SAARBRÜCKEN. Bei schwersten Straftaten wie Mord soll Verdächtigen auch nach Ansicht des saarländischen Justizministeriums künftig ein zweites Mal der Prozess gemacht werden können, wenn neue Beweise auftauchen. Das Saarland werde daher die im Juni im Bundestag verabschiedete Änderung der Strafprozessordnung nächste Woche im Rechtsausschuss des Bundesrates unterstützen, teilte Staatssekretär Roland Theis (CDU) am Dienstag in Saarbrücken mit.
Bisher können nur in eng begrenzten Ausnahmefällen Strafverfahren gegen einen Freigesprochenen wieder aufgenommen werden – etwa wenn der Freigesprochene später ein glaubwürdiges Geständnis ablegt. Die Koalitionsfraktionen wollen die Liste für die «Wiederaufnahmegründe» nun erweitern, allerdings nur für schwere Straftaten wie Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen. Wenn hier «neue Tatsachen oder Beweismittel» auftauchen, die eine Verurteilung des zunächst Freigesprochenen wahrscheinlich machen, soll das Verfahren neu aufgerollt werden können.
Solche neuen Beweise könnten sich insbesondere aus neuen Untersuchungsmethoden ergeben, heißt es im Entwurf. Ein Beispiel sei die DNA-Analyse, die sich seit den späten 1980er Jahren entwickelt habe. Künftig könne auch die digitale Forensik solche neuen Belege ergeben, also die polizeiliche Auswertung digitaler Datenträger oder von Speichern im Internet.
«Täter schwerster Straftaten dürfen sich, auch wenn sie aus Mangel an Beweisen einmal freigesprochen sein sollten, nicht auf Dauer sicher fühlen», sagte Theis. Sie könnten womöglich auch nach langer Zeit noch überführt werden.
In 2020 sei bei der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken eine Cold-Case-Einheit gegründet worden, die sich der Aufklärung bisher ungeklärter Mordfälle und anderer schwerster Straftaten widme. In mittlerweile mindestens vier Fällen seien lange zurückliegende Fälle um schwere Straftaten auch aufgrund neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden neu aufgerollt worden. (dpa)