Immer weniger Menschen ändern Geschlechtseintrag – anfänglich große Nachfrage

Seit 100 Tagen können Menschen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen bei den Standesämtern deutlich leichter als zuvor ändern lassen. Zeit für eine Bilanz: Wie hoch ist der Zulauf?

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Foto: Peter Steffen / dpa / Symbolbild

MAINZ. Nach anfänglich großer Nachfrage lassen immer weniger Menschen in Rheinland-Pfalz ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern. Rund 100 Tage, nachdem das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft getreten ist, teilten das mehrere Standesämter im Land mit.

So seien zum Beispiel in Trier die meisten Änderungen in den ersten beiden Wochen bis Mitte November beurkundet worden, erklärte ein Sprecher der Stadt. Seitdem gebe es nur noch vereinzelte Anfragen. Die Zahl der bisher eingetragenen Änderungen beläuft sich demnach auf rund 70 Fälle, am häufigsten sei das Geschlecht bislang zu männlich geändert worden.

Ähnlich äußerte sich neben Städten wie Ludwigshafen, Kaiserslautern und Worms auch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt: Es gebe in Mainz weiterhin mehrere Termine pro Woche, allerdings seien die Zahlen rückläufig. Seit Start des Gesetzes im vergangenen November seien dort 101 Änderungen vorgenommen worden. 40 Eintragungen hin zum männlichen Geschlecht sind auch hier die häufigste Änderung.

Betroffene nach Eindruck der Standesämter gut informiert

Warum die Nachfrage nach einer ersten Welle von Anmeldungen zurückgeht, erklären sich einige Städte damit, dass Betroffene auf die Gesetzesänderung vorbereitet gewesen seien. «Zu Beginn hatten wir eine Vielzahl an Erklärungen, da ein großer Personenkreis bereits auf das Inkrafttreten des Gesetzes gewartet hatte», berichtete die Stadt Kaiserslautern. Auch in Mainz begründet ein Sprecher die große Nachfrage mit dem angekündigten Stichtag am 1. November.

Die Standesämter der Städte Ludwigshafen, Kaiserslautern, Koblenz, Speyer und Worms meldeten einstimmig, dass es nur wenige Nachfragen zum geänderten Verfahren gegeben habe. Ein Sprecher der Stadt Koblenz teilte etwa mit, dass sich Betroffene vielfach im Vorfeld schon informiert hatten. Lediglich in Mainz und Trier seien vermehrt Nachfragen aufgetreten.

Änderungen auch in kirchlichen Unterlagen bald möglich

Zuletzt hatte nach Inkrafttreten des Gesetzes auch das Bistum Trier angekündigt, in kirchlichen Unterlagen entsprechende Änderungen vornehmen zu wollen. Bislang ist das noch nicht möglich. Die Vorbereitungen dazu hätten aber begonnen, äußerte sich eine Sprecherin des Bistums. Vergleichbare Schritte in den rheinland-pfälzischen Bistümern Mainz und Speyer sind den Angaben zufolge nicht geplant.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist am 1. November des vergangenen Jahres in Kraft getreten. Es betrifft vor allem Trans-, Inter- und nicht binäre Menschen und erleichtert die Änderungen von Geschlechtseinträgen deutlich. Vorher durch das Transsexuellengesetz geregelt, waren bislang medizinische und psychologische Gutachten sowie richterliche Beschlüsse nötig, um die Änderung überhaupt erst möglich zu machen.

Transmenschen oder Transgender sind Personen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde. Inter-Menschen sind Menschen, deren körperliches Geschlecht nicht der medizinischen Norm von männlichen oder weiblichen Körpern zugeordnet werden kann, sondern sich in einem Spektrum dazwischen bewegt. (Quelle: dpa)

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1 Kommentar

  1. Es geht prozentual gesehen um einen sehr geringen Anteil der Bevölkerung, den dies betrifft, selbstverständlich nimmt das Interesse ab.

    Leider gibt es auch schon die ersten fragwürdigen Nutzungen des Selbstbestimmungsgesetzes. Das war zu befürchten und ist bittere Realität:
    Zitat Spiegel: „Ein Neonazi-Kamerad wird offiziell zur Kameradin – vermutlich, um das Selbstbestimmungsgesetz lächerlich zu machen. Die neuen Regeln für trans Personen öffnen auch jenen Tür und Tor, die sie offenbar ad absurdum führen wollen.“

    Auch dieses Gesetz müsste dringend überarbeitet werden, um den Missbrauch einzudämmen.
    Minderjährige sollten diese weitreichende Entscheidung ebenfalls nicht ohne ausreichende Beratung treffen.

    Auf der einen Seite spricht man Jugendlichen die geistige Reife für viele Dinge ab, sie sind nicht voll geschäftsfähig und werden oftmals bis 21 im Rahmen des Jugendstrafrechts behandelt. Auto fahren, tätowieren, …. ist verboten. Auf der anderen Seite sollen sie die Tragweite einer solchen Änderung abschätzen und das während der Pubertät, in der viele Jugendliche sowieso mit sich zu kämpfen haben. Das passt nicht zusammen.
    Und wenn Minderjährige zu den 0,5 % der Weltbevölkerung gehören, ist ein respektvoller Umgang mit der Akzeptanz u.a. eines ausgewählten Namens bis zur Volljährigkeit durchaus eine Möglichkeit.

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