Abschied vom Einfamilienhaus: Kommunen in RLP wollen verdichten, so auch Trier

Eine Siedlung mit freistehenden Einfamilienhäusern braucht pro Bewohner viel mehr Fläche als eine mit Mehrfamilienhäusern. Um nicht immer neue Areale zu versiegeln, setzen Kommunen verstärkt auf den Mehrgeschossbau und Nachverdichtung. Nicht alle finden das gut.

3
Robau von Wohngebäuden. Foto: Patrick Pleul/dpa

INGELHEIM/KAISERSLAUTERN. So manche Familie träumt den Traum vom eigenen, freistehenden Einfamilienhaus. Doch in Zeiten, in denen weniger Flächen versiegelt werden sollen, setzen Kommunen auch in Rheinland-Pfalz verstärkt darauf, Baulücken zu schließen, nehmen innerstädtische Brachflächen in den Blick oder favorisieren neue Viertel mit Mehrfamilienhäusern.

Das sorgt gerade in einem Flächenland mit einer vergleichsweise hohen Quote an Wohneigentum auch für Kontroversen. Das Ziel, den Flächenverbrauch zu senken, hat hierzulande auch die Ampel-Koalition ausgegeben. In ihrem Koalitionsvertrag heißt es: «Um das Ziel Netto-Null Flächenverbrauch bis 2050 zu erreichen, muss der tägliche ‚Verbrauch‘ (Neuinanspruchnahme) dauerhaft unter 1 Hektar liegen.» 2021 wurden indes nach Daten des Statistischen Landesamtes aber pro Tag noch 8,9 Hektar neu in Anspruch genommen.

Abseits von Rheinland-Pfalz ist etwa das nordrhein-westfälische Münster ein Vorreiter bei der Reduzierung des Flächenfraßes. Dort sieht ein «Leitfaden Klimagerechte Bauleitplanung» unter anderem vor, dass beim Bau neuer Einfamilienhäuser Doppel- und Reihenhäuser den Schwerpunkt bilden sollen. Freistehende Einfamilienhäuser sollen künftig die Ausnahme sein. Als Gründe nennt die Kommune die hohen Grundstückspreise, die hohen Bau- und Finanzierungskosten sowie den bei freistehenden Einfamilienhäusern höheren Flächen- und Energieverbrauch.

Auch in rheinland-pfälzischen Kommunen hat ein Umdenken bei der Planung von neuen Baulandflächen stattgefunden. Der Städtetag im Land verweist beispielsweise auf das rheinhessische Ingelheim. Das habe die Abkehr vom Bau neuer, freistehender Einfamilienhäuser recht deutlich vollzogen. Dort heißt es in im März vom Stadtrat beschlossenen Leitlinien, bestehende Ein- und Zweifamilienhausgebiete sollten erhalten und gegebenenfalls nachverdichtet werden. «Im Außenbereich wollen wir keine reinen Baugebiete für freistehende Einfamilienhäuser ausweisen, sondern vorrangig kompakte und verdichtete Baustrukturen schaffen.» Die Quote der Mehrfamilienhäuser soll demnach in Ingelheim deutlich gesteigert werden.

Ganz im Westen von Rheinland-Pfalz hat Trier zuletzt im Zuge eines neuen Flächennutzungsplans, der im Sommer 2018 im Stadtrat beschlossen wurde, Ziele für den Wohnungsbau formuliert. Darin sei zwar einerseits festgehalten worden, dass es eine Ausweitung der Baulandangebote für Familieneigenheime geben soll, um der Abwanderung ins Umland entgegenzuwirken, erklärte Stadtsprecher Michael Schmitz.

Zugleich sei das Ziel formuliert worden, im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden für neue Baugebiete eine möglichst hohe, aber dennoch verträgliche bauliche Verdichtung anzustreben. Konkrete Festlegungen zu Bauformen trifft der Flächennutzungsplan in Trier nicht, der Fokus solle aber auf Reihen- und Kettenhäusern mit vergleichsweise geringen Grundstücksgrößen liegen. «Damit können auch Grundstückskosten reduziert werden, dieser Aspekt spielt angesichts erheblich gestiegener Baupreise eine wichtige Rolle.»

Kaiserslautern hat ein Leitbild namens «Innenentwicklung vor Außenentwicklung», wie die Kommune mitteilte. Demnach sollen auf der sogennanten «grünen Wiese» vor den Toren der Stadt keine neuen Baugebiete, vor allem keine Wohngebiete, planerisch ausgewiesen werden. Bevorzugt werde die Nutzung von Brachflächen oder eine neue Nutzung bereits versiegelter Flächen innerhalb des Stadtgebiets.

Die Nachverdichtung, die Bebauung von Räumen zwischen bestehenden Häusern, spiele eine große Rolle. Ein Baulandkataster in der pfälzischen Stadt gibt einen Überblick über Baulücken, die sich für Wohnbebauung eignen. Die Stadt spricht von einem «Paradigmenwechsel weg von der «grünen Wiese», hin zu Innenbereichsflächen». Sie will nach Angaben eines Sprechers in Bebauungsplänen verstärkt auf «verdichtete Wohnformen», also Mehrfamilienhäuser, setzen und weniger auf Einfamilienhäuser. Bei der Ansiedlung von Gewerbe sollen künftig vor allem Brach- und Konversionsflächen genutzt werden.

In Koblenz schreibt der 2014 vom Stadtrat beschlossene Masterplan Stadtentwicklung das Grundprinzip «Innenentwicklung vor Außenentwicklung» vor. Für den Geschosswohnbau würden etwa freiwerdende Flächen wie die des ehemaligen Güterbahnhofs im Stadtteil Lützel oder ein früheres Kasernen-Areal genutzt. Im Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes werden nur wenige neue Gebiete für Einfamilienhaus- oder Doppelhausbebauung vorgesehen, wie ein Stadtsprecher erklärte.

Er berichtete auch, dass das politisch kontrovers diskutiert werde. Ein Gegenargument sei, dass junge Familien so gezwungen würden, die Stadt zu verlassen. Die müssten dann nach Koblenz einpendeln, was für mehr Verkehr sorge. Und die Rhein-Mosel-Stadt hat ein weiteres Problem ausgemacht: Wegen der demografischen Entwicklung werde es in den kommenden 10 bis 15 Jahren verstärkt dazu kommen, dass in den Stadtteilen ältere Häuser frei würden, die nicht mehr den Anforderungen an modernes Wohnen entsprächen. «Vor dem Hintergrund des neuen Gebäudeenergiegesetzes wird es eine städtebauliche Herausforderung werden, diese Quartiere zu beleben.»

Vorsitzender der FDP-Stadtratsfraktion in Koblenz ist Christoph Schöll. Er ist auch Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus und Grund in Rheinland-Pfalz und sieht den mancherorts angedachten weitgehenden Verzicht auf neue Einfamilienhäuser kritisch. «Ich kann damit nichts anfangen», sagte er. «Es gibt noch viele junge Familien, die den Traum von einem eigenen Haus haben.» Und wenn sie es sich leisten könnten, warum sollten sie das nicht machen. «Ich kann das als Politik doch nicht verbieten.»

Die Landeshauptstadt Mainz hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, zwischen 2018 und 2025 insgesamt 5500 neue Wohnungen zu errichten. «Um die wenigen zur Verfügung stehenden Flächen effizient zu nutzen und somit sparsam mit Grund und Boden umzugehen, setzt die Stadt Mainz bereits seit vielen Jahren auf Innenentwicklung und den Bau von Geschosswohnungsbau», heißt es aus dem Baudezernat. Im Fokus stehe insbesondere auch die Umwandlung von Konversionsflächen – wie im Fall des Heiligkreuz-Viertels, des Zollhafens und eines Kasernenareals. Allerdings gelte es, bei der jeweiligen städtebaulichen Entwicklung immer den Einzelfall zu betrachten. (Quelle: dpa)

Vorheriger ArtikelFünf Verletzte: Sperrung nach Unfällen auf der A60
Nächster ArtikelUpdate: Geldautomaten-Sprengung im Saarland – Polizei äußert sich zu Fluchtfahrzeugen

3 Kommentare

  1. „Flächenverbrauch“ ist eine hohle Phrase. Und „Verdichten,“ ist ökologischer Blödsinn. Tatsächlich müssten wir so ziemlich das Gegenteil tun.

    Statt es kompliziert zu erklären: Man braucht sich ja nur gewachsenen Siedlungsraum auf den Dörfern anzusehen. Die alten Bauernhäuser stehen ganz frei oder haben rückwärtig Gärten, richtige, mit einheimischen Pflanzen (nicht diesen Städter-Schotter-Alptraum mit Buchsbaum + Kirschlorbeer + Thuja). Für die natürliche Lebenswelt (Insekten, Vögel usw.) ist so eine abwechslungsreiche Umgebung aus alten Häusern, Schuppen und Bauerngärten tausendmal hilfreicher als z.B. ein Rapsfeld (das wir aber auch brauchen).

    Wenn man ernsthaft, also WIRKLICH ernsthaft mehr Natur in Deutschland will, dann muss man auf die Reduzierung der Bevölkerung insgesamt abzielen. Wer gar nicht da ist, der verbraucht auch nichts, keine Flächen, keine Infrastruktur, kein Wasser, keine Energie.

    Das ließe sich problemlos erreichen, in dem man die Zuwanderung auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt, die Asylmigration also ganz unterbindet.

    Im Übrigen habe ich die Schnauze voll von diesem Gängelsystem. Wird Zeit, dass sich das ändert. Bei der nächsten Wahl gibts den Denkzettel.

  2. Ich bin mir sehr sicher dass der Leibe sein Einfamilienhaus am Petrisberg nicht aufgeben wird um mit gutem Beispiel voranzugehen.
    Ebenso sicher bin ich dass es da wo er wohnt keine Nachverdichtung geben wird.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Die Redaktion behält sich vor, Lesermeinungen zu kürzen. Es besteht kein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihrer zugesandten Meinungen. Klarname ist nicht erforderlich. Eine E-Mail-Adresse muss angegeben werden, wird aber nicht veröffentlicht.