MAINZ. Vom 23. bis 24. Oktober tagte die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder (MPK) in Mainz. Unter rheinland-pfälzischem Vorsitz wurden die großen Schwerpunkte Wirtschaft stärken, Sicherheit ausbauen, Staat modernisieren und Kosten gerechter verteilen beraten.
„Die Ministerpräsidenten haben parteiübergreifend gezeigt, dass wir Möglichmacher sind, die auch in schwierigen Fragen tragfähige Kompromisse erarbeiten, um Probleme zu lösen“, so Ministerpräsident Alexander Schweitzer zum Abschluss der Auftaktkonferenz des Vorsitzjahres der Ministerpräsidentenkonferenz.
Wirtschaft stärken
Die Ministerpräsidenten haben bereits im sogenannten Kaminformat zum Auftakt der Jahressitzung über das Thema „Industriestandort sichern“ beraten. Dazu waren der Vorstandsvorsitzende der BASF SE und Vizepräsident des Verbands der Chemischen Industrie e.V. (VCI), Dr. Markus Kamieth, sowie Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Gewerkschaft IGBCE, als Gäste eingeladen. Der Grund: Die Chemische Industrie spielt als Grundstofflieferant für viele andere Industriezweige eine Schlüsselrolle für die gesamtdeutsche Industrie.
Im Beschluss „Außenhandelsbeziehungen mit Zukunft“ fordern die Ministerpräsidenten, dass Handelsabkommen forciert werden. Die US-Zölle von 50 Prozent für Stahl- und Aluminiumerzeugnisse belasten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie stark und setzen den exportorientierten Maschinenbau erheblich unter Druck. Das betrifft auch die Automobil- und Zulieferindustrie. „Wir wollen die guten Beziehungen zu unseren internationalen Wertepartnern wie Japan oder Kanada intensivieren sowie die Beziehung der EU mit den USA immer wieder erneuern und vertiefen“, so Schweitzer. „Wir setzen uns für eine Fortentwicklung einer offenen, regelbasierten und strategisch ausgerichteten Handelspolitik ein und fordern die Europäische Kommission auf, gegen unlautere Handelspraktiken entschlossen vorzugehen.“ Kritische Abhängigkeiten von einigen Lieferländern sollen überprüft und Bezugsquellen breiter aufgestellt werden, um Handelsketten krisenfester zu machen. Die Regierungschefs der Länder appellierten an die Bundesregierung und an die Europäische Kommission, im Rahmen des künftigen Verhandlungsprozesses als Verhandlungspartner auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf eine spürbare Senkung der derzeit vereinbarten 15-prozentigen Zollobergrenze auf europäische Waren hinzuarbeiten. An der Schnittstelle zwischen der Stärkung der Wirtschaft und der Gewährleistung unserer Sicherheit haben die Ministerpräsidenten die Erwartung, dass die Bundesregierung Investitionen bei europäischen und internationalen Rüstungsprojekten für die Bundeswehr vorrangig in Deutschland tätigt.
Sicherheit ausbauen
„Nach der ‚Zeitenwende‘ in der Bundeswehr brauchen wir auch eine ‚Zeitenwende‘ in der Zivilen Verteidigung. Nach dem Ende des kalten Krieges haben wir viele Jahrzehnte von einer Friedensdividende profitiert und konnten auch Maßnahmen zur Zivilen Verteidigung zurückfahren oder ganz abbauen. Heute müssen wir wieder umsteuern und die Zivile Verteidigung im engen Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu denken“, sagte Alexander Schweitzer. Damit die Länder Aufgaben der Zivilen Verteidigung in der Auftragsverwaltung des Bundes wahrnehmen können, müssten klare Zuständigkeiten, neue Kooperationsvereinbarungen und auch eine Verständigung über die Kostenverteilung getroffen werden, um in Friedenszeiten umfassende Vorsorge für äußere Krisen treffen zu können. Das betrifft zum Beispiel die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen, Systeme zur Warnung der Bevölkerung, zur Bevorratung von Lebensmitteln, Medikamenten und Ausrüstung, die Sicherung schutzbedürftiger Infrastruktur und die Absicherung von Kommunikationswegen sowie die Abwehr von Cyberangriffen und Sabotage. Unter dem Titel „Sicherheitspaket für Deutschland“ haben die Ministerpräsidenten einen Beschluss gefasst, der zum Ziel hat, mit effektiven Maßnahmen das Sicherheitsempfinden und das Vertrauen der Menschen in den Schutz durch einen aktiven Staat zu verbessern. Dazu soll das Zusammenwirken von Bund und Ländern auf allen Ebenen verbessert werden. Dazu gehören unter anderem ein besserer Schutz von Frauen gegen Gewalt, zum Beispiel durch die elektronische Fußfessel und die Schaffung bundeseinheitlicher Rechtsgrundlagen zur Aufenthaltsüberwachung. Zudem wird der Bund aufgefordert, Möglichkeiten für Haft und Gewahrsam praxisnäher auszugestalten, wenn insbesondere vollziehbar ausreisepflichtige Personen schwer straffällig geworden sind.
Auch über die Notwendigkeit einer effektiveren Drohnenabwehr haben die Ministerpräsidenten beraten. In Deutschland kommt es vermehrt zu Drohnensichtungen, wie zuletzt über den Flughäfen München oder Erfurt, aber auch über Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur, militärischen Einrichtungen und Rüstungsunternehmen. Ein staatlicher Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden. „Daher begrüßen wir, dass die Bundesregierung die rechtlichen und technischen und auch die finanziellen Voraussetzungen für eine wirksame Drohnenabwehr schaffen will, unter anderem durch eine wirksame Drohnendetektion und eine verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Rheinland-Pfalz nimmt eine Vorreiterrolle bei der Drohnenabwehr ein, indem es im Polizeigesetz erweiterte Befugnisse für die Polizei eingeführt hat, um verdächtige Drohnen abzuschießen oder anderweitig außer Gefecht zu setzen. Wir suchen zudem aktiv die Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften, um technologische Fortschritte in der Drohnendetektion und -bekämpfung zu erzielen“, sagte Schweitzer weiter.
Staat modernisieren, Sozialstaat weiterentwickeln und Kosten gerechter verteilen
Intensiv erörtert wurden auch die Schwerpunktthemen Staatsmodernisierung, Sozialstaatsreform und Veranlassungskonnexität. Dazu erarbeiten aktuell Bund-Länder-Arbeitsgruppen Beschlüsse für die anstehende MPK mit dem Bundeskanzler am 4. Dezember. Ministerpräsident Alexander Schweitzer betonte, dass Staatsmodernisierung und Konnexität zusammengedacht werden müssten: „Die großen Zukunftsaufgaben können nur im Schulterschluss aller staatlichen Ebenen gelingen“, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer. Der zwischen Land und Kommunen geltende Konnexitätsgedanke ‚Wer bestellt, bezahlt‘ müsse auch im Bund handlungsleitend werden. „Das bedeutet, wenn der Bund neue Aufgaben gesetzlich verankert, die von den Kommunen ausgeführt werden müssen, oder wenn der Bund höhere Standards insbesondere im Bereich sozialer Leistungen setzt, muss er sich auch für eine entsprechende auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen einsetzen“, so der Ministerpräsident.
„Auf Bundes- und Länderebene besteht Einigkeit, dass es einer Erneuerung der staatlichen Organisation und öffentlichen Verwaltung bedarf. Die Maßnahmen sollen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger festigen, Deutschland als wettbewerbsfähigen Standort stärken und Kommunen entlasten“, betonte Schweitzer.
Es gehe darum, den Sozialstaat zukunftsfest zu machen, so der Ministerpräsident. „Für mich ist dabei klar: es geht nicht um Kürzungen, sondern darum, einfacher und effektiver zu werden. Sozialleistungen, die noch in ganz unterschiedlichen Ämtern beantragt werden müssen, sollten wir zusammenfassen. Ein konkretes Beispiel ist die Zusammenlegung von Wohngeld und Kinderzuschlag, das wäre eine große Erleichterung für die Antragsteller und würde die Behörden entlasten.“ (Quelle: Staatskanzlei Rheinland-Pfalz)


















