Fünfter Jahrestag: Viele Betroffene der Amokfahrt in Trier leiden bis heute

Die tödliche Amokfahrt in Trier ist fünf Jahre her. Im Alltag sind für viele Betroffene die Folgen weiter präsent. Und bei Hinterbliebenen bleibt der Schmerz groß.

2
Bei der Todesfahrt starben unmittelbar fünf Menschen, darunter ein neun Wochen altes Baby. Foto: Harald Tittel/dpa/Archiv

TRIER. Fünf Jahre nach der Amokfahrt in Trier sind viele Betroffene nach wie vor stark belastet. «Einige können trotz intensiver Therapie die Fußgängerzone nicht betreten und scheuen auch sonst großen Ansammlungen von Menschen», sagte der Koordinator der Nachsorgegruppe, Bernd Steinmetz, der Deutschen Presse-Agentur in Trier.

Es gebe traumatisierte Augenzeugen, die es bis heute es nicht schafften, sich in ein Auto zu setzen. «Sie konnten also seit fünf Jahren keinen Urlaub mit der Familie machen», sagte Steinmetz. Andere Menschen litten weiterhin unter körperlichen Folgen, weil sie damals verletzt worden seien. Die Amokfahrt jährt sich am nächsten Montag zu fünften Mal.

Am 1. Dezember 2020 war ein Mann mit seinem Geländewagen durch die Fußgängerzone in Trier gerast und hatte gezielt Passanten angefahren. Fünf Menschen starben unmittelbar. Zudem gab es Dutzende Verletzte und Traumatisierte. Im Februar 2024 starb ein weiterer Mann infolge von Verletzungen, die er bei der Tat erlitten hatte.

Für Petra Lieser, die bei der Amokfahrt ihre Tochter Katja Lieser im Alter von 25 Jahren verloren hat, ist seitdem alles anders. «Jeden Morgen, den ich aufwache, fühle ich mich in einem Alptraum gefangen, versuche meinen Alltag zu meistern, was mir aber immer schlechter gelingt», sagte sie.

«Das alles geht nicht mehr»

Es gelinge ihr nicht, dieses Trauma zu bekämpfen. «Und oft bin ich entsprechend verzweifelt und vermeide Dinge, die ein normaler Mensch im Alltag so macht. Kein Kino, keine Geburtstage bei Freunden, in eine Stadt gehen, um einzukaufen, das alles geht nicht mehr», sagte Lieser.

Foto: lokalo.de (se)

Steinmetz berichtete, dass sich die Trierer Gruppe der Stiftung Katastrophen-Nachsorge weiter viermal pro Jahre treffe. Die Aufarbeitung sei ein langer Prozess. Bei einem vergangenen Treffen habe es Betroffene gegeben, die zum ersten Mal erzählt hätten, was sie wahrgenommen hätten.

Das nächste Treffen der Gruppe sei am Jahrestag. Gemeinsam werde man nach einem Gottesdienst zur zentralen Gedenkstätte für die Opfer gehen. Wie an den Jahrestagen zuvor werden die Glocken des Doms wieder zur damaligen Tatzeit um 13.46 Uhr vier Minuten lang läuten.

Der Amokfahrer ist rechtskräftig zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes verurteilt worden. Das Trierer Landgericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik an.

Kritik an langsamer Umsetzung des Pollerkonzepts

Die Betroffenen kritisierten laut Steinmetz zuletzt, dass das urbane Sicherheitskonzept mit Pollern in der Trierer Innenstadt immer noch nicht umgesetzt sei. «Völliges Unverständnis» habe es im Sommer gegeben, als sich der Stadtrat aus Kostengründen für ein reduziertes Pollerkonzept ausgesprochen habe.

Vor der Porta Nigra stellten Menschen zum Gedenken an die Opfer der Amokfahrt Kerzen auf. Foto: Oliver Dietze/dpa/Archivbild

Davon ist man aber wieder abgerückt, wie ein Sprecher der Stadt sagte. Es sei nun ein neues, überarbeitetes Konzept entworfen worden, das am 9. Dezember in den Stadtrat kommen solle. «Darin finden sich alle Seiten mit ihren jeweiligen Bedürfnissen wieder», sagte der Sprecher.

Man werde das Konzept den Angehörigen und Betroffenen noch vorstellen, sagte der Sprecher. «Gerade für sie soll es ja auch so sein, dass sie sich sicher fühlen können in der Stadt.» Als Zone sei der Domfreihof bereits gesichert, die Sicherung des Hauptmarktes sei auch fast fertig. Danach solle die Sicherung aller Straßen nach außen folgen. (Quelle: Birgit Reichert, dpa)

Vorheriger Artikel++ Schnee, Glätte und vereinzelt Nebel – Winterwetter in der Region ++
Nächster Artikel++ Aktuell: Vollsperrung auf der A3 – PKW überschlägt sich – drei Verletzte ++

2 Kommentare

  1. Macht es einen Unterschied – auch psychisch –, ob die Ursache vorsätzlich, fahrlässig oder durch einen Unfall geschah, wenn die körperlichen Folgen gleich sind?

  2. „, dass das urbane Sicherheitskonzept mit Pollern in der Trierer Innenstadt immer noch nicht umgesetzt sei“

    Das Pollerkonzept ist purer ist Unsinn. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich so etwas an gleicher Stelle wiederholt geht gegen Null. Ein Sicherheitskonzept gaukelt nur Sicherheit vor, die es nicht wirklich gibt. Wenn man es mit Irren, Kriminellen oder Terroristen zu tun hat, besteht immer und überall ein Gefährdung, wenn und wo sich Menschen aufhalten. Mit oder ohne Poller. Ich erinnere nur an die vielen Sprengstoffattentate in der Vergangenheit.

Schreibe einen Kommentar zu Hallo Antwort abbrechen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Die Redaktion behält sich vor, Lesermeinungen zu kürzen. Es besteht kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihrer zugesandten Meinungen. Klarname ist nicht erforderlich. Eine E-Mail-Adresse muss angegeben werden, wird aber nicht veröffentlicht.