Berlin. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) beschlossen – mit weitreichenden Folgen für Patientinnen und Patienten: Der Versand von medizinischem Cannabis wird künftig verboten, ebenso der Bezug per Online-Rezept ohne Arztbesuch. Damit reagiert die Bundesregierung auf eine „bedenkliche Fehlentwicklung“ beim Cannabis-Konsum über Internetplattformen.
Persönlicher Arztkontakt wird Pflicht
Künftig dürfen Rezepte für Medizinalcannabis nur noch nach persönlichem Arztkontakt ausgestellt werden – also in der Praxis oder bei einem Hausbesuch.
Eine reine Online-Anamnese über Fragebögen oder Telemedizin ohne vorherige Untersuchung wird untersagt.
Auch bei Folgeverschreibungen soll mindestens ein persönlicher Arzttermin pro Jahr (vier Quartale) Pflicht bleiben. Nur unter dieser Voraussetzung darf anschließend telemedizinisch verordnet werden.
Das Ziel: strengere Kontrolle, bessere Aufklärung über Risiken, Suchtgefahr und mögliche Nebenwirkungen.
Cannabis-Versandhandel wird verboten
Der Gesetzesentwurf schließt den Versandweg vollständig aus.
Die Bundesregierung verweist auf die umfassenden Beratungspflichten der Apotheken, die nur im persönlichen Gespräch erfüllt werden könnten. Apotheken dürfen Cannabis künftig nur noch vor Ort abgeben oder per Botendienst liefern – nicht per Versandhandel.
Mit dem Schritt will das Gesundheitsministerium Online-Plattformen stoppen, die Rezepte teils automatisiert ohne ärztliche Untersuchung ausstellten.
BMG: „Bedenkliche Fehlentwicklung“ seit 2024
Seit der Legalisierung medizinischen Cannabis im April 2024 sei der Markt regelrecht explodiert, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Die Importe von Cannabisblüten stiegen im ersten Halbjahr 2025 um über 400 Prozent – von rund 19 auf 80 Tonnen.
Dieser Anstieg könne nicht mit medizinischem Bedarf erklärt werden, da Verordnungen über Krankenkassen nur geringfügig zunahmen.
BMG-Sprecherin:
„Wir müssen verhindern, dass Medizinalcannabis zu einem Lifestyle-Produkt wird. Es bleibt ein Arzneimittel.“
Protest aus der Branche – Petition gegen das Verbot
Hersteller und Plattformanbieter kritisieren das geplante Verbot scharf.
Das Unternehmen Grünhorn, einer der führenden Anbieter digitaler Cannabisrezepte, startete eine Online-Petitiongegen die Pläne.
Darin heißt es, das Gesetz würde „Hunderttausenden Patientinnen und Patienten den Zugang zu ihrer Therapie erschweren“, insbesondere Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
Medizinisches Cannabis sei „keine Lifestyle-Droge, sondern für viele die einzige wirksame Behandlung“ bei chronischen Schmerzen, ADHS, Spastiken oder Schlafstörungen.
Ziel: Regulierung statt Rückschritt
Das Kabinett will mit der Gesetzesänderung Missbrauch eindämmen, zugleich aber die Versorgung schwerkranker Patienten sichern.
Das Gesetz soll nach parlamentarischer Beratung noch 2025 in Kraft treten.
Ob das Verbot tatsächlich zu weniger Missbrauch führt – oder zu neuen Hürden für chronisch Kranke – bleibt umstritten.
📌 Quelle:
Pharmazeutische Zeitung (08.10.2025), Bundesgesundheitsministerium (BMG)