Am gestrigen Samstag fand die 16. Trierer Museumsnacht statt. Fünf Trierer Museen präsentierten von 18.00 bis 24.00 Uhr ihre Schätze, musikalisch umrahmt und oft mit Bewirtung. Eine besondere Premiere gab es dabei im Museum am Dom.
Von Alexander Scheidweiler
Die Atmosphäre ist geradezu mediterran am gestrigen Samstagabend: Es ist ein nicht nur lauer, sondern fast noch heißer, verspäteter Sommerabend im September, an dem die 16. Trierer Museumsnacht stattfindet, bei der das Stadtmuseum Simeonstift, das Rheinische Landesmuseum, das Karl-Marx-Haus, die Schatzkammer der Wissenschaftlichen Bibliothek und das Museum am Dom von 18.00 Uhr bis Mitternacht ihre Schätze zeigen, jeweils mit musikalischem und teilweise auch kulinarischem Rahmenprogramm.
Im Museum am Dom ist der klassizistische Torbogen in warmem Orange einladend illuminiert. In der Remise des Museums bietet die Trierer Suppenbar „Zuppa“ ihre Köstlichkeiten an, während Besucher es sich an den Tischen im Innenhof bequem gemacht haben, um der PIKS Swing Company zu lauschen, die Klassiker aus Dixie, Swing, Latin und Evergreens zum Besten gibt. Rund um den kleinen Rasen-Vorplatz des Dommuseums und besonders in dem zusätzlich durch eine kleine Baumgruppe abgeschirmten, etwas abgesenkten Innenhof wähnt man sich an diesem Abend fast in Florenz oder Siena – ein bisschen Toskana-Flair an der Mosel.
Neben einer Führung zum Thema Nachhaltigkeit am Beispiel kostbarer historischer Textilien und antiker Bausubstanz – „Nachhaltigkeit – (keine) Erfindung der Neuzeit?“ – sowie Führungen zur konstantinischen Deckenmalerei, zum Trierer Dom und zum spätantiken Grabbau St. Maximin gibt es bei dieser Museumsnacht eine besondere Premiere im Dommuseum: In diesem Jahr erhielt das Museum mehrere bemerkenswerte Barockgemälde als Dauerleihgabe aus einer privaten Sammlung. Anna Hoppe vom Museum am Dom stellt sie in Rahmen der Führung „Barocke Schätze zu Gast im Museum“ erstmalig der Öffentlichkeit vor.
Es ist ein kompakter Gang durch die Kunstgeschichte des Barock, der die unterschiedlichen Stile und ihre Entwicklung sowie vielfältige kulturgeschichtliche Bezüge im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen führt.
So ist die „Salome“ eines namentlich nicht bekannten Künstlers ein Werk des Frühbarock aus dem 16. Jahrhundert, fast noch renaissancehaft, wie Hoppe erläutert. Das Gemälde sei „der Schule von Fontainebleau nachempfunden“, die der Roi-chevalier Frankreichs, Franz I., als Mäzen förderte. Die Kunstbegeisterung des Königs, der den greisen Leonardo nach Frankreich holte, wo dieser die monomental-verschlungene Zaubertreppe seines Loire-Schlosses Chambord entwarf, ließ ihn Maler des Manierismus und des Frühbarock fördern. Die Salome mit nacktem Oberkörper im Dommuseum zeigt die Vorliebe der Schule von Fontainebleau für erotische Motive, führt Hoppe aus, wenngleich das Statuarische des Gemäldes noch wenig barock wirkt, sondern der Renaissance verhaftet bleibt. Gerade auf der Ambivalenz von Sinnlichkeit und Zurückhaltung in der Gestalt der Salome beruhe die spezielle Wirkung dieses Bildes auf den Betrachter.
Den anderen Pol der zeitlichen und stilgeschichtlichen Skala bildet eine „Maria mit Kind“ des istrischen Malers Francesco Trevisani, der phasenweise in den Diensten des Kardinalnepoten Ottoboni stand, der auch den für die Entwicklung der Kammermusik so bedeutenden Komponisten Archangelo Corelli förderte. Das Gemälde des 1746 verstorbenen Trevisani steht bereits an der Grenze zum Rokoko. Als Laie meint man fast schon ein wenig Fragonard in Trevisani zu erblicken. Während in der Renaissance Maria und der Jesusknabe häufig stark stilisiert dargestellt werden, kommt im Barock ein emotionales Moment in die Darstellung hinein, erklärt Hoppe. Wie Maria und Jesus bei Trevisani mit der symbolträchtigen Lilie spielen, sei „ein inniger Moment“ zwischen Mutter und Kind, der durch das sanfte Licht unterstrichen werde. Dieser intime Moment streiche „das Mutter-Sein Marias“ heraus, was typisch für das Werk des Künstlers sei.
Zwischen diesen Polen entfaltet die Ausstellung ein Spektrum von Gemälden, an denen sich faszinierende kulturgeschichtliche Aspekte ablesen lassen, wie Hoppe immer wieder aufzeigt:
Da ist zum Beispiel der „Hiob mit Frau und Teufel“ des Flamen Hendrik de Somer, der fast ausschließlich in Italien wirkte. De Somer war über seinen Lehrer Jusepe de Ribera ein Enkelschüler Caravaggios, was sich im gezeigten Gemälde an den ausgeprägten Hell-Dunkel-Kontrasten des Chiaroscuro zeigt, die auf Caravaggio zurückgehen und die für den Barock im Allgemeinen stilbildend wurden.
Oder da ist eine „Geburt Mariä“ aus dem 17. Jahrhundert, vermutlich in Spanien von einem unbekannten Künstler geschaffen: Die vier abgebildeten Frauen sind kompositorisch auf einer Ebene und somit gleichrangig angeordnet, links neben Anna, die die neugeborene Maria auf dem Schoß hält, ist prominent eine Franziskanerin platziert, die sich zu der kleinen Maria hinneigt. In dieser Ordensfrau ist Jéronima de la Fuente dargestellt, sagt Hoppe. Die 1734 seliggesprochene Äbtissin war die erste Frau, die auf den Philippinen Klöster gründete und seelsorgerisch tätig war. Kein Geringerer als Diego Velasquez malte 1620 ihr Portrait. Tatsächlich kümmerte Jéronimas Kloster in Toledo sich um die Nachsorge von Neugeborenen, so dass sie hervorragend zur dargestellten Szene passt. Im Vordergrund des Gemäldes ist die Schale zur Verbrennung der Nachgeburt zu sehen, auch dies ein interessantes, kulturgeschichtliches Detail, das die Verortung der Szene in Sevilla nahelegt, so Hoppe.
Als einziges Gemälde ohne biblischen Bezug hat das „Stilleben mit totem Hase“ des Niederländers Jan Baptist Weenix eine gewisse Sonderstellung. Das Motiv könne als Memento mori verstanden werden, so Hoppe, es könne aber auch als Trophäenbild gedeutet werden, das auf das adlige Privileg der Jagd Bezug nehme und so der Repräsentation des Auftraggebers diene. Gerade die Kombination eines erlegten Hasen mit einem erlegten Vogel sei im Barock äußerst beliebt gewesen. Die Landschaft, in die das Gemälde sich im Hintergrund öffnet, könnte die Jagdgründe darstellen.
Der Applaus, den die Kunsthistorikerin am Ende der Führung von den rund 30 interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern erhält, sowie der Umstand, das einige noch Nachfragen an sie richten, sie ins Gespräch ziehen, zeigen, dass die die barocke Tour d’Horizont am Beispiel dieser bedeutenden Dauerleihgabe das Publikum in dieser Museumsnacht begeistert hat. Der Besuch der Sammlung sei allen Freunden der Malerei wärmstens empfohlen.











