WITTLICH. Wie war es, zwischen 1950 und 1959 ein Kind in Wittlich zu sein? Abenteuerlich und wild? Unterdrückt und gemaßregelt? Frei und glücklich? Ein wenig von allem war es in der Erinnerung, die Realität war aber auch geprägt von der Enge der Adenauer-Republik, der rigiden Trennung der Konfessionen und Geschlechter und einer verlogenen Moral, die den Mantel des Schweigens über die Vergangenheit legte.
Aufgrund einer Anregung von Herrn Bürgermeister Joachim Rodenkirch entwickelte das Kulturamt der Stadt Wittlich eine Ausstellungsidee und entwarf ein erstes Konzept. Klar war schnell, dass der Umfang „Kindheit in den 50er Jahren in Wittlich“ doch recht groß ist, und zu manchen Aspekten sehr viel Material vorhanden, während zu anderen nur sehr wenig zu finden war. Sowohl die weiterführenden Schulen als auch die heutigen Ortsteile wurden bald aus dem Ausstellungsplan genommen. Auch der Kleinkindbereich wurde aus dem Konzept gestrichen. Die heutige Grundschulzeit und einige Kindergartenaspekte kristallisierten sich schnell als Schwerpunkte der Ausstellung heraus, die viel Material und ausreichende Informationen bieten konnten, um eine ansprechende Präsentation zu ermöglichen.
Es gab viele, viele Kinder, die mit wenigen Spielsachen und fast ohne Fernsehen aufwuchsen. Kinder spielten miteinander auf der Straße in großer Freiheit und unter wenig Aufsicht. Ihre Lektüre war „lehrreich“ und vermittelte Geschlechterrollen aus dem 19. Jahrhundert. Dieser Hintergrund verbot eine hochästhetische Spielzeugausstellung, denn kaum ein Wittlicher Mädchen wird damals eine edle Käthe-Kruse-Puppe sein Eigen genannt haben. Mit Hilfe von Zeitzeugen wurden die üblichen Spielsachen, die Wittlichs Kinder in den 1950er Jahren erfreuten, ermittelt und entliehen. Neben Wittlicher Bürgern stellte vor allem das Spielzeugmuseum Trier zahlreiche Leihgaben zur Verfügung.
Außer Spielzeug und Gebrauchsgegenständen wie Schulheften, Nähzeug und Büchern werden gut 100 Fotos präsentiert werden, die dem Kulturamt vom Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich und Bürgerinnen und Bürgern der Stadt zur Verfügung gestellt wurden. Einem Wittlicher Fotografen gelang es, die winzigen Schwarz-Weiß-Bilder qualitätvoll auf DIN-A-3 zu vergrößern, so dass müheloses, anregendes und heiteres Betrachten möglich ist.
Hier wird die Ausstellung „Dilldopp, Klicker, Lebertran“ auch zur Mitmachausstellung wachsen. Viele Kinder auf den Fotos sind noch zu identifizieren. Wer sich persönlich oder andere entdeckt, kann dies auf bereitgelegten Listen vermerken und bei dieser „Forschungsarbeit“ behilflich sein. Auch einige Spiele und Bücher werden nicht hinter Vitrinen verschlossen, sondern zur aktiven Beschäftigung präsentiert werden. Neben der Schule und dem Spiel waren auch das religiöse Leben und natürlich die alljährlichen Höhepunkte wie Kirmes und Karneval von hohem Stellenwert. Wunderbare Aufnahmen zeigen verwegene Kinder bei sportlichen Aktionen, die heute den Kinderschutzbund alarmieren würden, damals aber „ganz“ Wittlich amüsierten. Wer die 50er Jahre erlebt hat, taucht in eine widersprüchliche Vergangenheit ein; die Nachgeborenen können nur staunen. Die Vernissage findet am Samstag, 17. September um 17 Uhr in der städtischen Galerie im Alten Rathaus statt.