MAINZ. Knapp 1000 Bauern und Winzer haben nach Polizeiangaben am Mittwoch vor dem rheinland-pfälzischen Landtag gegen geplante Subventionskürzungen protestiert und mehr Verständnis gefordert.
Dazu waren sie mit rund 90 Traktoren und anderen Fahrzeugen in die Landeshauptstadt gekommen. «Es war sehr entspannt und kooperativ», sagte ein Polizeisprecher. Es habe auch nur leichte Verkehrsbeeinträchtigungen gegeben. Am Abend kam es auch in Koblenz zu einer Demo. Die Polizei schätzte die Zahl der Fahrzeuge auf 90.
Mit ihrem Protest wollten die Bauern ein Zeichen des Aufrufs zum Dialog setzen, sagte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, in Mainz. «Reden Sie mehr mit uns als über uns!» Er bedauere, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer nicht – wie einige andere Ministerpräsidenten – gefordert habe, dass der Bund seine Spar-Vorschläge komplett vom Tisch nehmen müsse und hoffe auf den Dialog mit der Regierungschefin.
Die Proteste der Landwirte sind Teil einer bundesweiten Aktionswoche und richten sich gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung. Schrittweise abgeschafft werden soll danach die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Bundesbauernverband nicht aus.
«Es wird ein ganz dramatisches Jahr», sagte Hartelt über die wirtschaftliche Lage der Bauern. «Das ist der Grund, weshalb wir so kompromissunfähig erscheinen.» Anders als im Bundesdurchschnitt sei 2022/23 in Rheinland-Pfalz auch kein so gutes Jahr gewesen. «Wir sind weit abgeschlagen.» Der Präsident des Bauernverbands wehrte sich gegen Vereinnahmungen des Protests von Extremisten und Querdenkern. AfD-Landes- und Fraktionschef Jan Bollinger, der wie Vertreter der anderen Fraktionen den Bauern zuhörte, bedauerte, er dürfe bei der Kundgebung nicht reden.
«Ohne uns kein Essen» war auf vielen grünen Westen der Demonstranten zu lesen. Auf den Plakaten stand unter anderem: «Gesetze und Regeln ohne Verstand. Erst stirbt der Bauer, dann das Land», «Die Bürokratie nimmt uns die Luft zum Atmen!» sowie «Ohne Bauern wärt Ihr hungrig, nackt und nüchtern» und «Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert.»
Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt zeigte Verständnis für den Protest und forderte erneut einen Agrargipfel auf Bundesebene unter Leitung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), um gemeinsam mit der Branche Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu finden. «Die Betriebe brauchen Planungssicherheit», betonte die FDP-Politikerin. Die Sparpläne der Bundesregierung seien mit den Landwirtschaftsministern der Länder auch nicht abgesprochen gewesen.
Markus Puder vom Verein Landwirtschaft verbindet (LSV) mahnte: «Die Betriebe sterben langsam.» Kristin Antweiler von der Landjugend sagte: «Wir sind die Zukunft und Ihr, liebe Politiker, setzt sie immer wieder aufs Spiel.» Die ursprünglich geplanten Einsparungen der Bundesregierung hätten ein Minus von 10.000 Euro für seinen Betrieb bedeutet, von dem zwei Familien lebten, berichtete einer der Demonstranten, Landwirt Dieter Jacob, aus Rheinhessen. «Jetzt sind es noch 3000 Euro.»
Ein Vertreter des Bauernverbands Rheinland-Nassau kritisierte, die Wege, auf denen die Bauern zum allergrößten Teil führen, hätten sie selbst bezahlt und es gebe auch keine Alternative zu den Diesel-Fahrzeugen. Da die Landwirte Pflanzenschutzmittel und Dünger reduzieren müssten, sei mehr Bodenarbeit mit diesen Fahrzeugen notwendig.
Einer der beiden rLandesvorsitzenden der Grünen, Paul Bunjes, zeigte Verständnis für die Empörung der Bauern. «Ihr Protest hat ja schon Erfolg gehabt», sagte der gelernte Landwirt. Die Beschlüsse zu Agrardiesel und Kfz-Steuer hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. «Wir sollten gucken, die Debatte dahin zu lenken, über alles andere zu reden, was in dem Fass noch drin ist», sagte Buntjes. Dies seien große Herausforderungen wie die Bürokratie, der «Flächenfraß», Extremwetter und der Klimawandel sowie eine schwierige Arbeitsmarktsituation und ein Lebensmitteleinzelhandel, «der die Preisgestaltung verunmöglicht und die Landwirte im Würgegriff hält».