Drückende Schuldenlast: Kommunen in Rheinland-Pfalz fehlt Geld für Zukunftsgestaltung

Städte und Kreise in Rheinland-Pfalz ächzen schon lange unter einer drückenden Schuldenlast. Jetzt kommt auch noch die Corona-Krise dazu. Im Streit um Geld vom Land vergleicht der Rechnungshof auch, wie es damit in anderen Ländern aussieht.

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Foto: dpa (Symbolbild)

RLP.  Die Einnahmen schrumpfen, die Ausgaben steigen – und so bleibt Städten, Gemeinden und Landkreisen wenig Geld, in die Lebensqualität vor Ort zu investieren. 

Gleichzeitig hat die Verschuldung der Kommunen nach zwei rückläufigen Jahren wieder zugenommen, wie der am Montag veröffentlichte Kommunalbericht 2020 des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz ausweist. Die Pro-Kopf-Verschuldung durch Kommunalkredite war mit 2958 Euro im Ländervergleich die zweithöchste nach dem Saarland. Deswegen mussten Kommunen in Rheinland-Pfalz 128 Millionen Euro mehr für Zinsen ausgeben als die übrigen Flächenländer im Durchschnitt.

«Da kann man sehen, wie die Schulden die Kommunen drücken», sagte Rechnungshofpräsident Jörg Berres der Deutschen Presse-Agentur. «Das sind Ausgaben, die an anderen Stellen fehlen.»

Rechnerisch wären laut Rechnungshof noch 32 Jahre nötig, um den Schuldenberg bei dem Tilgungstempo der konjunkturell guten Jahre 2017 bis 2019 abzutragen. «Der Vergleich der Zinsbelastung mit anderen Flächenländern sowie das Risiko höherer Zinsen erfordern eine konsequentere Verringerung der Verschuldung, um den finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen langfristig wieder zu erhöhen», heißt es mahnend in dem Bericht. Die Jahre guter Steuereinnahmen seien zum Abbau der Schulden nicht hinreichend genutzt worden.

Der Kommunalbericht weist für das vergangene Jahr einen Anstieg der kommunalen Verschuldung um 48 Millionen auf 12,1 Milliarden Euro aus. Davon entfallen sechs Milliarden auf Liquiditätskredite, die eigentlich nur der kurzfristigen Überbrückung finanzieller Engpässe in den kommunalen Kassen dienen sollen.

Berres mahnte, dass die Kommunen auch in Zeiten der Krise versuchen sollten, einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen. Nach jahrelangen Hinweisen auf Spielräume bei der Anhebung von Grund- und Gewerbesteuern sieht der Kommunalbericht inzwischen Anzeichen in dieser Richtung: So erhöhten im laufenden Jahr 135 Kommunen ihre Hebesätze bei der Grundsteuer B – geplant ist dies etwa auch in Neuwied – und in 77 Kommunen bei der Gewerbesteuer.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie spüren die Kommunen nicht nur bei Einbußen der Gewerbesteuer, sondern auch bei höheren Ausgaben. Beide Entwicklungen zusammen führten dazu, dass das Defizit der kommunalen Kassen im ersten Halbjahr 2020 mit insgesamt 608 Millionen Euro den Fehlbetrag im Vorjahr um 56,3 Prozent übertraf.

Aufgrund der Belastungen der Wirtschaft stiegen die Sozialausgaben demnach im ersten Halbjahr um 3,2 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Ein coronabedingt zusätzlicher Bedarf etwa in Schulen und bei Ordnungs- und Gesundheitsämtern führte zu einer Ausweitung der Sachausgaben um 8,8 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Die Personalausgaben kletterten im ersten Halbjahr um 5,7 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.

Gleichzeitig gab es bei den Einnahmen der Kommunen aus der Gewerbesteuer einen Einbruch um 17,4 Prozent auf 852 Millionen Euro. An Gebühren wurden 172 Millionen Euro eingenommen, 22,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Wegen der drastisch gesunkenen Einnahmen bei der Gewerbesteuer hat das Land den Kommunen Hilfen von 250 Millionen Euro für 2020 und 2021 zugesagt. Der Rechnungshof untersuchte in seinem Bericht auch, inwieweit sich die Zuweisungen des Landes an die Kommunen von denen in anderen Flächenländern unterscheiden. Demnach wurde den Kommunen im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 im Vergleich zum Mittelwert der anderen Flächenländer drei Prozent weniger vom Land zugewiesen. Bei den allgemeinen Zuweisungen waren es sogar 20,7 Prozent weniger – dafür bei den Zweckzuweisungen, etwa für Sozialausgaben, 17 Prozent mehr als in anderen Ländern. Im Streit um Zahlungen des Landes an die Kommunen will der Verfassungsgerichtshof (VGH) am 16. Dezember seine Entscheidung bekanntgeben.

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1 Kommentar

  1. Wie ist das Verhältnis von produktiv-wertschöpfendend Arbeitenden zu Staatsgeld-Abhängigen in Deutschland?
    82,8 Mio Einwohner – davon sind 27 Mio Nettosteuerzahler, von diesen 27 Mio sind 12 Mio direkt oder indirekt vom Staat abhängig (Staatsbedienstete, Lehrer, Professoren, Richter, Staatsanwälte, Politiker, Polizisten, Soldaten, Verwaltungsbeamte/- angestellte etc.) – somit verbleiben 15 Mio von Staatsgeld unabhängige Nettosteuerzahler.
    Was tun wir da? Wir schenken praktisch jedem Abitur, damit jeder sich schön als was Besseres fühlt und die Wertschöpfenden als Idioten und als Beute ansieht. Und diejenigen Geschwätzwissenschaftler, die nicht beim Staat unterkommen, diese werden selten Nettosteuerzahler, weil sie als examinierte Paketfahrer uä. ihre prekären Löhne mit staatlicher Stütze aufstocken müssen. Ohne die billigen Importprodukte aus China hätte der deutsche Sozialstaat ca. 2008 das Pleite-Niveau der Süd-Europäer erreicht – während selbige sich auf Kosten Deutschlands sanieren.
    Wie lange können wir das Chinazeugs noch importieren? Im Austausch für Klugscheißereien und Moralpredigten werden nicht einmal die Chinesen irgendeine Ware rausrücken.

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