Barbarenschatz von Rülzheim: Stuhl möglicherweise aus Trier

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Speyer Barbarenschatz von Rülzheim: Stuhl möglicherweise aus Trier 09.04.2019, 16:57 Uhr | dpa Barbarenschatz von Rülzheim: Stuhl möglicherweise aus Trier. Prachtstuhl aus dem "Barbarenschatz von Rülzheim" Ein Prachtstuhl aus der Spätantike steht im Historischen Museum der Pfalz in der Ausstellung. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archiv

SPEYER/TRIER. Ein vor sechs Jahren in der Pfalz ausgegrabener Prachtstuhl aus der Spätantike wurde möglicherweise in der Gegend um Trier gefertigt und vom letzten Besitzer als Zahlungsmittel genutzt.

«Er wurde schon damals in viele kleine Stücke zerlegt», sagte Ulrich Himmelmann von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz am Dienstag in Speyer. Experten gelang es in mühsamer Kleinarbeit, den teilvergoldeten und mit Silberfolie überzogenen Klappstuhl zu rekonstruieren – er wird seit Dienstag im Historischen Museum der Pfalz in Speyer präsentiert. Dort bleibt der römische Stuhl, der zum spektakulären «Barbarenschatz von Rülzheim» gehört, zehn Wochen lang.

Das am Stuhl verwendete Blei deute auf eine Abbaustätte nördlich von Trier hin, etwa in der Eifel, sagte Himmelmann. «Eventuell wurde er im Umfeld des damaligen Zentrums Trier repariert oder gebaut.» Das 2013 aus der Erde geborgene Objekt sei wohl ein exklusives Reisemöbel einer unbekannten Frau der gesellschaftlichen Elite gewesen. Es handele sich um ein absolutes Unikat. Weltweit sei kein weiterer Stuhl dieser Art erhalten, er sei nur von Abbildungen bekannt.

Der «Barbarenschatz», der auch goldene Gewandapplikationen sowie Silberobjekte und fein ausgearbeitete Büsten und Statuetten umfasst, lasse sich gut mit hunnischen Funden auf dem Balkan vergleichen, sagte Himmelmann. Der Fundort nahe einer damaligen Römerstraße lasse vermuten, dass der Schatz versteckt worden sei. «Jemand ist auf der Straße unterwegs, es passiert etwas, er muss seine Werte verstecken, kommt aber nicht dazu, sie abzuholen – das ist eine Möglichkeit», erklärte der Experte. Nach jahrelangen Untersuchung gehe man nicht von Grabbeigaben aus. Der Schatz wird vom 26. Juni an in Koblenz gezeigt.

«Schätze aus der damaligen Zeit haben das Fundament gebildet für die spätere Nibelungensage», sagte Himmelmann. «Die Sage ist aber eher ein Echo dieser echten Schätze, als dass es ein konkreter Schatz war.» Insofern könne er auch nicht sagen, ob es sich bei dem Möbel um «Kriemhildes Klappstuhl» handele, sagte er augenzwinkernd. Bei der Restaurierung hatten Forscher auch einen Olivenkern entdeckt – er soll mehr als 1600 Jahre alt sein. Auf einen Eisenstab des Stuhls war mit Kitt eine kleine Büste geklebt. In der Klebemasse saß der Kern.

Ein Sondengänger hatte den Schatz 2013 bei einer Suche in einem Wald bei Rülzheim (Südpfalz) gefunden und zunächst behalten – angeblich wollte er klären, was er aufgespürt hatte. Als ihm nach sieben Monaten die Entdeckung drohte, lieferte er den Fund ab. Dem rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz zufolge wird ein Schatz Eigentum des Landes, wenn er von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung ist. Experten beklagten damals eine unsachgemäße Bergung, durch die Schäden an Objekten und der Fundstelle entstanden seien.

Zwar ist der Stuhl römischer Herkunft. Archäologen halten es aber für möglich, dass der Schatz einer Figur aus der Herrschaftsschicht des hunnisch-ostgermanischen Raums gehörte, die zumindest zeitweise in den Diensten Roms stand oder ein Verbündeter des Imperiums war.

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