Mit Datum vom 28.07.2021 hat der BGH ein Urteil des LG Bonn bestätigt, durch das zwei Aktienhändler wegen der sogenannten Cum-EX-Geschäfte zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden. Wir haben die Entscheidung des BGH zum Anlass genommen, bei unserer Partnerkanzlei Rechtsanwälte Haufs-Brusberg & Kollegen GbR nachzufragen, was es mit diesem Urteil auf sich hat und welche Folgen daraus entstehen könnten.
Rechtsanwalt Johannes Haufs-Brusberg erklärt: Dem aktuellen Urteil des BGH liegt zugrunde, dass das Landgericht Bonn mit Urteil vom 18.03.2020 sogenannte Cum-Ex-Aktiengeschäfte als Steuerhinterziehung eingestuft hatte. Dabei hatte das Landgericht die zwei angeklagten Börsenhändler zu jeweiligen Haftstrafen auf Bewährung verurteilt und von der betroffenen Privatbank 176.000.000,00 EUR eingezogen. Zur Verteidigung wurde im Strafverfahren vorgetragen, dass sogenannte Cum-Ex-Transaktionen lediglich steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten seien, dem hat sich der BGH nun deutlich entgegengestellt.
Lokalo.de: Was bedeutet Cum-Ex-Geschäft?
Rechtsanwalt Johannes Haufs-Brusberg: Bei diesen Geschäften handelt es sich um eine Form von Aktiengeschäften um den Tag der Dividendenauszahlung. Dabei handeln Investoren und Banken die Aktien eines DAX-Konzerns mit (Cum) Dividendenanspruch, d. h. vor dem Auszahlungstag, wenn die Dividende noch nicht ausgezahlt ist und ohne (Ex) Dividendenanspruch nach dem Auszahlungstag, wenn die Dividende gerade ausgezahlt worden ist.
Lokalo.de: Welchen Steuervorteil hat diese Art von Geschäft?
Rechtsanwalt Haufs-Brusberg: Auf diese Dividende wird in der Regel bei Privatpersonen die sogenannte Kapitalertragssteuer i. H. v. 25 % erhoben. Institutionelle Investoren, wie z. B. Fonds oder Banken, sind von der Steuer ausgenommen. Sie können sie vom Staat daher zurückfordern.
Dabei kam es bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften zu bewusst herbeigeführter mehrfacher Erstattung von nur einmal abgeführter Kapitalertragssteuer, die in den vergangenen Jahren zu einem Steuerschaden in Milliardenhöhe führte.
Mit dem raschen Zirkulieren der Aktien zwischen Anspruchsberechtigten und Nichtanspruchsberechtigten rund um den Stichtag der Dividendenzahlung, sollte das Finanzamt daher am Ende nicht wissen, wer zu diesem Zeitpunkt Aktionär des Unternehmens war. Dies führte dazu, dass die Steuerbehörden mehrere Steuererstattungsbescheide ausstellten.
Lokalo.de: Welche Folgen kann das Urteil des BGH nun haben?
Rechtsanwalt Haufs-Brusberg: Durch das wegweisende Urteil des BGH dürften nun weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, da nun ein deutliches Signal gegeben wurde, dass es sich bei dem vorgenannten Dividendenstripping um eine Steuerhinterziehung handelt. Weiter dürfte die Entscheidung auch der Haftungsmaßstab für zukünftige Steuergestaltungen sein, wenn zwar die gesetzlichen Formulierungen schwammig sind, der Sinn und Zweck der Regelung sich aber eindeutig erschließt.