Pendler-Radrouten in RLP: Grüne für mehr zentrale Planung – Schmitt skeptisch

Sieben vorgesehene Pendler-Radrouten sind seit 2014 definiert, doch fertig sind sie noch nicht. Nun liegt eine Idee für mehr Tempo auf dem Tisch.

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Foto: Jonas Walzberg/dpa/Archiv

MAINZ. Auf dem Rad oder E-Bike zur Arbeit, Schule, Behörde – auf durchgängigen, gut befahrbaren Wegen. So lautet das Konzept der Pendler-Radrouten, von denen in Rheinland-Pfalz zunächst sieben geplant sind. Die Korridore wurden schon 2014 in einer Studie ermittelt, doch bei der Umsetzung hakt es bisweilen. Die Grünen wollen mehr Tempo reinbringen – und haben eine Idee, wie das funktionieren soll.

Die geplanten Routen sollen zusammen rund 370 Kilometer lang sein. Sie führen unter anderem von Bingen nach Mainz, zwischen Worms und Karlsruhe/Wörth, von Konz via Trier bis Schweich, von Landau bis Neustadt/Weinstraße, von Kaiserslautern bis Landstuhl sowie von Koblenz nach Norden bis zur Landesgrenze und nach Süden bis Boppard.

ADFC sieht Land auf keinem guten Weg

Derzeit sind laut dem FDP-geführten Verkehrsministerium rund 330 Kilometer nutzbar und würden noch verbessert. 75 Kilometer seien schon im Standard Pendler-Radroute oder in Umsetzung, 42 Kilometer erforderten einen vollständigen Neubau.

Die Fraktionsvorsitzende der rheinland-pfälzischen Grünen, Pia Schellhammer. Foto: Helmut Fricke/dpa

Im Radverkehrs-Entwicklungsplan Rheinland-Pfalz 2030 heißt es, bis 2026 solle ein landesweites flächendeckendes System hierarchisch abgestufter Radverkehrsnetze mit definierten Qualitätsstandards existieren. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Rheinland-Pfalz hält es jedoch für unklar, wie das erreicht werden soll. Geschäftsführer Robert Wöhler sagt: «Wer täglich pendelt, braucht durchgängig sichere, direkte und komfortable Strecken – keine Flickenteppiche, die ‚irgendwie befahrbar‘ sind.»

Schellhammer nimmt Unmut wahr

Der Kniff der Grünen für mehr Geschwindigkeit lautet: zentralere Planung. Die Baulastträgerschaft für solche Routen solle in der kommenden Wahlperiode von den Kommunen auf das Land übergehen, sagt Pia Schellhammer, Fraktionschefin der Grünen im Mainzer Landtag. Die 40-Jährige ist auch Teil des dreiköpfigen Teams um Spitzenkandidatin Katrin Eder, mit dem die Grünen in den Wahlkampf zur Landtagswahl im kommenden März gehen.

«Wir sehen, dass die Menschen immer mehr das Rad im Alltag nutzen», sagt Schellhammer. Die Zahl der E-Bikes steige. «Wir merken, dass es Unmut gibt, wenn ein Radweg nicht so schnell gebaut wird. Das liegt oft an der kleinteiligen Planung von Kommune zu Kommune.» Es brauche also Beschleunigung, auch weil die sieben Routen nicht das Ende der Fahnenstange sein sollten.

Beim ADFC stößt das auf offene Ohren. «Aus unserer Sicht sind die zersplitterten Zuständigkeiten – für eine Pendlerradroute sind viele Kommunen zuständig – ein Hauptgrund dafür, warum es so langsam vorangeht», sagt Wöhler. Es freue ihn, dass eine der aktuellen Regierungsfraktionen dies auch so sehe.

Den ADFC stört bei der Umsetzung der Routen die Abhängigkeit von lokalen Beschlüssen, Haushalten und Planungskapazitäten. Das System sei für überörtliche Korridore zu langsam. Planung, Finanzierung und Bau müssten aus einer Hand erfolgen, idealerweise beim Landesbetrieb Mobilität (LBM). Der Wiederaufbau des Ahr-Radwegs nach der Flutkatastrophe vom Sommer 2021 habe gebündelte Verantwortlichkeit gezeigt, dass Projekte schneller vorankommen könnten.

Verweis auf Windkraft-Anlagen

Schellhammer verweist auf ein anderes Thema, bei dem sich das «Hochziehen der Verantwortlichkeit auf die Landesebene» bereits bewährt habe: die Genehmigung von Windkraft-Anlagen. Der Schritt passe im Fall der Radrouten auch insofern, als diese ebenfalls eine überörtliche Bedeutung hätten. Baden-Württemberg sei diesen Schritt bei den Radrouten schon gegangen und habe gute Erfahrungen gemacht, sagt die Grünen-Politikerin.

Konkret sollen die Kommunen nach den Plänen der Grünen weiterhin an den Projekten beteiligt sein. «Aber die ganze Durchführung des Projekts liegt dann in einer Hand beim Landesbetrieb Mobilität», erklärt Schellhammer.

Ministerium warnt vor neuen Verwaltungsschleifen

Aus dem Verkehrsministerium heißt es auf Anfrage, die Verlagerung der Baulastträgerschaft löse keine einzige der tatsächlichen Herausforderungen – weder bei der Planung und dem Baurecht noch bei der Finanzierung oder den Zustimmungen vor Ort. «Es wäre reine Symbolpolitik ohne jeden praktischen Effekt.»

Ein Wechsel der Baulastträgerschaft würde neue Verwaltungsschleifen schaffen, so das Ministerium. Das Land unterstütze die Kommunen mit Fachpersonal, mit zentraler Koordinierung über den Landesbetrieb Mobilität und mit hohen Förderquoten. «So entsteht Tempo – nicht durch Zuständigkeitsdebatten, sondern durch Kooperation.»

Die Pendler-Radrouten verliefen weitgehend auf kommunaler Infrastruktur – auf Ortsstraßen, Wirtschaftswegen und bestehenden Radwegenetzen. «Das Land kann und will hier nicht über die Köpfe der Kommunen hinweg entscheiden.» Und wer glaube, das Land könne mit eigener Baulast schneller bauen, ignoriere die Realität. «Die Verfahren wären die gleichen – ob Kommune oder Land: das gleiche Planungsrecht, die gleichen Umwelt- und Beteiligungsverfahren.»

Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Foto: Helmut Fricke/dpa

Auch die Grünen betonen, dass bereits in der aktuellen Wahlperiode einige Verbesserungen auf den Weg gebracht wurden. Es sei etwa beim Landesbetrieb Mobilität (LBM) eine Fachgruppe Radverkehr in der Zentrale etabliert und separate Radverkehrsteams seien in den regionalen Dienststellen des LBM eingerichtet worden.

Schmitt: Landesregierung hält Wort

Schellhammer verweist auch auf die Novelle des Landesstraßengesetzes aus dem Verkehrsministerium von Daniela Schmitt (FDP), mit der eine Beschleunigung für «straßenbegleitende Radwege» auf den Weg gebracht werde. Die Gesetzesänderung passierte am Dienstag das Kabinett und kommt nun in den Landtag. Aus dem Verkehrsministerium heißt es dazu, sie mache Planungen einfacher, digitaler und schneller. «Diese Beschleunigung gilt bereits – für alle Projekte, egal wer die Baulast trägt.»

Mit Blick auf das Ziel im Radverkehrs-Entwicklungsplan betont Ministerin Schmitt: «Wir halten entsprechend unseres Koalitionsvertrags Wort: Alle Routen sind bis 2026 im Bau, die meisten Kilometer sind schon nutzbar.» (Quelle: Christian Schultz, dpa)

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