TRIER. In knapp einem Jahr wird die nächste große Landesausstellung zur römischen Antike in Trier eröffnet. Thema wird diesmal Marc Aurel (121-180 n. Chr.), der Philosoph auf dem Kaiserthron, sein. In enger Kooperation von Rheinischem Landesmuseum und Stadtmuseum Simeonstift werden Biographie und Philosophie Marc Aurels sowie sein Bezug zu Trier dargestellt und seine Rezeption und Wirkung in der Geschichte beleuchtet. Grund genug für die Verantwortlichen, einen Ausblick auf die Schau und einige besondere Exponate zu gewähren.
Von Alexander Scheidweiler
Ein sichtlich aufgeräumter Innenminister Michael Ebling und ein nicht minder aufgeräumter Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe gaben am heutigen Montagmittag in den Räumlichkeiten des Rheinischen Landesmuseums Trier gemeinsam mit dem Direktor des Landesmuseums, Dr. Marcus Reuter, sowie der Direktorin des Stadtmuseums Simeonstift, Dr. Viola Skiba, einen Ausblick auf die nächste große Landesausstellung in Trier sowie auf einige ausgewählte Exponate, die bei der Schau zu sehen sein werden. Die Ausstellung, die vom 15.6. bis zum 23.11.2025 stattfinden wird, widmet sich Marc Aurel, dem Philosophen auf dem Kaiserthron, dessen philosophische „Selbstbetrachtungen“ der Denkschule der jüngeren Stoa zuzurechnen sind und bis in die Moderne nachgewirkt haben.
Von dieser nachhaltigen Wirkung zeugt im Rahmen der Trierer Ausstellung u.a. das persönliche Exemplar der „Selbstbetrachtungen“ des 2015 verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt aus den Beständen der Helmut und Loki Schmidt-Stiftung, das im Stadtmuseum Simeonstift zu sehen sein wird. Schmidt „erhielt das Buch als Geschenk zu seiner Konfirmation und hielt es ein Leben lang in Ehren. Er verinnerlichte die Leitsätze Marc Aurel bereits als Jugendlicher und verwies immer wieder auf die Lehren der Stoa – allen voran Pflichterfüllung und Gelassenheit – als Orientierung für sein politisches Handeln“, so Leibe.
Genau 354 Tage vor der Eröffnung der Marc Aurel-Ausstellung schritten die Arbeiten zügig voran, sagte Innenminister Michael Ebling. Er sei überzeugt, dass die neue Ausstellung an die Erfolgsgeschichte vorangegangener Römer-Ausstellungen in Trier wie wie „Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann“ (2016) oder „Der Untergang des Römischen Reiches“ (2022) anknüpfen werde. Mit diesen und anderen Ausstellungen habe Trier sich einen hervorragenden überregionalen Ruf erarbeitet: „Wir haben gesehen, wie immer wieder Besucherinnen und Besucher aus der Region, aber auch weit darüber hinaus in unser schönes Bundesland und in die schöne Stadt Trier gelockt wurden“, so Ebling weiter. Der Innenminister lobte die erneute, enge Kooperation von Land Rheinland-Pfalz und Stadt Trier bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausstellung, bei der das Rheinische Landesmuseum und das Stadtmuseum Simeonstift zusammenarbeiten. Dabei wird das Landesmuseum unter dem Titel „Kaiser, Feldherr, Philosoph“ schwerpunktmäßig die Biographie Marc Aurel und den antiken Kontext darstellen, während das Stadtmuseum unter dem Titel „Was ist gute Herrschaft?“ ausgehend von Marc Aurel der Frage nachgehen wird, wie sich die Vorstellungen von guter Herrschaft im Laufe der Geschichte gewandelt haben.
Es handle sich um die erste große Sonderausstellung in dieser Form zu Marc Aurel, sagte Ebling – und auch der Bezug zu Trier werde herausgearbeitet, wurde unter seiner Herrschaft doch die Trierer Stadtbefestigung einschließlich der Porta Nigra erbaut. Das Budget von 5,3 Millionen Euro, das den beiden Museen zur Verfügung stehe, sei erheblich, es handele sich aber um „gut investiertes Geld“, da eine derart hochkarätige Ausstellung nicht nur einen „kulturellen Mehrwert“ bringe, sondern immer auch „ein Impulsgeber für Wirtschaft und Tourismus“ sei.
Insgesamt werden im Rahmen der Schau rund 380 Ausstellungsstücke auf ca. 1.000 Quadratmetern im Landesmuseum sowie auf ca. 600 Quadratmetern im Stadtmuseum zu sehen sein. Die Exponate entstammen den eigenen Sammlungen sowie von 85 Leihgebern aus ganz Europa. Als Beispiel einer besonders hochkarätigen Leihgabe nannte Ebling eine Büste des erwachsenen Lucius Verus (130-169 n.Chr.), des Adoptivbruders von Marc Aurel, der mehrere Jahre lang sein Mitkaiser war. Die Büste befindet sich im Besitz der Vatikanischen Museen und wird für die Ausstellung nach Trier entliehen. Ebling: „Diese Büste aus Marmor ist von herausragender Qualität. Es ist eine der besterhaltenen und ganz sicher das berühmteste Exemplar dieses Bildnistypus des Lucius Verus.“ Zudem sei es keine Selbstverständlichkeit, dass die Vatikanischen Museen ein so wertvolles Stück verliehen. Es erfülle ihn daher mit Stolz, dass diese Ausleihe möglich war. Dies zeige, dass die rheinland-pfälzische Landesausstellung „in der Champions League spielt“: „Ich glaube, ohne Übertreibung können wir zu dieser Landesausstellung sagen: Es wird ein bundesweites Highlight in den Ausstellungen dieser Republik.“
Auch Leibe unterstrich die gute Zusammenarbeit zwischen dem Land und der Stadt Trier: „Es ist nicht selbstverständlich, dass diese dezentralen Landesausstellungen gemacht werden. Es gibt viele Bundesländer, da ist immer alles in der Hauptstadt. Und deshalb: Große Wertschätzung von meiner Seite, dass das Land Landesausstellungen im ganzen Land auch unterstützt.“ Leibe betonte ferner, dass man sich bewusst entschieden habe, die Ausstellung fast bis zum Ende des Novembers zu veranstalten, womit man einem Wunsch der Trierer Hotellerie und Gastronomie entsprochen habe: „Nach dem großen Andrang über den Sommer ist ab Ende Oktober der November nicht mehr so stark belegt.“ Da biete die längere Dauer der Ausstellung einen Anziehungspunkt, was auch für die Besucher den Vorteil habe, dass man die Ausstellung nach dem Ende der touristischen Hauptsaison mit mehr Ruhe besichtigen kann. Auch Leibe verlieh seinem Stolz darüber Ausdruck, dass so namhafte Leihgeber wie das Amsterdamer Reichsmuseum und der Palazzo Barberini in Rom hochwertige Exponate zu der Trierer Schau beisteuern. Schon bei einer Neapel-Reise mit Eblings Amtsvorgänger Roger Lewentz habe er erleben können, dass die rheinland-pfälzische Delegation, „wirklich auf Augenhöhe wahrgenommen“ wurde, „dort, wo die großen Exponate aus römischer Zeit sind“.
Die beiden Museumsdirektoren gaben ebenfalls interessante Ausblicke anhand ihrer jeweiligen Lieblingsexponate. Dass dabei augenscheinlich unscheinbare Stücke von hoher Relevanz sein können, machte Reuter am Beispiel eines Papyrus zur Rechtsprechung des Kaisers Antoninus Pius (86-161 n.Chr.), des Adoptivvaters Marc Aurels, deutlich: „Ein relativ kleiner Fetzen“ sei es auf den ersten Blick, so Reuter, dennoch sei das sich in Oxford befindende Stück aus den Beständen der Londoner Egypt Exploration Society inhaltlich spannend. Der Papyrus enthalte einen Verwaltungsakt aus der sehr langen, 23-jährigen Kronprinzenzeit des Marc Aurel, die fast schon an König Charles III. von England und Queen Elizabeth II. erinnere, so Reuter. In dieser langen Phase, von der der Papyrus Zeugnis ablegt, „ist Marc Aurel auf seine Regierungsgeschäfte vorbereitet worden wie kein anderer Kaiser vor und nach ihm“, so der Museumsdirektor weiter. In dieser Zeit habe er an der Verwaltung des Imperiums mitgewirkt – „und genau von diesen Tätigkeiten erzählt der Papyrus“, der eine Gerichtsverhandlung überliefere, die unter dem Vorsitz der Kaiser stattfand. „Für mich persönlich sind es diese auf den ersten Blick unscheinbaren Exponate, die einen ganz unmittelbar in die Nähe des mächtigsten Mannes der damaligen Welt führen.“ Worum es bei der bewussten Gerichtsverhandlung aber genau geht, wollte Reuter noch nicht sagen – dieses Geheimnis wird erst in der Ausstellung gelüftet.
Viola Skiba präsentierte als ihr Lieblingsexponat ein Capriccio mit dem berühmten Reiterstandbild des Marc Aurel, gemalt von dem Vedutenmaler Giovanni Paolo Pannini (1691-1765). Es handele sich dabei „um eine besonders schöne Leihgabe aus Rom“ von den Gallerie Nazionale Barberini, erklärte die Direktorin des Stadtmuseums. Die Statue habe auch in der Entstehungszeit des Gemäldes um die Mitte des 18. Jahrhunderts ikonischen Status gehabt, was sich aus dem Bild Marc Aurels als vorbildlichen Herrschers erkläre. Die noch heute auf dem Capitol befindliche Skulptur habe nur deshalb die Zeiten überdauert, weil irrtümlich „ein weiterer für Trier sehr wichtiger Kaiser, nämlich Konstantin, als Dargestellter angenommen wurde.“ Erst im ausgehenden Mittelalter habe man erkannt, dass es sich bei dem Dargestellten um Marc Aurel handelt. Auf dem entliehenen Gemälde ist er „wirklich inszeniert von einem Meister des Ruinenbilds“, sagte Skiba. Gerade in dieser Zeit, als Pompeji ausgegraben wird, bildet sich diese Kunstform auf Grundlage der erwachenden Antikenbegeisterung heraus. Dabei tauche insbesondere Marc Aurel häufig als Bildmotiv auf. Panninis Gemälde werde die Ausstellungsbesucher im Simeonstift empfangen, bevor es dann weitergehe mit der Frage, was gute Herrschaft im Wandel der Zeit ist, wofür Marc Aurel aufgrund seiner Bedeutung für die Philosophie der Stoa geradezu als Inbegriff gelte.
Die Ausstellung wird durch ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm begleitet, das sich sowohl an Erwachsene wie auch an Kinder richtet. Zu beiden Ausstellungsteilen ist jeweils ein Begleitband geplant.
Weitere Informationen unter: www.marc-aurel-trier.de.