Strom statt Diesel: Zwei Wochen Elektrobus-Test in der Eifel

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Janek André (vierter von links), 23 Jahre alt, ist gemeinsam mit seinem Vater Werner André und Marco Abels Teil des neu aufgestellten Führungsteams der Firma André. Er hat bei Bosch in Stuttgart dual Mechatronik, Fahrzeugsystemtechnik und Elektromobilität studiert und testet derzeit den Einsatz von Elektrobussen im Linienverkehr. Im Bild von links nach rechts: Marcel Schillen (Geschäftsführer VRT), Peter Binz (VRT), Marco Abels, Janek André und Werner André. Foto: VRT

TRIER/PRÜM – Leise statt laut, elektrisch statt dieselbetrieben – in der Eifel testet ein regionaler Busbetrieb zwei Wochen lang zwei vollelektrische Linienbusse unter echten Bedingungen. Das Ergebnis überrascht selbst die Verantwortlichen: Die E-Busse meistern ihre Touren zuverlässig, leise und mit beeindruckender Reichweite.

Im Gespräch erklärt Janek André, einer der beiden Geschäftsführer der Firma André, die im Verkehrsverbund Region Trier das Busnetz Schneifel betreibt, wie sich die E-Busse auf den Straßen der Eifel schlagen, was seine Fahrer*innen berichten, und warum er die elektrische Zukunft des Nahverkehrs optimistisch sieht. Er sagt sogar: E-Mobilität ist keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann und Wie schnell.

Herr André, wie kam es dazu, dass Sie in der Eifel Elektrobusse getestet haben?

André: Anfang Oktober dieses Jahres waren wir auf der Busworld in Belgien. Dort ist uns aufgefallen: 85 Prozent der neuen Busse, die ausgestellt wurden, sind elektrisch. MAN wird ab 2030 nur noch E-Busse in Europa verkaufen. Deshalb ist für uns klar: Wir wollen diesen Wandel aktiv mitgehen.

Und wie hat sich der Elektrobus denn in den zwei Testwochen im regulären Linienbetrieb geschlagen? Konnten alle Fahrten wie geplant durchgeführt werden? Haben die Batterien gereicht oder mussten Sie zwischendurch nachladen?

André: Wir waren positiv überrascht: Die Busse schaffen mehr Strecke, als wir erwartet hatten – der Bus mit der kleineren Batterie erreicht locker bis zu 500 Kilometer mit einer Batterieladung und das auch noch bei 1 Grad Celsius. Auf unseren drei Hauptlinien 460, 465 und 466 können wir die Busse eine komplette Schicht einsetzen, ohne zwischendurch laden zu müssen. Natürlich muss man bedenken, dass wir auch am kältesten Wintertag die Heizung im Bus auf den voreingestellten 21 Grad Celsius halten wollen – im November war es dafür noch nicht kalt genug. Und im Sommer sollen die Fahrgäste natürlich auch nicht auf die Klimaanlage verzichten müssen. Wir hatten hier ein Fahrzeug mit einer vergleichsweise kleinen Batterie. Aber da gehen noch mehr Kilometer ohne Zwischenladung. Die Frage der Machbarkeit ist am Ende nur eine Frage der Batteriegröße.

Wie laden Sie die Busse?

André: Wir laden die Busse nur zentral auf dem Betriebshof. Sobald der Akkustand etwa bei 10 Prozent ist, geht es zurück zum Laden. Wir haben hier zwei Ladestationen. Damit laden wir auch einen elektrischen Kleinbus, den wir schon länger im Schülerverkehr einsetzen. Die Ladestationen liefern ungefähr dreimal so viel Strom wie eine normale Haushaltssteckdose. Dieses vergleichsweise langsame Laden mit 60 Kilowatt über Nacht ist vollkommen ausreichend und auch schonender für die Batterie.

Welche Rückmeldungen haben Fahrgäste bisher gegeben – spürt man einen Unter-schied beim Fahrkomfort, beispielsweise der Lautstärke?

André: Die Schüler am Schulzentrum in Prüm haben sich schon erstaunt umgeschaut, als da unser großer Bus so leise daherkam. Und eine ältere Frau hat auch gleich gefragt, ob wir hier jetzt elektrisch fahren. Außerdem fällt natürlich auf, dass der Bus nicht im üblichen VRT-Design unterwegs ist – da kommen schon mal neugierige Fragen. Wir haben auch eine Dezibelmessung im Bus ausgewertet: Der Elektrobus ist ca. 15 Prozent leiser als ein Dieselbus unter Volllast.

Elektrobus an der Haltestelle Prüm – Gerberweg. Foto: VRT

Und wie beschreiben Ihre Fahrer*innen das Fahrgefühl? Kann und möchte jede*r Elektrobus fahren?

André: Wir haben schon eine Einweisung gegeben, auch weil die Busse beim Bremsen Strom zurückgewinnen – das nennt sich Rekuperation. Je nach Fahrstil kann man so tatsächlich mehr oder weniger Reichweite herausholen. Wenn ich selbst fahre, stelle ich fest: Die Rekuperation ist so gut, dass wir unseren Standortnachteil in der alten Dieselbuswelt durch erhöhte Verbräuche, in der neuen Elektrobuswelt deutlich abschwächen können. Wir brauchen bei den ganzen Bergen nahezu keine Bremse und können den Strom bergab wieder zurückgewinnen.

Wie unterscheiden sich die Betriebskosten des Elektrobusses im Vergleich zum Dieselbus?

André: Derzeit sind Elektrobusse in der Anschaffung noch teurer als Dieselbusse. Aber es muss auf die Gesamtkosten der Fahrzeuge über ihre gesamte Nutzungsdauer geschaut werden. Verschiedene gesetzliche Regelungen wie Flottengrenzwerte und erhöhte CO2 Steuern werden den Dieselbus, so prognostiziert es die Forschung, sowohl in der Anschaffung als auch in den Betriebskosten teurer machen. Gleichzeitig wird Strom billiger. Daher glauben wir, dass in der ersten Hälfte der 30er Jahre ein Kipppunkt kommen wird, ab dem die Elektrobusse günstiger sind. Das wirklich schöne und gute für unsere Region ist, dass wir mit lokal erzeugtem erneuerbarem Strom fahren können und nicht auf Ölimporte aus anderen Ländern angewiesen sind. Unsere Region ist seit langem ein Stromexporteur, also erzeugt mehr Strom, als sie selbst verbraucht. Hier könnten wir von der lokalen Wertschöpfung und der Sektorenkopplung profitieren.

Welche Effekte auf Umwelt und Luftqualität erwarten Sie durch den Einsatz von Elektrobussen?

André: Hier in der Eifel sind Luftverschmutzung und Lärmbelastung durch Dieselmotoren natürlich nicht so ein großes Thema wie in Großstädten. Insgesamt ist es aber selbstverständlich ein Beitrag zum Klimaschutz, wenn wir keinen Diesel mehr verbrennen.

Wenn der Test erfolgreich ist: Welche Strecken oder Linien in Ihrem Gebiet könnten als nächstes bzw. außerdem noch elektrisch betrieben werden, und wie sieht Ihre Vision für den Busverkehr in der Eifel aus?

André: Früher hieß es oft, dass man wegen der geringen Reichweite von Elektrobussen insgesamt mehr Fahrzeuge bräuchte. Nach unserem Test können wir aber sagen: Mit zehn Elektrobussen können wir die drei Hauptlinien 460, 465 und 466 komplett elektrisch bedienen und dafür brauchen wir keinen einzigen Bus mehr als bisher. Die Zukunft des Busverkehrs in der Eifel sehen wir sauber, leise und auf jeden Fall elektrisch – gespeist aus lokal erzeugtem erneuerbarem Strom.

Herr André, vielen Dank für die Einblicke und das spannende Gespräch!

Marcel Schillen, Geschäftsführer des VRT, sagt bei einem Besuch des Busunternehmens André in der Eifel mit Elektrobus-Probefahrt:

„Die erfolgreiche Erprobung der E-Busse gerade in der topographisch anspruchsvollen Schneifel hat gezeigt, dass die oft genannten zu geringen Laufleistungen von E-Bussen unbegründet sind. Von daher werden auch in bergigen Regionen zukünftig E-Busse als wichtiger Baustein klimaneutraler Mobilität mitgedacht.“

(Quelle: VRT Trier)

 

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