Umstrittene Grenzkontrollen: Internationaler Parlamentarierrat schaut auf Auswirkungen

Rheinland-Pfalz hat die Gedenkarbeit in den Mittelpunkt seiner Präsidentschaft im Parlamentarierrat der Großregion gestellt. In den kommenden Monaten nimmt das Gremium Grenzkontrollen in den Blick.

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Polizisten kontrollieren Fahrzeuge auf der A64 bei Trier zum Beginn der Grenzkontrollen an allen deutschen Landesgrenzen. Foto: dpa

MAINZ. Der Internationale Parlamentarierrat (IPR) der Großregion will sich gezielt die Auswirkungen der wieder eingeführten Grenzkontrollen anschauen. Im kommenden Jahr solle betrachtet werden, wo es Erfolge bei der Bekämpfung von Kriminalität und illegaler Migration gegeben habe und wie stark das Leben der Menschen in der Grenzregion dadurch beeinträchtigt werde.

Dies sagte der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) der Deutschen Presse-Agentur zum Abschluss der zweijährigen Präsidentschaft von Rheinland-Pfalz in dem Parlamentarierrat. Deutliche Kritik an den von Deutschland und Frankreich wieder eingeführten Grenzkontrollen war zuletzt beispielsweise aus Luxemburg gekommen. Nun gelte es zunächst, Fakten zu sammeln, sagte Hering. Dann wolle sich der Rat dazu positionieren, dessen Präsidentschaft ab Januar die drei belgischen Regionen Wallonien, Föderation Wallonie-Bruxelles und die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens innehaben.

Hering: Gemeinsam über lange vertuschte Themen sprechen

Rheinland-Pfalz hatte das Thema Erinnerungs- und Gedenkarbeit in den Mittelpunkt seiner nun zu Ende gehenden Präsidentschaft gestellt – «ein richtiger Schwerpunkt», wie Hering sagte. Bei allen Gemeinsamkeiten der Regionen gebe es bei der Gedenkarbeit noch Nachholbedarf. Gerade in Zeiten von zunehmendem Populismus und Antisemitismus sei es wichtig, zu wissen, was Menschen jenseits der Grenzen bewege, was Begriffe hier wie dort bedeuteten und was für Gefühle sie auslösten. In Frankreich werde beim Begriff Krieg etwa vor allem an den Ersten Weltkrieg gedacht, der dort der «Große Krieg» genannt wird. In Deutschland sei der Zweite Weltkrieg viel stärker im Fokus.

Auch müsse gemeinsam über Themen gesprochen werden, die lange vertuscht oder verschwiegen worden seien, beispielsweise das Verdrängen von Schuld auf deutscher Seite, das Fortbestehen von menschenverachtendem Gedankengut oder das Schicksal von Besatzungskindern. Ein greifbares Ergebnis der Gedenkarbeit ist die Webseite «Memorator», die heute in deutscher und französischer Sprache an den Start gehen soll. Sie bietet eine digitale Netzkarte mit derzeit 109 Erinnerungsorten in der Großregion.

Geschichte greifbarer machen

Laut Hering soll das Angebot noch weiter ausgebaut werden. Gerade angesichts der Tatsache, dass es immer weniger Zeitzeugen aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs und der Shoa gebe, sei es wichtig, für einen emotionalen Bezug zu dem Thema zu sorgen. Das könne gelingen, indem Menschen vermittelt werde, was konkret bei ihnen im Ort passiert sei und welche Einzelschicksale es dort gegeben habe. «Das macht es nachvollziehbarer und greifbarer», sagte Hering.

Den Interregionalen Parlamentarierrat gibt es seit 1986, er ist die beratende parlamentarische Versammlung der Großregion. Zu dem Gebiet mit fast zwölf Millionen Einwohnern gehören Rheinland-Pfalz, das Saarland, Luxemburg, Lothringen (Grand Est), die Wallonie, die Fédération Wallonie-Bruxelles und die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien. (Quelle: dpa)

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