WITTLICH. Anlässlich der Folgen für Landwirtschaft und Verbraucher wegen des verheerenden Angriffskrieges durch das russische Putin-Regime gegen die Ukraine, haben die beiden Vorsitzenden der Kreisverbände Bernkastel-Wittlich und Bitburg-Prüm, Manfred Zelder und Stefan Fiedler, zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in das Haus der Landwirtschaft nach Wittlich eingeladen.
Neben der humanitären Katastrophe in der Ukraine habe der Krieg auch extreme Auswirkungen auf explodierende Energie- und Betriebsmittelkosten. Nicht nur die Energieversorgung, sondern auch die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln könne ernsthaft gefährdet sein, so die Vorsitzenden Zelder und Fiedler.
Die beiden Kreisgeschäftsführer Pascal Kersten und Andreas Lenz ergänzten, dass mit der Ukraine als „Kornkammer“ Europas ein wichtiger Exporteur von Agrarprodukten kriegsbedingt wegfalle, was insbesondere ärmere und importabhängige Länder extrem belaste. Zudem sei der internationale Agrarmarkt auch wegen der Sanktionen und dem teilweisen Boykott russischer Produkte stark betroffen.
Um Hungersnöte und Folgeprobleme zu vermeiden, wolle der landwirtschaftliche Berufsstand vollsten Einsatz zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit leisten. Es gelte nun in Europa und in Deutschland zusätzliche Lebensmittel zu produzieren, um wegfallende Ernten der Ukraine zumindest teilweise aufzufangen.
Deshalb solle sich die Politik nun pragmatisch zeigen und die Rahmenbedingungen zur Produktion von Nahrungsmitteln kurzfristig verändern. Hierzu stellten die Kreisvorsitzenden Zelder und Fiedler einige Vorschläge vor.
Mit Blick auf die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023 müsse die Politik überdenken, ob wenigstens eine Verschiebung der Reform in Betracht komme. Besonders die Aussetzung der Pflicht zur Stilllegung von mindestens 4% der Ackerflächen sei in der aktuellen Situation angebracht. Es müsse nun die Devise gelten, so viel zu produzieren, wie möglich sei. Die politische Strategie zur Ökologisierung, Extensivierung oder Flächenstillung sei nun der falsche Weg. Stattdessen müssten nun Anpassungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein bewiesen werden.
Die EU sei im Zuge der GAP-Reform ebenfalls gefordert, die Aussetzung der Verpflichtung zum Fruchtwechsel auf Ackerflächen umzusetzen. Der verpflichtende, starre Fruchtwechsel, wie ihn die GAP ab 2023 vorsehe, greife in die Anbauplanung der landwirtschaftlichen Betriebe ein und gefährde vor allem die Bereitstellung von ausreichend Futter und agrarischen Rohstoffen für die Energieerzeugung.
Um Erträge zu steigern und mehr Lebensmittel zu produzieren, schlugen Zelder und Fiedler auch eine Lockerung der Düngerverordnung vor. Die gleichzeitige Ökologisierung der Produktion mit sinkenden Erträgen und die kriegsbedingten Ernteausfälle gefährdeten die Ernährungssicherheit in Staaten, die bislang Produkte aus der Ukraine importiert haben. Hier stehe die Bundesregierung in der Pflicht, pflanzenbautechnische Einschränkungen durch die Düngeverordnung zu überdenken. Eine befristete Aussetzung müsse somit in Betracht gezogen werden, um verantwortungsvoll auf die Weltgeschehnisse zu reagieren. Zudem könne man weiteres Produktionspotential schaffen, wenn vermehrt Umbrüche von Wirtschaftsgrünland in Ackerfläche zulässig wäre.
Zudem sei die finanzielle Belastung der sehr hohen Kraftstoffpreise nicht länger zumutbar. Eine höhere Agrardieselsteuerrückvergütung oder eine Reduzierung der Mineralöl- und CO2-Steuer sei daher wichtig. Denn im Zusammenhang mit sprunghaft gestiegenen Kosten z.B. für Düngemittel müsse die Bezahlbarkeit der Kraftstoffe höchste Priorität haben.
Gerade mit Blick auf die explodierenden Betriebsmittel- und Energiepreise sowie der erhöhten Inflation könne auch die Landesregierung einen Beitrag zur finanziellen Entlastung der Betriebe leisten, indem man die Ausgleichzulage für Betriebe in benachteiligten Gebieten erhöhe.
Große Sorge bereite außerdem die Versorgung der Nutztiere mit Eiweißfuttermitteln. Hier gäbe es bereits heute Lieferengpässe zu verzeichnen. Hinzu kämen wegfallende Angebote von GVO-frei erzeugtem Futter, weil die Ukraine auch hier als wichtiger Exporteur ausfalle.
Abschließend hoben Zelder und Fiedler hervor, dass die Potentiale landwirtschaftlicher Energieerzeugung besser genutzt werden müssten. Die technischen Kapazitäten von Biogasanlagen würden bislang nicht ausgeschöpft, weil politisch definierte Deckelungen der Energieerzeugung dies vermeiden würden. Mit einer Flexibilisierung dieser Grenzwerte, könnte die Landwirtschaft einen noch stärkeren Beitrag zur Energieunabhängkeit leisten.
Im Anschluss an die Pressekonferenz wurden die anwesenden Journalisten auf den Helenenhof der Familie Zelder eingeladen, um sich praxisnah über die konkreten Auswirkungen des Krieges auf landwirtschaftliche Betriebe zu informieren.













