Notbremse bei Exhaus: Partys auf verkohlten Stützbalken

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Schäden an der Decke des Exhauses Trier. Foto: Gebäudewirtschaft

TRIER. Das Jugendkulturzentrum Exhaus in Trier-Nord muss geschlossen werden. Grund sind gravierende Baumängel aus der Vergangenheit. Diese Nachricht sorgte vergangene Woche für große Betroffenheit – und das nicht nur in Trier.

Eine Mauer soll nur versetzt werden, da zeigt sich: An einem tragenden Balken der hinter der Mauer verborgenen Dachkonstruktion im Nordflügel des Exhauses gibt es einen Brandschaden. Der Balken trägt nicht, die Statik ist beeinträchtigt.

Ein anderer tragender Balken im Mittelteil ist zu 100 Prozent überlastet. Eine Etage höher sind Balken, die sich hinter abgehängten Decken verbergen, vor Jahrzehnten einfach abgesägt worden, um Platz zu schaffen. Auch hier ist die Statik beeinträchtigt. Von „dilettantischen Flickarbeiten“ spricht Jürgen Eckstein, Projektleiter Exhaus von der städtischen Gebäudewirtschaft. Hier sei offenbar „mit viel Engagement, aber wenig Sachkenntnis“ jahrzehntelang gewerkelt worden.

Stadtvorstand zieht Notbremse

Sichtbar geworden sind die im Nachhinein betrachtet sogar höchst gefährlichen Flickschustereien in den vergangenen Monaten. Die Stadt arbeitet seit Mai 2018 an der Brandschutzsanierung und an der Herstellung von Barrierefreiheit im Exhaus. Erst der Blick hinter den Putz mancher Mauer, unter die abgehängte Decke oder die detaillierte Feuchtigkeitsuntersuchung alter Holzbalken haben die Misere ans Licht gebracht. Der Stadtvorstand zieht schließlich Mitte der Woche die Notbremse. Es sei nicht zu verantworten, dass in dem Gebäude weiterhin gearbeitet und gefeiert werde, sagt Baudezernent Andreas Ludwig.

Der Mittelteil des Gebäudes war bereits seit September gesperrt, nun sind auch Nord- und Südflügel dicht. Der Kinderhort, den das Exhaus betreibt, wurde im Herbst bereits in die Ambrosius-Schule verlegt. Nun müssen auch die knapp ein Dutzend verbliebenen Mitarbeiter des Vereins ihre Büros räumen.

Die beliebten Konzerte waren zuletzt wegen der Brandschutzsanierung schon eingeschränkt, nun müssen die geplanten Termine abgesagt oder verschoben werden. Vor allem das sorgt für großes Aufsehen, Szenemagazine und Internetblogs quer durch die Republik berichten über die Schließung. Das zeigt, welches hohe Ansehen das Exhaus sich auch außerhalb Triers als alternativer Veranstaltungsort erarbeitet hat.

Nur mit den bisher vom Stadtrat für rund 4,3 Millionen Euro beschlossenen Brandschutzsanierungsmaßnahmen aber wird das Exhaus nicht zu retten sein, stellen Bürgermeisterin und Sozial- und Jugenddezernentin Elvira Garbes sowie Baudezernent Andreas Ludwig bei einer Pressekonferenz am Donnerstag fest. Der Stadtvorstand geht davon aus, dass eine Generalsanierung des Gebäudes nötig ist. Die könnte, schätzt Andreas Ludwig, einen zweistelligen Millionenbetrag kosten. Schließlich ist das Gebäude denkmalgeschützt. Nächster Schritt ist daher, dass der Stadtrat eine Haushaltsunterlage (HU) Bau bei der Gebäudewirtschaft beauftragen sollte, also ein Nutzungskonzept und eine seriöse Kostenermittlung für die Sanierung – die dann Jahre dauern könnte.

Der Exhaus-Betreiberverein, der momentan in einem Insolvenzverfahren ist, richtet nach dem ersten Schock den Blick nach vorne. Geschäftsführer Cornelius Günther spricht am Freitag von viel Solidarität, die es gleich nach der schlechten Nachricht gegeben habe. „Vielleicht“, sagt der Geschäftsführer, „ist die Krise für uns eine echte Chance für den Neubeginn.“ Für die Entscheidung, das Haus zu schließen, hat er Verständnis: „Sicherheit geht vor. Wir sind froh, dass nie etwas passiert ist.“

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