EU-Chatkontrolle: Wenn Brüssel heimlich ins Handy schauen will

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Symbolbild: Smartphone auf einem Tisch neben einer EU-Flagge, darüber digitale Überwachungssymbole. Darstellung des Konzepts der EU-Chatkontrolle und der Debatte um Datenschutz und Privatsphäre.
Datenschutz unter Druck – die EU plant eine „Chatkontrolle“, die private Nachrichten künftig automatisch durchsuchen könnte. Kritiker warnen vor einem gefährlichen Eingriff in die digitale Privatsphäre. Symbolbild

Brüssel / Berlin. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem Gesetz, das private Chatnachrichten systematisch scannen lassen soll – noch bevor sie verschlüsselt werden. Offiziell heißt das Vorhaben Regulation to Prevent and Combat Child Sexual Abuse“ (CSAR), bekannt ist es jedoch unter einem anderen Namen: Chatkontrolle.

Das Ziel: Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet. Doch Kritiker warnen – dieser Plan könnte das Ende sicherer Kommunikation in Europa bedeuten.

Was hinter der geplanten Chatkontrolle steckt

Nach dem Entwurf sollen Anbieter wie WhatsApp, Signal oder Threema verpflichtet werden, Fotos, Videos oder Links direkt auf den Geräten der Nutzer zu durchsuchen, bevor sie verschlüsselt versendet werden. Dieses sogenannte Client-Side-Scanning (CSS) soll Missbrauchsmaterial erkennen, noch bevor es verschickt wird.

Textnachrichten sind aktuell ausgenommen – doch EU-Abgeordnete drängen, auch diese künftig zu erfassen. Damit würde erstmals eine flächendeckende Chatüberwachung in Europa möglich.

Datenschützer warnen vor Überwachungsstaat

Fachleute und Bürgerrechtsorganisationen schlagen Alarm:

  • Jede Nachricht würde potenziell überprüft – selbst ohne konkreten Verdacht.

  • Das Verfahren würde die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben – also den Kern sicherer Kommunikation.

  • Falschalarme durch fehlerhafte Erkennungssoftware könnten Millionen unschuldiger Nutzer treffen.

Der Messengerdienst Signal bezeichnete die geplante Technik als „staatlich verordnete Malware“. Über 500 Kryptografie-Expert:innen fordern in einem offenen Brief die vollständige Ablehnung des Gesetzes. Auch der deutsche Anbieter Tuta Mail kündigte rechtliche Schritte an, sollte das Vorhaben Realität werden.

Politische Brisanz: Deutschland auf der Kippe

Während Länder wie Frankreich, Dänemark oder Spanien den Entwurf unterstützen, zeigt sich Deutschland bislang unentschlossen. Die Bundesregierung erklärte, man lehne „allgemeine Chatüberwachung“ ab, ließ jedoch offen, wie sie sich bei der Abstimmung im EU-Rat verhalten wird.

Ein „Ja“ Berlins könnte die entscheidende Mehrheit für das Gesetz bringen – und den Weg für die Chatkontrolle endgültig ebnen.

Was Kritiker befürchten

Datenschützer und Netzpolitiker warnen:

  • Das Gesetz stellt alle EU-Bürger unter Generalverdacht.

  • Hintertüren in der Verschlüsselung könnten auch von Hackern oder Geheimdiensten ausgenutzt werden.

  • Die Maßnahme sei mit der EU-Grundrechtecharta (Art. 7 & 8) kaum vereinbar.

Zudem zweifeln Fachleute am praktischen Nutzen: Täter, die wirklich Missbrauch betreiben, nutzten längst verschlüsselte Cloud-Systeme oder das Darknet – nicht WhatsApp oder Signal.

Fazit: Sicherheit darf nicht Überwachung bedeuten

Der Schutz von Kindern ist unbestritten notwendig. Doch der geplante EU-Gesetzentwurf droht, Privatsphäre, Pressefreiheit und digitale Sicherheit gleichermaßen zu gefährden. Wenn der Staat künftig in jedes Handy blicken kann, ist der Weg zum Überwachungsstaat nicht mehr weit.

Die kommenden Wochen in Brüssel könnten entscheiden, ob Europa die Privatsphäre seiner Bürger bewahrt – oder sie aufgibt.

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