Keine Baugenehmigung, keine Statik-Abnahme! Sicherheitsfragen nach Unwetter am Trierer Weinstand

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Unwetter wüten auf dem Trierer Hauptmarkt - Foto: Screenshot Video "X"

TRIER. Am vergangenen Montagabend, 15. Juli, zog eine heftige Gewitterzelle über Trier hinweg und verursachte erhebliche Schäden. Insbesondere ein Video der chaotischen Sekunden auf dem Trierer Hauptmarkt – in welchem die Dachkonstruktion des Weinstandes der Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) aus dem Boden gerissen, abhob und zu einem bedrohlichen und lebensgefährlichen Geschoss wurde – ging in den sozialen Medien viral und sorgt auch sieben Tage später bei vielen Triererinnen und Trierern noch für Entsetzen.

Insbesondere die Befestigung der Dachkonstruktion, welche einige in den sozialen Medien an „größere Zelt-Heringe“ erinnerte, stand dabei im Fokus und führt unweigerlich zu einer Frage nach der Verantwortlichkeit. Hätten die dramatischen Sekunden, in denen nur durch viel Glück nichts Schlimmeres passiert ist, vermieden werden können?: War der Stand in seiner Form ein Sicherheitsrisiko für die Besucherinnen und Besucher des Trierer Hauptmarktes und warum liegt für den Weinstand der TTM weder eine finale Baugenehmigung noch eine Statik-Abnahme vor?

Die Stadt Trier hat auf Anfragen von lokalo.de Stellung zu der Situation genommen und entsprechende Fragen zur Baugenehmigung und Sicherheit der Konstruktion beantwortet.

Weder Baugenehmigung noch Statik-Abnahme durch Bauaufsicht

 

Dass der Weinstand in seiner jetzigen Form nicht über eine finale Baugenehmigung verfügt, bestätigt Michael Schmitz, Pressesprecher der Stadt Trier, auf Anfrage von lokalo.de.

Das ist richtig. Aber: Nachdem der bisherige Weinstand zum Frühjahr 2024 durch einen neuen ersetzt werden sollte, hat die Betreiberin Trier Tourismus und Marketing GmbH den neuen Stand zum Beginn der Sommersaison zunächst für eine zeitlich begrenzte Erprobungsphase in Anlehnung an § 76 – dem Paragraphen der „Fliegenden Bauten“ der Landesbauordnung – in Betrieb genommen“, so Schmitz. Ob eine Baugenehmigung erforderlich sei, entscheide der Einzelfall der jeweiligen baulichen Anlage. Für den Trierer Weinstand erläutert Schmitz: „Erst bei einer längeren Standzeit ist eine Baugenehmigung – in Abstimmung mit der Bauaufsicht – erforderlich. Das entsprechende Baugenehmigungsverfahren läuft.“

Dennoch stellen sich viele, angesichts der zweifelsohne vermehrt aufkommenden Extremwetterlagen, die Frage, ob dieses Vorgehen – welches sich zwar im Rahmen der Gesetzgebung des Landes Rheinland-Pfalz bewegt – ausreichend für einen entsprechend stark frequentierten Stand inmitten der Trierer Innenstadt ist. Ist ein laufendes Genehmigungsverfahren bei gleichzeitiger Inbetriebnahme gar ein kalkuliertes Sicherheitsrisiko auf Zeit?

Auch eine Abnahme der Statik des Standes der TTM durch die Bauaufsicht habe es im Vorfeld nicht gegeben, erklärt Schmitz auf Nachfrage. Diese sei jedoch nach der Landesbauordnung auch nicht erforderlich, so der Pressesprecher. Angesichts der beängstigenden Vorkommnisse könnte dies ein weiteres Sicherheitsargument gegen eine „Erprobungsphase“ bei laufendem Standbetrieb sein.

Foto: lokalo.de SE

Konstruktion war über Aluminiumträger und Stahlseile befestigt
Auf die Frage nach den Gründen, warum die Konstruktion den Windstärken nicht standhalten konnte, erklärt Schmitz: „Das Dach war über Aluminiumträger und Stahlseile an den vier tragenden Säulen befestigt, die im Boden verankert waren – eine Konstruktion, die im Wesentlichen baugleich ist mit demjenigen Weinstand, der hier 2013 aufgestellt wurde. […] Allerdings haben sich seit der Erstehung des Weinstandes im Jahr 1984 die extremen Wettereignisse verschärft und gehäuft.“ Dabei bleibt es zumindest fragwürdig, ob ein Argument des ursprünglichen Weinstandes aus dem Jahr 1984 – weder der Stand selbst noch das „Konzept“ scheinen mit dem heutigen Stand vergleichbar – zur Frage der Sicherheit im Jahr 2024 herangezogen werden sollte.

Laut Stadtverwaltung war die Stadtmitte Triers am Montagabend von einem extremen Gewittersturm mit Sturmböen bis knapp über 100 km/h getroffen worden. „Wir gehen in der Innenstadt von Beaufort 10 aus, das entspricht 89 bis 102 km/h Windgeschwindigkeit“, so Schmitz. Es sei nachvollziehbar, dass die Planenabdeckung des Daches bei solchen Bedingungen eine ungünstige Angriffsfläche bot, was letztlich zur Beschädigung führte.

Zukünftige Maßnahmen und Konsequenzen
Abschließend äußerte sich die Stadt zu den künftigen Planungen: „Bei den Sturmböen des Montagabends hat ausschließlich die Dachkonstruktion Schaden erlitten: Der Rumpf, also der rechteckige Container, in dem die Winzerinnen und Winzer stehen, ist völlig unbeschadet geblieben. […] Gleichwohl werden wir selbstverständlich mit dem Architekturbüro und den Sachverständigen eine neue Dachkonstruktion erstellen, die nach den jetzigen Erfahrungen im Unwetterfall komplett neu konstruiert und in Absprache mit den entsprechenden Ämtern und Sachverständigen gebaut wird.“

Die Ereignisse des vergangenen Montags haben deutlich gezeigt, dass trotz aller Planungen und Genehmigungsverfahren zur Konstruktion des Standes, beziehungsweise der Überdachung, eine lebensbedrohliche Gefahr von diesem ausging. Nur durch Glück und Zufall wurde ein schlimmeres Unglück verhindert. Auch wenn sich die Vorgehensweise der Betreiberin TTM sowie der Bauaufsicht der Stadt Trier im Rahmen der Gesetzgebung bewegte, empfiehlt es sich sicherlich in Zukunft, insbesondere an einem solchen Platz wie dem Hauptmarkt in Trier, entsprechende Abläufe in der Planung noch sensibler zu hinterfragen und intensivieren , um die Sicherheit der Menschen – auch über eine Rechtslage hinaus – besser, oder „noch“ besser gewährleisten zu können – Eine Form der Gründlichkeit, die gerade der Trierer Bauaufsicht an anderen Stellen öfters einmal etwas ausgeprägter nachgesagt wird.

(sz)

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21 Kommentare

  1. Ich kenne niemanden, der entsetzt war, aber viele, die staunend amüsiert waren, insbesondere die „Stammgäste“. Also bitte die Kirche im Dorf lassen und nicht mit Paragraphen, Vorschriften und Prüfungen totschlagen. Sowas passiert. Wenn man sich das virale Video anschaut erkennt man sofort, dass sich die Stoff-Überdachung (Sonnen- Regenschutz) langsam anhebt, weil eine vertikal-Verankerung der vier Pfosten fehlt. Der Weinstand selbst war nicht betroffen. Kleines Problem, einfache Lösungen möglich.

    • Fliegende Bauten bedürfen vor ihrer erstmaligen Aufstellung einer Ausführungsgenehmigung, diese ist zwingend. Rechtlich gibt es damit weder eine probeweise noch eine stillschweigende Aufstellung oder Duldung. Im übrigen wurde die komplette Überdachung einschl. Stützen mit Einzelgewichten von mind. 50 kg umgenietet. Aus einer leichten Verletzung hätte sich eine Katastrophe entwickeln können. Diesen Vorfall sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Unverantwortlich!

      • Richtig beurteilt.
        Auch die ungesicherten Sonnenschirme im Freibad gehören verboten. Auch Zeltlager und Campingplätze an Mosel, Saar und Sauer sollten abgeschafft werden. Was da bei einem richtigen Hurrikan alles passieren könnte. Zudem kann ich nicht verstehen warum es bei Sturm- und Gewitterwarnungen nicht längst ein generelles Ausgangsverbot für alle gibt. Unverantwortlich.

  2. Die Klimabeauftragten der Stadt Trier hätten doch wissen müssen, daß durch den Klimawandel die Stürme heftiger werden. Was machen die eigentlich den ganzen Tag?

  3. @jupp
    sie liegen richtig, verehrter Jupp.
    die Klimafachleute unserer Stadt haben hier noch Ausbildungsdefizite, sind vielleicht auch überfordert auf Grund der Aufgabenfülle. Da müsste mehr Personal ran , perfekt universitär ausgebildet, auch baustatisch auf dem neuesten Stand . Fischer -technik in Baden Württemberg bietet fundierte Befestigungstechnik-Seminare für gewerblich genutzte Leichtbauzelte mit Theke . Habe selbst einen zertifizierten Systemkurs 2019 absolviert und biete meine Kenntnisse hiermit offiziell über dieses Forum an ; aber nur im Beamtenverhältnis. Ist klar

    • Was genau hat das jetzt mit einem weggewehten Weinstand zu tun?
      (Ironie scheinen sie ja nicht so wahrzunehmen)

      Ich meine natürlich ausser dass sie warscheinlich auf die Schlagzeile „Klo verstopft“ auch noch gegen Coronamaßnahmen, die ja bereits länger beendet sind, hetzen, weil ihnen sonst nichts einfällt und das wohl das einzige ist was ihnen noch im „Hirn“ geblieben ist?
      Ggf. könnten für Sie auch „Deutschland GmbH“, „Q-Anon“, „Reptiloide“, „Hohlkö…. “ ääähm „Hohlerde“, „Nazi Basis auf dem Mond“ oder Bielefeld eine schöne Abwechslung zu veraltetem, langweilig gewordenen, üblichem rumgeheule sein, oder? Sicher finden Sie zu den Themen auch ein paar gaaaaaanz tolle Youtuber, deren Meinung sie 1:1 hier wiederspiegeln können um zu vermeiden irgendwelche sinnvollen Studien oder Artikel zu lesen (die Sie warscheinlich eh als Verschwörung abtun würden)….

      • Die Corona-Maßnahmen sind beendet. Die Corona Wahrheit fängt gerade erst an.
        PS: YouTube & Co ist die Zukunft. ÖRR war gestern.

  4. Willst du den Wein dort kaufen,
    musst du ihn sehr schnell saufen.
    Denn gibt es einmal Regen,
    bekommt der Wein den Segen.
    Gepanschter Wein verdünnt,
    der in die Kehle rinnt,
    den findet an für sich,
    der Trierer widerlich.
    Aber Panschen gibts schon ewig,
    denk da an Alt-Olewig.

  5. Nachdem ich auf verschiedenen Medien Kommentare zu dem Weinstand-Unglück gelesen haben kann ich nur sagen: Zum großen Teil Schwachsinn. Zu dem Corona-Blabla erübrigt sich jeglicher Kommentar. Ich habe über 20 Jahre mehrmals im Jahr hinter der Theke des Weinstandes gestanden, habe Starkregen und Sturm, pralle Sonne und glühende Temperaturen dabei erlebt. Auch mussten wir mehrfach den Weinstand
    wetterbedingt schließen. Glücklicherweise ist in den ganzen Jahren nichts Schlimmes passiert, so dass es zu keinen Beschwerden kam. – Ob dieses Unglück hätte vermieden werden können kann ich genausowenig wie die meisten Kommentatoren beurteilen, aber das die meisten Kommentare irgendwie daneben und an den Haaren herbeigezogen sind sollte jedem halbwegs intelligenten Menschen klar sein.

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