
TRIER. Spätestens mit der Eröffnungspressekonferenz der Trierer Basketballer wird klar, die 25-jährige Bundesliga-Geschichte und der Name TBB gehören der Vergangenheit an. Die Treveri Basketball AG ist insolvent, der Nachfolger, die Gladiators, gehen in der ProA auf die Suche nach einem Neuanfang. Rosigen Zeiten gehen sie dort sicherlich nicht entgegen, denn der Etat ist auf Kante genäht.
Im Presseraum der Arena Trier, dort wo der Offene Kanal zuhause ist, stehen Trainer Marco van den Berg und Wolfgang Esser als Kopf des Sportbeirats der Presse Rede und Antwort. Bei der Bekanntgabe des kompletten vermutlich endgültigen Kaders ist jedem Anwesenden klar, dass dem neuen Verein (noch) weniger Geld zur Verfügung steht, als geplant.
Obwohl innerhalb des Gesamtetats eine nicht näher bezifferte Summe dem Spieleretat zugeschlagen wurde, liegt dieser laut Wolfgang Esser „unterhalb“ der Anfang Juli veranschlagten 470 000 Euro. Wie weit darunter, sagt er nicht. Ob der Verein bis zum Saisonstart am 26. September nochmals auf dem Transfermarkt aktiv werden wird, wollen Esser und van den Berg nicht ausschließen. Klar ist aber auch, dass nichts mehr geht, wenn nicht zusätzliches Geld akquiriert wird.
Sieben Spieler des Kaders sind mit Doppelllizenzen ausgestattet – damit sind sie sowohl für das Zweitliga-Team als auch für die zweite Mannschaft in der Regionalliga einsatzberechtigt. Es sind allesamt Akteure, die 21 Jahre und jünger sind. Die meisten haben bereits in der Vergangenheit für und in Trier gespielt – für die Nachwuchsteams in den Bundesligen oder die Regionalliga-Mannschaft. „Es war von Beginn an klar, dass wir wegen der begrenzten finanziellen Möglichkeiten keine gestandenen Profis verpflichten können“, sagt van den Berg. Und weiter: „Wir setzen auf junge Spieler, die sich entwickeln und beweisen wollen und nicht zuerst aufs Geld schauen.“
Der Kader umfasst 15 Spieler und ist mit einem Durchschnittsalter von nur knapp 22 Jahren die mit Abstand jüngste Trierer Herren-Mannschaft aller Zeiten. Neben den bereits offiziell genannten Spielern wurden heute weitere Spieler genannt, die das Profi-Team komplettieren. Darunter auch zwei echte Neuzugänge, Alexander Engel aus Baunach und Kevin Smit aus Vechta.
Wie lange Smit bleibt, ist noch offen. Der 24-jährige kommt als Ersatz für Alexander Engel und soll zunächst nur bis Ende Oktober bleiben. Solange wird Engel nämlich wohl noch ausfallen, der an einem Innenbandriss am Daumen der Wurfhand laboriert: „Wir hatten Alex gerade verpflichtet, als uns die Nachricht von seiner Verletzung erreichte“, erklärt der Coach. Nachdem klar war, dass er nach konventioneller Behandlung wohl „nur“ sechs Wochen ausfällt, fiel die Entscheidung, den Franken zu halten. „Als die Gelegenheit kam, Smit unter den genannten Konditionen zu verpflichten, haben wir zugeschlagen.“ Der Kader könnte als schon bald auf 14 Spieler schrumpfen, „sollten wir zusätzliches Geld zur Verfügung haben, würde ich Kevin gerne halten“, sagt van den Berg. Engel ist nicht der einzige Verletzte.
Derzeit nicht spielfähig ist auch der potentielle Kapitän, die Schlüsselfigur im Konzept des holländischen Trainers, Simon Schmitz. Der Ex-Bayreuther, mit fünf Jahren in der BBL der erfahrenste Spieler im Team und als Spielmacher auch der Strippenzieher auf dem Feld, hat sich vor Monaten eine Schambeinentzündung zugezogen. Eine heimtückische Verletzung alleine schon deshalb, weil sie keine zuverlässigen Prognosen über die Heilungsdauer zulässt. Deshalb gilt der Vertrag mit Schmitz, eine Saison plus eine weitere als Option ausgewiesen, vorbehaltlich des Gesundheitschecks Mitte September. Dennoch ein Risiko. Denn Schmitz wird auf keinen Fall zum Saisonstart am 26. September im Vollbesitz seiner Kräfte sein. Läuft es schlecht, fällt er noch länger aus. Dennoch sagt van den Berg über seinen Point Guard, den er als „absoluten Führungsspieler“ bezeichnet: „Wenn Simon wider Erwarten später fit wird, werden andere in die Bresche springen.“
Wie Engel („ein großes Talent – ein echter Spielmacher mit gutem Auge“) oder Smit („er kann das Spiel lesen“) oder auch Brandon Spearman, der von Point Guard bis Forward auf drei Positionen eingesetzt werden kann. Ihn lobt der Coach wegen seiner Geschwindigkeit, seines Handlings und einer offensichtlich gewordenen Charaktereigenschaft: „Er schaut nicht aufs Geld.“ Letzteres dürfte aber wohl auf alle Gladiatoren zutreffen, denn angesichts des Etats dürfte keiner des schnöden Mammons wegen nach Trier gekommen sein.
Auch Justin Raffington nicht. Auf den Center angesprochen gerät van den Berg regelrecht ins Schwärmen: „Er ist sehr athletisch, ein potentieller Starter auf der Vier (Anm. d. Red.: Power Forward) oder Fünf (Center), der am Junior College dauerhaft Double-Doubles aufgelegt hat.“ Der Stilist ist also für zweistellige Punktzahlen und Rebounds gut. Der Star des Teams könnte Dwayne Evans werden, von dem „vdB“ sagt, der zunächst keinen festen „Co“ bekommen wird: „Wäre er nicht ein Jahr verletzt gewesen, hätten wir ihn nicht verpflichten können. Dann hätten andere, zahlungskräftigere und höherklassige Vereine wohl das Rennen um den Forward/Powerforward gemacht, der in vier Jahren im Schnitt 14 Punkte und sieben Rebounds am College abgeliefert hat.
Und noch einer hat Star-Potential: Eric Anderson. In den letzten drei Jahren war er für seine Universität, die New Haven Chargers, jeweils bester Verteidiger und bester Rebounder in seiner Division. Für die Identifikation mit den Zuschauern – gerade in den ersten Wochen der Saison – sind Benedikt Breiling und Kilian Dietz („der Krieger an den Brettern“) zuständig, die unter den Akteuren aus dem eigenen Nachwuchs auch die ältesten und damit auch am weitesten entwickelt sind.
Das Ansinnen des Coachs, nicht nur eine Mannschaft, sondern auch Spieler zu entwickeln, ist fast übererfüllt. Während Nicolas Ensch, Lars Hopp und Rupert Hennen sich wohl noch etwas hintenan stellen müssen, sollten sich Marian Dahlem, Luca Breu und Sebastian Herrera über Einsatzzeiten freuen dürfen. Aus Herrera, der ein Angebot von ratiopharm Ulm hatte, sich aber für Trier entschied, will van den Berg „in den kommenden zwei Jahren“ einen Bundesligaspieler formen. Gespannt sein darf man auch Breu sein („sehr stark in der Verteidigung“), der durch eine langwierige Handverletzung in seiner Entwicklung zurückgeworfen wurde.
Einige der letztjährigen Kaderspieler der TBB gehören den Gladiators nicht an. Tim Leonhardt wechselt zu den S. Oliver Baskets Würzburg und spielt dort für die zweite Mannschaft in der Pro B (dritte Liga), sein Bruder Eric spielt künftig für seinen Heimatverein TV Saarlouis in der Pro B. Auch Johann Fritzen hat Trier verlassen, „er konzentriert sich zukünftig auf sein Studium“, sagt Esser.
Derzeit wird elf Mal pro Woche trainiert. Nach der kommenden Woche geht es für eine Woche nach Vittel (Frankreich) ins Trainingslager, dann folgen auch die ersten Vorbereitungsspiele, und zwar sieben an der Zahl, also eines pro Tag. Danach gibt es drei Spiele in Luxemburg, so in Contern (Trainer Helge Patzak) und Remich (Trainer Frank Baum) und dann noch eines in Wittlich und „vermutlich ein weiteres zuhause“. Und dann geht es los: am 26. September in der ProA gegen Baunach.
Der Kader
Point Guard: Simon Schmitz (25 Jahre), Alexander Engel (21/DL=Doppelllizenz), Kevin Smit (24), Rupert Hennen (17/DL), Luca Breu (19/DL), Marian Dahlem (20/DL)
Shooting Guard/Forward: Brandon Spearman (24), Benedikt Breiling (23), Lars Hopp (18/DL), Nicolas Ensch (17/DL), Sebastian Herrera (17/DL)
Power Forward/Center: Justin Raffington (24), Kilian Dietz (24), Dwayne Evans (23), Eric Anderson (22)