Museum am Dom Trier zeigt Ausstellung zum 50. Jubiläum der Dom-Renovierung

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Museumsdirektor Markus Groß-Morgen und seine Mitarbeiterin Justine Duda mit dem Gemälde des Trierer Domes von George Clarkson Stanfield (1857). Foto: Alexander Scheidweiler

TRIER. Nach einer 15-jährigen Renovierungsphase wurde am 1. Mai 1974 der neue Hauptaltar des Trierer Domes geweiht. Aus Anlass dieses Jubiläums zeigt das Museum am Dom Trier eine spannende und informative Ausstellung mit dem Titel „Der Trierer Dom im Wandel – Was tut die Schnecke vor dem Altar“, die sich mit der Geschichte der Altäre im Trierer Dom und seinen Vorgängerbauten befasst. Im Zentrum stehen Entstehung und Symbolik des heutigen, 1974 geweihten Altares. Zu der Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm, das auch für Kinder einiges bereithält.

Von Alexander Scheidweiler

„Nach vielen durcharbeiteten Nächten und jahrelangen Auseinandersetzungen und Diskussionen um die Neugestaltung des Domes“ sei es dann am 1. Mai 1974 endlich soweit gewesen: Der neue Altar des Trierer Domes konnte nach einer 15-jährigen Renovierungsphase feierlich geweiht werden. Der damalige Bischof Bernhard Stein hatte diesen Termin gesetzt, um zum Domweihfest in seine renovierte Bischofskirche einziehen zu können, so Markus Groß-Morgen, Direktor Museums am Dom Trier, beim gestrigen Presserundgang zur Ausstellung „Der Trierer Dom im Wandel – Was tut die Schnecke vor dem Altar“, die am heutigen Donnerstagabend feierlich eröffnet und dann bis zum 8. September zu sehen sein wird. Um den ehrgeizigen Zeitplan des Bischofs umsetzen so können, musste gegen Ende der Renovierung im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr gearbeitet werden, erläuterte Groß-Morgen – „eingetaktet mit ganz strikten Plänen“, so dass die Arbeiten punktgenau zum 1. Mai 1974 abgeschlossen werden konnten, „mit Saubermachen und Abstauben und allem“.

Allein die statische Sicherheit des Bauwerks zu gewährleisten, war eine enorme Herausforderung, der sich das Dommuseum bereits vor zehn Jahren, zum 40. Jubiläum der Renovierung, in einer Ausstellung mit dem Titel „Der Trierer Dom im Wandel – Die Renovierungen des 20 Jahrhunderts“ gewidmet hat. Nun, zum 50. Jubiläum, wird der Obertitel der Ausstellung wieder aufgegriffen, mit dem auf den ersten Blick vielleicht überraschenden Untertitel „Was tut die Schnecke vor dem Altar“.

Die Altarinsel und ihre Symbolik, von oben betrachtet. Foto: Alexander Scheidweiler

Die neue Ausstellung konzentriert sich auf die Geschichte des Altares im Trierer Dom und seinen Vorgängerbauten und im besonderen auf den neuen, 1974 geweihten Hauptaltar. Altar und Altarinsel aus graugrünem Peperino (basaltischem Tuffgestein) schmückt ein symbolträchtiges Lebensbaum-Motiv: Ausgehend vom Altar breitet der Lebensbaum in Gestalt von Intarsien aus hellem Präonyx (Kalksinter) seine Äste mit Blättern, Blüten und Früchten in die vier Himmelsrichtungen aus, womit auf die vier Ströme des Paradieses angespielt wird sowie auf die vier Evangelien, die sich, den Strömen gleich, in alle vier Himmelsrichtungen ergießen und die christliche Botschaft verbreiten.

Diese Lebensbaum-Motivik war vom Bistum auch beauftragt worden – die Kölner Künstlergruppe Theo Heiermann, Elmar Hillebrand und Jochem Pechau, die in Zusammenarbeit mit den Architekten Gottfried Böhm und Nikolaus Rosiny den Altar- sowie Chorraum des Trierer Domes in den Jahren 1972-1974 neu gestaltete, setzte sie um. Aber nicht nur: Denn zusätzlich zu dem vom Bistum gewünschten Lebensbaum fügten die Bildhauer 23 weitere, feine Ritzungen und Reliefs auf dem Podest hinzu, biblische Motive wie den Bau der Arche Noah, aber auch mythologische Szenen wie Odysseus am Mastbaum während des Gesangs der Sirenen und selbst Tiermotive wie die Schnecke, die im Untertitel der Ausstellung genannt ist.

Zahlreiche Fotos dokumentieren die umfangreichen Arbeiten. Foto: Alexander Scheidweiler

Die Hinzufügung dieser Reliefs erfolgte umabgestimmt und auf eigene Faust, was zu heftigen Diskussionen führte, bis hin zu der Frage, ob das Podest wieder abgerissen werden sollte, wie Justine Duda vom Museum am Dom sagte. Nach einer Verteidigungsrede des Künstlers Ulrich Henn, dessen durchbrochener Bonze-Altar im Wettbewerb den zweiten Platz nach der Lösung von Heiermann/Hillebrand/Pechau belegt hatte und heute in der Ost-Krypta steht, durften die nicht beauftragten Reliefs aber bleiben. Henn legte dar, dass bei allen Motiven ein symbolischer Bezug zum Christentum gegeben sei, auch z.B. bei denjenigen, die der vorchristlichen Mythologie entnommen sind, wie Odysseus bei den Sirenen, der gewissermaßen den Christen darstellt, der sich vor den Gefahren der Irrfahrten des Lebens schützen soll, indem er sich an den Stamm des Kreuzes bindet, so wie Odysseus dem Gesang den Sirenen nicht erlegen ist, weil er sich an den Mast seines Schiffes binden ließ.

Auf die genannte Tiermotivik nimmt der Untertitel der Ausstellung Bezug, der auf einen Artikel des langjähriges Diözesankonservators und Kustos des Domschatzes, Franz Ronig, zurückgeht, den dieser anlässlich Wiedereröffnung verfasst hatte und in dem er viele der bewussten Reliefs erläuterte. Der Begleitband zur neuen Ausstellung wird die Historie der Trierer Altäre mit ihren jeweiligen Standorten und baulichen Kontexten bis zurück in die frühchristliche Zeit darstellen, in Kurzfassung können die Besucher der Ausstellung sich die Entwicklung in einem sehr informativen, neunminütigen Film ansehen.

Ein Blick in die Ausstellung. Foto: Alexander Scheidweiler

Die Neugestaltung des Altares hing auch mit den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils zusammen, so Justine Duda. Der neue Hauptaltar ist im engeren Sinne kein Hochaltar mehr, versteht man doch unter einem Hochaltar einen Altar, der ganz im Osten einer Kirche platziert und somit von den Gläubigen weit entfernt ist. Da im Trierer Dom zudem im Barock ein Lettner eingezogen wurde, war der Hochaltar vom Kirchenschiff aus phasenweise kaum sichtbar. Die Gemeindemessen wurden daher an einem Volksaltar vor dem Lettner gefeiert, während der Hochaltar dem Domkapitel vorbehalten blieb. Entsprechend den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils zog die Neugestaltung von 1974 den Altar vom Chor in die Vierung nach vorne, so dass die Gemeinde sich unmittelbar um den Altar versammeln kann.

Die Bedeutung der Altarweihe vom 1. Mai 1974 lässt sich daran ablesen, dass sie in Anwesenheit der damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Helmut Kohl, und des Saarlandes, Josef Röder, sowie des Bundespräsidenten Gustav Heinemann, stattfand. Im Zuge der Renovierung wurde kurz vor der Altarweihe auch der zwischenzeitlich in der Banthus-Kapelle aufbewahrte Heilige Rock feierlich rücküberführt, wobei auch der zur Wallfahrt von 1891 angefertigte, neugotische Holzschrein in eine klimatisierte Glasvitrine gegeben wurde.

Pläne und Modelle. Foto: Alexander Scheidweiler

Im Eingangsbereich zeigt das Museum eine Videoinstallation mit Variationen des Lebensbaumes und weiterer Motive der Altarinsel, etwa den Schlussstein des sog. „Sepulcrums“, des „Altargrabes“, in dem traditionell Reliquien beigesetzt wurden. Beim neuen Trierer Hauptaltar wurden 1974 Erde vom Petrusgrab, Erde vom Golgatha-Hügel und ein Stein der Hagia Sion in Jerusalem verwendet, abgeschlossen mit einem Gesimsstück der konstantinischen Grabeskirche. Dabei sollte Erde vom Petrusgrab auf den Umstand hinweisen, dass auch der Trierer Dom eine Petrusbasilika ist, der Schlussstein aber auf die auch im Falle des Trierer Doms bis in die konstantinische Zeit zurückreichende Tradition. Besorgt hatte diese Schätze damals Laurentius Klein, Administrator der Jerusalemer Dormitio-Abtei, der zuvor Abt der Trierer Benediktinerabtei St. Matthias gewesen war.

1970 wurde der alte Hochaltar abgebrochen, der sich an derjenigen Stelle im Chor befand, an der auch seine Vorgänger seit 1196 gestanden hatten. Auf die Weihe des Altares von 1196 geht auch das Datum 1. Mai als Datum des Domweihfestes und der folgenden Altarweihen zurück. Freilich war der 1970 abgebrochene Altar neueren Datums – es handelte sich um ein neoromanisches Exemplar, das 1904 unter dem Bischof Michael Felix Korum aufgestellt worden war und an die Stelle des barocken Altares aus der Zeit von Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen trat. Wie man beim Abbruch des Korum-Altares feststellte, hatte der damalige Pedell kurioserweise bei der Weihe von 1904 in einem Hohlraum unter dem Altar diverse Gegenstände deponiert – Siegel, Urkunden, Münzen, Heilig-Rock-Andenken etc. – die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind. Im eigentlichen Sepulcrum des Korum-Altares indes fand sich ein kleines Reliquiar, dessen beigefügte Inschrift auf den 28. Juni 1933 datiert ist, also kurz vor Beginn der Heilig-Rock-Wallfahrt dieses Jahres, was darauf schließen lässt, dass aus heute unbekannten Gründen eine Neuweihe vorgenommen werden musste, möglicherweise wegen einer Beschädigung des neogotischen Altaraufbaus. Die Ausstellung zeigt: Die Geschichte der Altäre im Trierer Dom ist facettenreich und auf vielfältige Weise mit der Gesichte des Bistums und der jeweiligen Epochen verbunden.

Gemälde von Stanfield (Ausschnitt). Foto: Alexander Scheidweiler

Zahlreiche zeitgenössische Fotos aus den 70er-Jahren dokumentieren die umfangreichen Renovierungsarbeiten und ziehen den Betrachter in die Epoche hinein. Dabei wird auch ein Schatten des Kalten Krieges spürbar, wurden die polnischen Restauratoren, die damals die Seitenaltäre instand setzten, doch argwöhnisch beäugt, wie Duda erläuterte. Auch ein Abstecher nach Paris, den die Polen gerne unternommen hätten, war damals leider nicht möglich, fügte Groß-Morgen hinzu.

Der Obertitel „Der Trierer Dom im Wandel“ nehme aber nicht nur auf die Veränderungen am Baukörper Bezug, sondern sei auch so zu verstehen, dass sich auch die Wahrnehmung des Domes im Laufe der Zeit verändert habe. Daher zeigt die Ausstellung im zweiten Teil unter der Überschrift „Domansichten – ‚Im Auge des Betrachters‘“ Gemälde, Graphiken und Fotos, die den Dom als Bildmotiv verwenden. Dabei sind Trierer Künstler des 20. Jahrhunderts stark vertreten, u.a. der unlängst verstorbene Heinrich Feld. Glanzstück der gezeigten Sammlung ist aber ein Gemälde des Domes des englischen Malers George Clarkson Stanfield aus dem Jahre 1857, das die architektonischen Teile sehr exakt wiedergibt, wie Duda betonte, obwohl es nicht vor Ort entstand, sondern auf Skizzen basiert, die der Künstler vor Ort angefertigt hatte.

Weiterer Blick in die Ausstellung. Foto: Alexander Scheidweiler

Ferner wurde zu einem Foto-Wettbewerb aufgerufen, der auf große Resonanz stieß. Es seien rund 80 Fotos aus ganz Deutschland eingegangen, erklärte Anna Hoppe vom Dommuseum. Aus diesen wählte eine Jury bestehend aus Professor Valerie Schmidt (Hochschule Trier), Dr. Denis Grünemeier (Universität Trier), Inge Hülpes vom Bischöflichen Generalvikariat, Domkustos Michael Keller sowie Markus Groß-Morgen und Anna Hoppe die 20 besten aus, die in der Ausstellung gezeigt werden. Die Fotographen der drei bestplatzierten Einreichungen erhalten als Preis eine besondere Domführung an Orte, die man normalerweise nicht zu sehen bekommt.

Für Kinder gibt es eine Spielecke, in der der Trierer Dom aus Bauklötzen nachgebaut werden kann, und ein Mitmachbuch zur Ausstellung, mit dem die Frage, was die Schnecke vor dem Altar tut, beantwortet werden kann. Wer es rausbekommt, erhält zur Belohnung einen Button mit der Altarschnecke „Flitzi“. Freilich sollten sowohl Kinder als auch Erwachsene die Ausstellung besuchen, um herauszufinden, was genau die Schnecke denn nun vor dem Altar tut.

Spielecke für Kinder. Foto: Alexander Scheidweiler

Das Museum am Dom ist von Dienstag bis Samstag von 9 bis 17 Uhr und sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Einzelbesucher haben die Möglichkeit, an einer der öffentlichen Führungen teilzunehmen, die an jedem zweiten Samstag im Monat um 14.30 Uhr stattfinden – ganz ohne Voranmeldung.

Kosten: Eintritt zzgl. 2,- € Führungsgebühr (max. 25 Pers.). Zu der Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit thematischen Führungen, Familienführungen, Vorträgen und Veranstaltungen für Kinder. Das gesamte Programm zur Ausstellung ist auf der Webseite des Museums unter www.museum-am-dom-trier.de zu finden und als Flyer im Museum sowie in ausgewählten Auslegestellen in der Stadt erhältlich.

Auf Wunsch sind auch Führungen für Gruppen oder Schulklassen möglich. Für Schulklassen aus der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg sind die Führungen und der Ausstellungsbesuch dank der Unterstützung durch die Sparkassenstiftung kostenfrei.

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