Geisterfahrer-Drama auf der A60: Warum der Prozess gegen den US-Soldaten in Trier startet

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Eingang des Landgerichts Trier mit Glasdach, umgeben von Fenstern und Büschen bei Tageslicht.
Das Trierer Landgericht; Foto: lokalo.de (se)

TRIER.  Am 3. Mai dieses Jahres verwandelte sich die A60 bei Landscheid in der Eifel innerhalb weniger Sekunden in einen tödlichen Unfallort. Drei junge Frauen waren in der Nacht unterwegs, als ihnen ein Fahrzeug frontal entgegenkam – ein Geisterfahrer. Die 23-jährige Fahrerin starb noch am Unfallort, ihre beiden Mitfahrerinnen wurden schwer verletzt. Nun beginnt am kommenden Dienstag (18. November) in Trier der Prozess gegen den mutmaßlichen Verursacher: einen 24-jährigen US-Soldaten, stationiert auf der Air Base Spangdahlem.

Dabei ist dieser Prozess nicht nur aufgrund der tragischen Vorgeschichte außergewöhnlich – sondern auch wegen der juristischen Besonderheiten.

Warum Deutschland diesmal selbst richtet – ein seltener Schritt

Normalerweise werden Straftaten von US-Soldaten in Deutschland der US-Militärjustiz überlassen. Das legt das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut fest. Verfahren, in denen Amerikaner auf deutschem Boden beschuldigt werden, enden daher typischerweise vor einem Militärgericht auf der Air Base Spangdahlem – nicht vor einem deutschen Richter.

Doch diesmal ist alles anders.

Die Staatsanwaltschaft Trier entschloss sich, den Fall nicht abzugeben. Ein außergewöhnlicher Schritt, den der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen gegenüber der dpa als „selten“ bezeichnete. In den vergangenen Jahrzehnten sei ihm kein vergleichbarer Vorgang im Zuständigkeitsbereich bekannt geworden.

Der Grund für diese Entscheidung ist entscheidend: Die Hinterbliebenen und die verletzten jungen Frauen sollen als Nebenkläger am Verfahren teilnehmen können. Unter US-Militärrecht wäre das nicht möglich gewesen, da dort keinen Nebenklagezugang existiert.

Schwere Vorwürfe – und ein Angeklagter in Militärgewahrsam

Nach bisherigen Ermittlungen soll der US-Soldat mit rund 1,4 Promille Alkohol im Blut in falscher Richtung auf die A60 aufgefahren sein. In hohem Tempo prallte sein Wagen frontal mit dem Auto der drei Frauen zusammen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung vor.

Obwohl ein deutscher Haftbefehl gegen ihn vorliegt, sitzt der Soldat nicht in einer deutschen U-Haft – sondern im Gewahrsam der US-Streitkräfte in Spangdahlem. Dort wird er bewacht und zu jedem Prozesstermin nach Trier überstellt.

Kommt es zu einer Verurteilung ohne Bewährung, würde die Strafe von der deutschen Justiz vollstreckt werden.

Nebenkläger, Termine und ein brisanter Hintergrund

Fünf Nebenkläger sind zugelassen – darunter die beiden überlebenden Frauen, die schwer verletzt wurden. Auch Angehörige der getöteten 23-Jährigen sind Teil des Verfahrens. Das Gericht hat bereits weitere Termine am 26. November und 3. Dezember angesetzt.

Die Staatsanwaltschaft sah aufgrund der Schwere des Falls die Zuständigkeit beim Landgericht Trier, nicht beim Amtsgericht.

Doch der Prozess wirft auch grundsätzliche Fragen zur Zusammenarbeit zwischen deutscher und US-Militärjustiz auf.

Rückblick: Der Fall Wittlich – ein Freispruch vor US-Gericht

Der Umgang mit US-Soldaten vor Gericht hatte bereits im vergangenen Jahr für Diskussionen gesorgt. 2023 wurde ein 28-jähriger Deutscher auf der Säubrennerkirmes in Wittlich erstochen. Die Ermittlungen wurden an die US-Justiz übergeben. 2024 folgte der Freispruch für den angeklagten GI – obwohl der Mann zuvor bei deutschen Behörden gestanden hatte. Dieses Geständnis wurde von der US-Militärrichterin nicht als verwertbar angesehen.

Umso bemerkenswerter ist nun die Entscheidung, im aktuellen A60-Fall selbst zu ermitteln und zu verhandeln.

Fazit: Ein Prozess mit Signalwirkung

Der tödliche Frontalcrash auf der A60 war ein Schock für die Region. Doch der bevorstehende Prozess könnte über den konkreten Fall hinausgehen – er könnte zum Prüfstein werden für die Frage, wann Deutschland Verfahren gegen Soldaten verbündeter Streitkräfte selbst übernimmt.

Für die Angehörigen und die verletzten Frauen bedeutet die Entscheidung vor allem eines: Sie bekommen eine Stimme im Gerichtssaal.

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