Es gab dort in einem Forum nach Ermittlererkenntnissen einen regen Austausch über Straftaten im Netz, auch sollen hier illegale Waren wie Drogen, ausgespähte Daten oder gefälschte Ausweise gehandelt worden sein. Der Großteil der für die Plattform Verantwortlichen ist nach wie vor nicht bekannt. Der nun verurteilte 34-Jährige soll kurz nach der Gründung der Plattform im März 2016 zu dem Kreis dazugestoßen sein und war als Administrator dafür verantwortlich, dass in dem Forum die Regeln eingehalten werden. Der Vorsitzende Richter Folkmar Broszukat betonte, der Angeklagte habe einen «maßgeblichen Beitrag» geleistet.

Auf «Fraudsters» war unter anderem der Drogen-Onlineshop «Chemical Revolution» aktiv. Im Zusammenhang mit diesem Shop hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zuletzt beim Landgericht Gießen Anklage gegen elf Beschuldigte aus ganz Europa erhoben – wegen bandenmäßigen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Es geht um den mutmaßlich bandenmäßigen Handel unter anderem mit Kokain, Heroin, Amphetaminen und Cannabis. In knapp anderthalb Jahren soll sich der Verdienst allein dieses Drogenhändlerrings auf mehr als eine Million Euro belaufen haben.

Mit Blick auf den in Bad Kreuznach verurteilten 34-Jährigen sagte Richter Broszukat, er habe lange im Leben nicht recht Fuß fassen können, habe Drogen konsumiert und sei ein «Gamer» gewesen, habe Stunden mit Computerspielen verbracht. Dann habe er das Angebot bekommen, Administrator bei «Fraudsters» zu werden. Er habe sich geehrt gefühlt und sei plötzlich inmitten einer kriminellen Vereinigung gewesen, «die ein relativ großes Rad gedreht hat».

Die Staatsanwaltschaft sprach von 1570 Fällen von Straftaten, die nachweislich über das «Fraudsters»-Forum zwischen März 2016 und April 2019 gelaufen seien. Dann ging die Plattform vermutlich nach einer technischen Attacke eines Konkurrenten offline. Diese 1570 Fälle seien vermutlich nur «die Spitze des Eisbergs». Auf die Zahl war die Anklage unter anderem nach Auswertung von Käuferbewertungen gekommen. Weitere 108 Fälle hätten Ermittlungen in Parallelverfahren zu Tage gefördert.

Dass die Strafe nicht noch höher ausfiel, begründete Richter Broszukat damit, dass der 34-Jährige keine besonders kriminelle Vorgeschichte habe und nach «dem ersten Mal» durchaus noch eine Chance gewährt werden solle. Sein umfassendes Geständnis habe eine aufwendige Beweisaufnahme erspart.

Dass der Mann in Bad Kreuznach vor Gericht stand, lag daran, dass über «Fraudsters» gehandelte Waren auch an Packstationen in der Stadt geliefert worden waren. Dass zeige die Entgrenztheit des Internets, sagte Broszukat. Der Schlag von Ermittlern gegen «Fraudsters» und dort aktive Shops sei ein schöner Erfolg, doch das Darknet werde weitere Foren und Taten hervorbringen. «Die Möglichkeiten, die das Internet bietet, sind nahezu unendlich.»

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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