Digitales Erbe – wie sollte man damit umgehen?

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Was passiert mit meinem digitalen Nachlass?

TRIER/MAINZ. Das Thema digitaler Nachlass ist weder bei den Seiten-Betreibern im Internet noch bei den Nutzern wirklich angekommen. So lässt sich das Ergebnis eines Marktchecks der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zusammenfassen. Gemeinsam mit dem Verbraucherschutzministerium will die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz die Bevölkerung für dieses Thema sensibilisieren und sich für einheitliche Regelungen stark machen.

„Die Informationen zum Löschen von Benutzer-Konten bei E-Mail-Diensten, online-Händlern oder sozialen Netzwerken sind uneinheitlich und oft schwer zu finden“, kritisiert Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Klare Regelungen existieren bislang nicht. Beim digitalen Erbe sehen wir großen Handlungsbedarf – sowohl bei den Seitenbetreibern als auch beim Gesetzgeber.“
Dies sieht auch Verbraucherschutzminister Robbers so: „Wo Regelungsbedarf besteht, werden wir dem nachkommen. Eine einheitliche Regelung zum Umgang mit Daten verstorbener Nutzer existiert nicht. Inwieweit gesetzgeberischer Änderungsbedarf besteht, wird aktuell geprüft. Mögliche Gesetzesänderungen sind dabei nur ein Teil der Lösung. Zunächst gilt es, beim Verbraucher das Problembewusstsein zu schaffen, damit der sein digitales Erbe rechtzeitig regelt“, so Robbers.

Der Marktcheck

Von September bis Dezember 2014 hat die Verbraucherzentrale 18 ausgewählte Internet-Portale darauf hin analysiert, ob Kundenkonten online gelöscht werden können. Außerdem hat sie die Seitenbetreiber schriftlich zum digitalen Nachlass befragt, ob eine online-Löschung möglich ist und was danach mit den Nutzerdaten passiert. In einer stichprobenartigen Verbraucherbefragung wollte sie zudem wissen, ob sich die Befragten schon einmal mit ihrem digitalen Nachlass beschäftigt und Vorsorge getroffen haben.
Überprüfung ausgewählter Webseiten



Hinweise dazu, was nach dem Tod des Nutzers mit dem Konto passiert, hat die Verbraucherzentrale auf den meisten Seiten vergeblich gesucht. Zudem war kaum festzustellen, ob die Anbieter die Nutzerdaten komplett löschen oder über die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten hinaus weiter speichern. Lediglich zwei der 18 ausgewählten Seiten enthalten Hinweise zum digitalen Nachlass. Bei einem Drittel der geprüften Anbieter ist es nicht möglich, den Account online zu löschen. Auch wenn online gelöscht werden kann, ist es für die Nutzer teilweise sehr mühsam herauszufinden, wie es geht. Hilfen sind nicht immer vorhanden oder schwer auffindbar.

Befragung der Seitenbetreiber

Zwei Drittel (12) der angeschriebenen Firmen haben geantwortet. In der Regel können Hinterbliebene die Benutzerkonten eines Verstorbenen über den Seitenbetreiber löschen lassen. Alle Unternehmen verlangen einen Nachweis über den Tod des Nutzers, meist eine Sterbeurkunde, in einigen Fälle auch einen Erbschein oder eine gerichtliche Verfügung. In Einzelfällen ist eine Übersetzung der Urkunde ins Englische erforderlich.
Stichprobenartige Verbraucherbefragung

Ob sie schon einmal versucht haben, ein Kundenkonto zu löschen und sich bereits mit dem eigenen digitalen Nachlass beschäftigt haben, wollte die Verbraucherzentrale von Verbraucherinnen und Verbrauchen in einer Umfrage wissen. Teilgenommen haben 73 Personen. Mehr als die Hälfte (45) hat schon einmal versucht, ein Kundenkonto zu löschen. Bei gut der Hälfte davon (23) war dies problemlos möglich. Die anderen nannten als Probleme den „gigantischen“ Aufwand oder eine komplizierte Kommunikation. Andere monierten, dass es keine Hilfe in der Hotline gab, Löschoption nur mit Unterstützung des telefonischen Supports gefunden wurden, das Konto nicht gelöscht wurde oder Daten auch nach ein bis drei Jahren noch zu finden waren. Andere gaben an, dass das Konto deaktiviert und jederzeit reaktiviert werden konnte. Weniger als ein Drittel der Befragten hatte sich bereits um den eigenen digitalen Nachlass gekümmert. Ein Befragter hatte bis zu 100 Konten. Viele andere hatten keinen genauen Überblick über die Zahl ihrer Nutzerkonten.

Fazit

„Beim Thema digitales Erbe tauchen zahlreiche juristische Fragestellungen und Probleme auf, für die es bislang keine klaren gesetzlichen Regelungen gibt“, bilanziert Ulrike von der Lühe. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.“ In vielen Punkten ist die Rechtslage umstritten. Das führt zu Rechtsunsicherheit. Ein schneller und unkomplizierter Zugriff auf den digitalen Nachlass ist wichtig, damit Erben sich um online-Vertragsbeziehungen kümmern, diese übernehmen oder unter Einhaltung einer Kündigungsfrist abwickeln können. Die Seitenbetreiber sind gefordert, transparente und verbraucherfreundliche Lösungen zu finden und in ihren Internetauftritten gut auffindbare Informationen zu geben.

Tipps für Verbraucher

Allen Internet-Nutzern rät die Verbraucherzentrale dringend, sich um ihr digitales Erbe zu kümmern. „Ein erster Schritt ist es, alle Benutzerkonten mit Benutzernamen und Passwörtern aufzulisten, diese in einem verschlossenen Umschlag an einem sicheren Ort zu hinterlegen und regelmäßig zu aktualisieren“, informiert Barbara Steinhöfel, Referentin Telekommunikation und Medien der Verbraucherzentrale. „Es ist wichtig, schon zu Lebzeiten eine Vertrauensperson zu benennen, die sich nach dem Tod um die Rechte und Pflichten aus Verträgen mit Providern kümmert.“

Zudem sollte schriftlich festgehalten werden, was mit den eigenen Daten passieren soll. Für Interessierte hat die Verbraucherzentrale Informationen und Tipps zusammen gestellt, die in den örtlichen Beratungsstellen erhältlich sind oder unter www.vz-rlp.de/digitaler-nachlass herunter geladen werden können. Auf dieser Seite können Betroffene auch ihre Erfahrungen melden.

Mittlerweile gibt es auch digitale Nachlassverwalter. „Allerdings ist es schwierig festzustellen, wie vertrauenswürdig diese sind“, informiert Steinhöfel. Außerdem sind auch diese Dienste „sterblich“ und können sang- und klanglos vom Markt verschwinden. Was mit ihrem „Nachlass“ passiert, ist unklar. Kundendaten können leicht in falsche Hände gelangen.

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