Helau, Kreiau, O Mamo Pabo: Was Narren so alles rufen!

«Helau» und «Alaaf», diese Narrenrufe kennen sogar Fastnachts- und Karnevalsmuffel. Doch wer tiefer in das Thema eintaucht, entdeckt noch viel mehr.

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In Mainz ist die Sache eindeutig, hier wird an Fastnacht «Helau» gerufen - das ist aber längst nicht überall in Rheinland-Pfalz so Foto: Helmut Fricke/dpa

MAINZ/TRIER. Schunkeln, singen und tanzen ist allen Fastnachtern und Karnevalisten in Rheinland-Pfalz gemein. Aber was sie an den närrischen Tagen voller Inbrunst rufen, unterscheidet sich.

Zwischen Westerwald und Südwestpfalz wird in den kommenden Tagen bis zum Aschermittwoch am 5. März ganz Unterschiedliches zu hören sein. Ein Überblick:

Im Raum Mainz sei eindeutig das «Helau» dominant, sagt Diether Degreif vom Förderverein Mainzer Fastnachtsmuseum. Minimal abgewandelt sind Rufe in anderen Städten des Landes, zum Beispiel angepasst an den Stadtnamen das «Kalau» in Kaiserslautern oder das «Pilau» in Pirmasens.

Region Trier – Was ein Sandsteinfelsen mit Karneval zu tun hat

Und wie sieht es ganz im Westen von Rheinland-Pfalz aus? Da gibt es unter anderem in Trier das «Helau» oder ein „Maju“ beim Rosa Karneval, in Kordel das «Kaulaydi», in Saarburg ruft man «Hau Ruck», wie Christian Jäger von der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval erklärt. Das «Kaulaydi» geht auf Kordels Wahrzeichen Kaulay zurück, ein Buntsandsteinfelsen, wie der Karnevalsverein Kordel erklärt.

Wieder ganz anders ist der Ruf in Wasserliesch im Kreis Trier-Saarburg: Er lautet «O Mamo Pabo». In Konz-Oberemmel ist ein «Hei her – Do her» zu hören, in Klüsserath ein «Kikeriki». Große Tradition hat an Fastnachtsdienstag im Trierer Ortsteil Biewer der traditionelle Schärensprung (14.11 Uhr). Dabei wird ein Jeckenzug von einer Kette springender Karnevalisten angeführt, auch hier schallen viele «Helau»-Rufe durch die Straßen.

In Wittlich rufen die Narren und Möhnen „Kreiau!“. In Greimerath, in der VG Saarburg-Kell, ruft man schon das aus dem Saarland bekannte „Allez-Hopp!“. In Kell am See darf es an Fastnacht eher ein „Alaaf olé!“ sein.

Im Eifelkreis ist beispielsweise von einem „Dajeh“ in Gondorf, über „Dajöhh“ in Stadtkyll bis hin zu einem „Hai-Lo!“ in Bollendorf in sehr vielen Orten ein ganz eigener Fastnachts-Ruf vertreten. Überraschen kann da in der Vulkaneifel ein „Hoppel-Hoppel“-Ruf in Wiesbaum-Mirbach neben einem „Jirresteen Alaaf!“ in Gerolstein.

Von Fabelwesen und einer Gartenstadt

Der Ruf «Galau» in Landau nimmt Degreif zufolge Bezug auf die Gartenstadt Landau, «Dollau» heißt es ihm zufolge im rheinhessischen Alzey. Das beziehe sich auf die dortige psychiatrische Fachklinik, es geht um «die Dolle», in Mundart und politisch nicht ganz korrekt die Verrückten. In Otterberg in der Pfalz dominiert an den tollen Tagen das «Tritschlau», es nimmt Bezug auf die vor allem in der Pfalz bekannten Elwetritsch, vogelähnliche Fabelwesen.

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In Mainz sei das «Helau» nicht von Beginn an im organisierten Karneval verwendet worden, erklärt Degreif. Oft sei es zunächst ein «Hurra» oder «Hoch» gewesen. In den 1930er Jahren habe der Deutsche Tourismusverband die Narrenstädte Köln, Düsseldorf und Mainz näher zusammenbringen wollen, im Rahmen einer Aktion von «Kraft durch Freude» hätten sich Delegationen aus diesen Städten besucht. Die NS-Organisation habe versucht, die Fastnacht ideologisch in Dienst zu nehmen, heißt es dazu im Buch «Fastnacht/Karneval im europäischen Vergleich» des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz von Herausgeber Michael Matheus.

Was Halleluja mit Helau zu tun haben könnte

Aufgrund recht enger privater und geschäftlicher Beziehungen sei eine Gruppe des Mainzer Carneval-Vereins (MCV) zunächst nach Düsseldorf gefahren und habe von dort das «Helau» mitgenommen, sagt Degreif. Wie es dort entstanden ist, sei nicht sicher zu sagen. Es könnte eine Verballhornung des kirchlichen Halleluja sein. Weil das in der früheren Vorfastenzeit nicht gesungen werden durfte, kam das «Helau» auf, sagt eine Theorie. «Und es war eine Abgrenzung zu Köln mit seinem „Alaaf“».

Ganz anders ist der Ruf der Narren weiter südlich in Ludwigshafen und Mannheim. Dort wird «Ahoi» geschmettert. Ob das damit zusammenhängt, dass die Städte am Rhein liegen, sei nicht bekannt, sagt Degreif.

In Heimbach-Weis sind Narren immer bereit

Besonders seien Orte, in denen es mal zwei Narrenrufe gegeben habe, wie zum Beispiel Koblenz. Teile seien einst unter preußischem Einfluss gewesen, andere unter rheinischem Einfluss. Insofern sei mal das aus Köln bekannte «Alaaf» und mal «Helau» gerufen worden – später sei in der Rhein-Mosel-Stadt das einheitliche «Olau» entstanden.

Wie genau das geschah, sei nicht sicher, sagt Dirk Förger, der Mitglied mehrerer Karnevalsvereine in der Region ist und sich intensiv mit dem Karneval in Koblenz und Umgebung beschäftigt. Dass in Koblenz einst «Alaaf» gerufen worden sei, belege eine Münze aus dem Jahr 1874, auf der «Koblenz Alaaf» stehe.

Das «Olau» sei in den 1930 Jahren aufgekommen, sagt Förger. Es gelte unter anderem als Abkürzung für «Ohne lachen alles umsonst». In einigen Stadtteilen existiere weiter das «Helau», etwa in Rübenach und Arzheim. In Horchheim dagegen sei «Ahle hau» zu hören. Degreif verweist noch auf den Neuwieder Stadtteil Heimbach-Weis mit ebenfalls zwei Rufen: «Helau» und «Ömmer parat», was so viel heißt wie «Immer bereit».

Blick über die Landesgrenze

Mit diesem jahrhundertealten Brauch soll der Winter verabschiedet werden. Ähnlichkeiten zum Schärensprung besitzt die Echternacher Springprozession, die im benachbarten Luxemburg immer an Pfingstdienstag begangen wird.

Zurück Richtung Mainz: Nicht weit von der Landeshauptstadt entfernt, kurz hinter der rheinland-pfälzischen Landesgrenze im hessischen Flörsheim lautet der Ruf «Hall die Gail» (Halt die Gäule). Das komme aus der Zeit, in der beim dortigen Zug noch Pferde dabei gewesen seien, sagt Degreif vom Fastnachtsmuseum.

Der Flörsheimer Carneval Verein erklärt auf seiner Internetseite, wenn Pferde seinerzeit wegen der vielen schreienden und winkenden Menschen unruhig geworden seien, haben man den Lenkern die Aufforderung zugerufen, ihre Pferde fest am Zügel zu halten.

Und zu guter Letzt finden sich spezielle oder individuelle Rufe Degreif zufolge auch bei Garden. «Gut Schuss» ruft zum Beispiel die Mainzer Freischützen Garde, bei der Hechtsheimer Dragoner Garde heißt es «Dragoner voraus».

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