Urlaub in der Flutkatastrophe: Ex-ADD-Vizepräsidentin in der Kritik – Linnertz-Rücktritt gefordert

Die Landesbehörde ADD übernahm nach der Flutkatastrophe die Leitung des Katastrophenschutzes. Die Vizepräsidentin ging kurz darauf in den Urlaub. Das hatte aber keine negativen Folgen für die Arbeit der Einsatzleitung, sagt die Behörde. Die Opposition sieht das anders.

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Begona Hermann, ehemalige Vizepräsidentin der ADD. Foto: Thomas Frey/dpa/Archivbild

MAINZ. Der zweiwöchige Urlaub der damaligen ADD-Vizepräsidentin Begoña Hermann kurz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hatte nach Angaben der Landesbehörde keinen Nachteil für die Arbeit der Einsatzleitung zur Folge. «Die notwendigen Positionen waren zu jedem Zeitpunkt vollumfänglich besetzt», teilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) am Dienstag mit. Die Landtags-Opposition sieht das anders.

Alle drei Fraktionen, CDU, Freie Wähler und AfD, fordern inzwischen den Rücktritt von ADD-Chef Thomas Linnertz. Der Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe hat einen Sachverständigen damit beauftragt, das Krisenmanagement der ADD zu beleuchten. Sein Gutachten soll am 24. März in dem Landtagsgremium vorgestellt werden. Die Behörde hatte zwei Tage nach der Flutwelle vom 14./15. Juli 2021 die Leitung des Katastrophenschutzes vom Landkreis Ahrweiler übernommen.

Hermann hatte am vergangenen Freitag im Untersuchungsausschuss von ihrer Reise in die USA berichtet, die genaue Dauer blieb aber zunächst unbekannt. Nach Angaben der ADD war sie vom 31. Juli bis einschließlich 13. August 2021 in einem längerfristig geplanten und genehmigten Urlaub. Hermann ist inzwischen pensioniert. Zuvor hatten Medien über die Dauer des Aufenthalts berichtet.

Der Urlaub sei bereits vor Beginn des Einsatzes im Ahrtal genehmigt worden, erklärte die Behörde. ADD-Präsident Linnertz habe ihn «unter Abwägung der Situation aufrechterhalten». Die Einsatzleitung habe «grundsätzlich dauerhaft» bei Linnertz gelegen. «Entsprechend waren sowohl die kurzfristige Erreichbarkeit, notwendige Beratungen sowie unmittelbare Entscheidungsfindungen zu jedem Zeitpunkt sichergestellt», erklärte die Behörde.

Auch an den wenigen Tagen, an denen Linnertz nicht selbst im Ahrtal gewesen sei, habe er in ständigem Kontakt mit den Stäben dort sowie den politisch Verantwortlichen auf Landesebene gestanden. Bei Bedarf hätte er auch an diesen Tagen jederzeit kurzfristig vor Ort sein können.

Die Entscheidungskompetenzen bei der Bewältigung der unmittelbaren Folgen der Flutwelle seien auch auf das weitere Führungssystem aufgeteilt gewesen, teilte die ADD weiter mit. So seien auch die Leitungen der Stäbe kontinuierlich mit vor Ort anwesenden Personen besetzt und im Austausch mit dem ADD-Präsidenten gewesen.

Linnertz (SPD) hatte am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, er sei in den ersten Tagen und Wochen nach der Katastrophe im Prinzip immer im Dienst gewesen. Er sei immer erreichbar gewesen und habe sich höchstens am Wochenende ablösen lassen, etwa vom Leiter des ADD-Referats Brand- und Katastrophenschutz, Heinz Wolschendorf, und von Christoph Pause, dem Leiter des damaligen ADD-Verwaltungsstabs.

Nach Aussage Linnertz‘ hakte der Einsatz am Anfang, es habe manchmal länger gedauert. «Es hat auch zu lange gedauert, die Gesamtlage zu erfassen», sagte er. «Wir haben aber immer wieder nachgesteuert.» Die gesetzten Ziele seien erreicht worden. «Wir haben vor Ort Unglaubliches geleistet», sagte er über die Arbeit aller an dem Katastropheneinsatz beteiligten Einsatzkräfte und Helfer.

Die Freien Wähler hatten den Urlaub Hermanns am Montag als unverständlich und unverantwortlich kritisiert. Linnertz hätte eine Urlaubssperre verhängen müssen. CDU-Obmann Dirk Herber sagte am Dienstag: «Während Helfer und Feuerwehrleute entweder aus dem Urlaub extra zurückkommen, um zu helfen oder ihren Jahresurlaub dafür opfern, um in dieser riesengroßen Katastrophe zu helfen, da verabschiedet sich ein Teil der Hausspitze – die Vizepräsidentin – in ihren Jahresurlaub.» Und nun wolle Hermann den bezahlten Posten der Vorsitzenden eines Aufbauvereins im Ahrtal übernehmen – dies sei ein Schlag ins Gesicht der Menschen im Ahrtal. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) müsse überlegen, die Hausspitze abzulösen.

Das Innenministerium erklärte auf Anfrage, die Urlaube der ADD-Vizepräsidentin seien ausschließlich von Linnertz genehmigt worden. Das Innenministerium erhalte davon üblicherweise keine Kenntnis. Im fraglichen Zeitraum sei «die Führungsebene der ADD für die Hausspitze des Innenministeriums zu jeder Zeit erreichbar» gewesen. (Quelle: dpa)

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2 Kommentare

  1. Die Opposition hätte es auch nicht besser hingebracht. Und ob eine Verantwortliche, die in der täglichen Arbeit ohnehin nicht auffällt ein paar Tage Urlaub nimmt, ist such noch egal, eventuell noch besser, weil Wege zu einer Entscheidung kürzer gefasst werden können. Hier aber noch einen Job fordern, der gut bezahlt wird, das zeigt wieder einmal, wie dieses Volk so denkt. Erbärmlich.

  2. „…die in der täglichen Arbeit ohnehin nicht auffällt…“
    Treffender hätte man die Kompetenz der von Frau Dreyer massiv in Amt gehievte Frau Hermann nicht beschreiben können.

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