“Fall Dillinger”: Neffe fassungslos – hat die Polizei wichtiges Material vernichtet?

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Missbrauch in der katholischen Kirche; Symbolbild; Foto: dpa

SAARBRÜCKEN. Im Fall des unter Missbrauchsverdachts stehenden und Ende 2022 gestorbenen saarländischen Priesters Edmund Dillinger hat dessen Neffe Vorwürfe gegen die Behörden erhoben.

Die saarländische Polizei habe wichtige Unterlagen aus der Hinterlassenschaft seines Onkels, die zur Aufarbeitung von Betroffenenseite wichtig gewesen wären, vernichtet, sagte Steffen Dillinger am Donnerstag. Es handle sich unter anderem um Kalender, in denen der Geistliche täglich Termine, Anrufe und Treffen «akribisch» festgehalten habe. Zuvor hatte die «Rhein-Zeitung» darüber berichtet.

Die Terminbücher mit den Einträgen reichten bis 1962/63 zurück, sagte Dillinger. Er habe diese und andere Unterlagen am vergangenen Freitag bei der Polizei in Saarbrücken abholen wollen. «Und da hat man mir gesagt, das Material sei der Müllverbrennung zugeführt worden», sagte Dillinger, der beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden arbeitet. «Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film.» Lediglich «einen dickeren DIN A4-Ordner» mit Papieren habe man ihm gegeben.

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken teilte am Donnerstag mit, sie werde «so zeitnah wie möglich» zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Dies werde spätestens im Laufe des Freitags der Fall sein, sobald «die entsprechenden Informationen» vorliegen würden, sagte ein Sprecher.

Über Jahrzehnte soll der Priester vor allem Jugendliche sexuell missbraucht haben und seine Opfer in teils pornografischen Posen fotografiert haben. Nach dem Tod des Mannes hatte dessen Neffe rund 1000 ungerahmte Dia-Aufnahmen in dessen Haus in Friedrichsthal gefunden – und war damit im April an die Öffentlichkeit gegangen.

Der ehemalige Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer, der den Missbrauchsfall in einem eigenständigen Projekt der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Trier untersuchen soll, teilte mit: «Sollte das Material tatsächlich vernichtet worden sein und den behaupteten Inhalt gehabt haben, wäre das ein schwerer Schlag für die Aufarbeitung. Wir hatten uns von den Unterlagen wichtige Ansätze für weitere Recherchen insbesondere nach Betroffenen erhofft.»

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1 Kommentar

  1. Da stinkt doch etwas gewaltig zum Himmel! Insgesamt! Wer soll hier gedeckt werden oder welche relevanten Informationen sollen hier unterm Deckmäntelchen verschwinden? Andererseits stelle ich mir die Frage, weshalb sowas nicht direkt …. Und sei es nur per Fotografie ….. digitalisiert wird und gleich doppelt und dreifach gesichert wird?! Das ist auch eine Arbeit die der geschätzte Neffe hätte machen können : ja, müssen, angesichts der Tragweite die der Fall birgt. PS: Es zeigt sich hier wieder …. Man kann sich eigentlich nur noch selbst (ver)trauen.

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