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BERLIN. Die Grünen-Abgeordnete Misbah Khan ist enttäuscht, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund auch im neuen Bundestag weit unter ihrem Anteil an der Bevölkerung liegt. «Ich halte nichts von einer Migrantenquote, aber mehr Durchlässigkeit und eine andere Ansprache wären gut».
Dies sagt die Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz vor der Veröffentlichung aktueller Daten zu Menschen mit Einwanderungsgeschichte im frisch gewählten Parlament durch den Mediendienst Integration. Die Organisation hatte für den 2021 gewählten Bundestag einen Anteil von der Menschen mit Migrationshintergrund von 11,3 Prozent veröffentlicht, nach 8,2 Prozent in der Wahlperiode davor. In der Grünen-Fraktion des Bundestages von 2021 lag der Anteil mit 13,6 Prozent damals über dem Durchschnittswert.
«Bei den Grünen habe ich nie das Gefühl gehabt, dass es ein Problem ist, einen Migrationshintergrund zu haben», sagt Khan, die Muslimin pakistanischer Herkunft ist. Bei Muslimen in der CDU habe sie dagegen den Eindruck, «das ist ein ganz anderer Kampf». Laut Recherchen des Mediendienstes war die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag von 2021 mit 4,6 Prozent die Fraktion mit dem geringsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund.
Verunsicherung durch Debatte über Entzug der Staatsangehörigkeit
Für große Verunsicherung unter Menschen mit Einwanderungsgeschichte habe zuletzt der Vorschlag aus der Union, Eingewanderten mit doppelter Staatsangehörigkeit, die straffällig werden, den deutschen Pass wieder wegzunehmen, sagt Khan – zumal der Doppelpass für einige Eingebürgerte gar keine freiwillige Entscheidung sei, da einige Staaten ihre Bürger gar nicht aus der Staatsbürgerschaft entließen.
Im Jahr 2023 hatte laut Mikrozensus etwa 29,7 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Knapp die Hälfte davon waren deutsche Staatsbürger. Als Menschen mit Migrationshintergrund gilt, wer bei der Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hatte, sowie Menschen, die mindestens einen Elternteil haben, auf den das zutrifft.
Als sie Bundestagsabgeordnete geworden sei, habe sie überlegt, ob sie ihre Religionszugehörigkeit im öffentlich zugänglichen Abgeordnetenverzeichnis des Bundestages angeben solle oder nicht, sagt Khan, die in Rheinland-Pfalz früher Grünen-Landesvorsitzende war. Sie habe sich gefragt, ob der Glaube eine Information sei, die andere Menschen etwas angeht oder nicht und auch, ob sie dadurch womöglich noch stärker zur Zielscheibe für Rechte werden würde. Sie habe sich dann dafür entschieden, «und es war eine richtige Entscheidung», bilanziert die Abgeordnete. Denn erstens sei es wichtig, Vielfalt auch sichtbar zu machen. Und zweitens hätten sich dadurch einige Menschen mit ihren Anliegen an sie gewandt, die eine ähnliche Biografie haben. (Quelle: dpa)