Ist RLP auf die nächste Pandemie vorbereitet? „Immensen Erfahrungsschatz gesammelt“

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Die Corona-Pandemie werde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Pandemie gewesen sein, schreibt das Gesundheitsministerium.Foto: Andreas Arnold / dpa

MAINZ/ANDERNACH. Vor fünf Jahren gab es den ersten Corona-Fall in Rheinland-Pfalz. Was hat das Land aus der Pandemie gelernt – und hilft uns das in Zukunft?

Von Mona Wenisch, dpa

Überlastete Gesundheitsämter, teure und knappe Masken, geschlossene Schulen: Mancher möchte diese Erlebnisse aus der Corona-Pandemie schnell vergessen. Doch die Erfahrungen könnten Rheinland-Pfalz helfen – um sich auf eine mögliche neue Pandemie vorzubereiten.

Die Corona-Pandemie wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Pandemie gewesen sein, schreibt das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium – und verweist auf die Globalisierung, hohe Mobilität der Bevölkerung und die Folgen des Klimawandels. Daher überprüfe das Land die damaligen Maßnahmen kritisch und treffe Vorsorge, etwa bei der medizinischen Ausrüstung, Entwicklung neuer Impfstoffe und Digitalisierung.

Was hat sich im Gesundheitswesen verändert?

Eine direkte Lehre aus der Corona-Pandemie ist etwa das Landesmateriallager, das derzeit in Andernach gebaut wird. Das Land zahlt für diese Vorsorge rund 9,3 Millionen Euro, so viel kosten Bau und Ausstattung. Die Fertigstellung ist in diesem Sommer zu erwarten.

Ebenfalls während der Coronazeit entstanden ist ein Projekt zum Abwassermonitoring. Bundesweit nehmen mittlerweile weitere 50 Kläranlagen teil. In Rheinland-Pfalz sind es Kaiserslautern, Koblenz, Mainz, Trier und Worms. «Es werden weiterhin in den Kläranlagen wöchentlich Proben entnommen, die in einem Labor auf die enthaltene Viruslast getestet werden», heißt es. Zunächst sei das Abwasser lediglich auf Corona, also SARS-CoV-2, untersucht worden. 2025 sind das Influenzavirus und RSV hinzugekommen.

Das Abwasser, hier in Mainz, wird ab diesem Jahr auch auf Influenza und RSV untersucht. Foto: Andreas Arnold / dpa / Archiv

Wie schätzt ein Virologe das ein?

«Während der Pandemie wurden Defizite offenbar. So gab es zum Beispiel Nachholbedarf bei der Digitalisierung und Vernetzung im Gesundheitswesen», sagt Bodo Plachter vom Institut für Virologie der Universitätsmedizin Mainz. «Die Pandemie war ein Auslöser, in vielen Bereichen Verbesserungen zu erzielen.» Man habe gelernt, wie wichtig Vernetzung sei.

Im neuen Landesmateriallager in Andernach werden ab Sommer Masken, Handschuhe & Co. auf den Ernstfall warten. Foto: Thomas Frey / dpa

Zum Landesmateriallager sagt Plachter, dass es zwar gut sei, kurzfristig Material verfügbar zu haben. «Aber man kann nicht so viel einlagern, dass es für eine ganze Pandemie reichen würde.» Plachter sieht noch eine andere Notwendigkeit: «Es ist also wichtig, Produktionskapazitäten aufzubauen, damit in Deutschland oder zumindest der EU zum Beispiel Schutzkleidung und Masken produziert werden können. Auch die Medikamentenherstellung sollten wir nach Europa zurückholen.»

Was hat sich seit der Pandemie an Schulen getan?

Fast alle Schulen im Land verfügen laut Bildungsministerium mittlerweile über eine grundlegende WLAN-Ausstattung, bei mehr als 80 Prozent der Schulen seien sogar alle pädagogisch genutzten Räume mit WLAN abgedeckt. «So sind auch die Schulen vor Ort besser ausgerüstet als noch vor einigen Jahren.»

Seit dem Ende der Pandemie habe das Ministerium den Schulen den Messengerdienst Schulchat, den kostenfreien Zugang zur KI-Plattform fobizz und ein breites Fortbildungsangebot zur Verfügung gestellt. Es sei zudem die psychosoziale Unterstützung ausgebaut und die Zahl der Schulpsychologinnen und -psychologen am Pädagogischen Landesinstitut erhöht worden.

Die Schulen seien mittlerweile besser ausgerüstet, als noch vor einigen Jahren, sagt das Ministerium. Foto: Thomas Frey / dpa / Archiv

Mittlerweile gebe es einen anderen Blick auf den Stellenwert von Kitas, Schulen und des Präsenzunterrichtes, heißt es. «Insgesamt ist die Konsequenz, dass Schulschließungen zukünftig nur die Ultima Ratio sein können.» Die nächste Pandemie werde anders sein als die vergangene, schreibt das Ministerium. Man könne nicht auf jeden Ernstfall bis ins kleinste Detail vorbereitet sein. «Aber wir können ein System Kita und Schule schaffen, dass im Falle des Falles flexibel angepasst werden kann.»

Was hat sich in den Pflegeheimen geändert?

Nach Angaben des Sozialministeriums haben die Pflegeeinrichtungen im Land inzwischen Pandemiepläne erarbeitet. «Die Mitarbeitenden sind im Umgang mit ansteckenden Krankheiten sensibilisiert», hieß es. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die Einrichtungen auf eine Pandemie mit ähnlichen Auswirkungen und Anforderungen vorbereitet sein dürften.

Pflegeeinrichtungen sollten ihre Pandemiepläne regelmäßig anpassen, hieß es. «Wichtig ist es Mitarbeitende immer wieder dahingehend zu schulen, Bewohnerinnen und Bewohner zu sensibilisieren.»

Haben auch die Menschen was gelernt?

«In der Bevölkerung wird die Pandemie möglicherweise schnell vor dem Hintergrund anderer Krisen vergessen werden», sagt Virologe Plachter. «Aber mittlerweile haben viele gelernt, wie man eine Maske verwendet. Dies und andere, eingeübte Maßnahmen, sich zu schützen, kann für die Zukunft helfen.»

Eine Impfung gehöre zur individuellen Prävention, sagt das Ministerium. Foto: Sebastian Gollnow / dpa / Archiv

Die individuelle Gesundheitsprävention spiele eine entscheidende Rolle im Umgang mit zukünftigen Pandemien, erklärt das Gesundheitsministerium. «Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass gesunde Menschen nicht nur ein geringeres Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben, sondern dass Prävention auch zur Entlastung des gesamten Gesundheitssystems beiträgt.» Zur Prävention gehöre neben Hygienemaßnahmen auch die Impfbereitschaft.

Ist Rheinland-Pfalz jetzt besser vorbereitet auf eine Pandemie?

«Rückblickend ist es immer einfach zu sagen, was wir hätten anders oder besser machen können», sagt Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). «Zur Wahrheit aus heutiger Sicht – fünf Jahre später – gehört aber auch, dass wir hätten niemals Spielplätze schließen und vor allem sehr viel früher wieder eine Präsenz in den Schulen zulassen sollen.»

Auch für eine neuerliche Pandemie gebe es keine Blaupause, schreibt das Bildungsministerium. Die Erkenntnisse der vergangenen Jahre würden aber helfen, künftige Herausforderungen zu bewältigen. «Wir haben einen immensen Erfahrungsschatz gesammelt. Daraus können wir für künftige Ereignisse Lehren ziehen», sagt Virologe Plachter. Das Gesundheitsministerium zieht das Fazit: «Wir sind um Längen besser aufgestellt als im Jahr 2020.»

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