Asylheim-Brandanschlag: Entschädigungsfonds und U-Ausschuss im Fall Yeboah geplant

Der tödliche Brandanschlag auf einen Flüchtling aus Ghana 1991 erhält neue Aktualität: Während am Oberlandesgericht Koblenz derzeit der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter läuft, werden im Saarland nun auch politische Konsequenzen gezogen.

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Teilnehmer einer Gedenkkundgebung für den 1991 bei einem Brandanschlag getöteten ghanaischen Asylbewerber Samuel Yeboah haben an einem Gedenkstein Blumen abgelegt. Foto: Harald Tittel/dpa

SAARBRÜCKEN. Mehr als 30 Jahre nach dem Tod eines 27-jährigen Flüchtlings bei einem Brandanschlag in Saarlouis hat die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger die Opfer und ihre Angehörigen um Entschuldigung gebeten. Vor Journalisten sprach die SPD-Politikerin am Dienstag ihr «tiefes Bedauern über die gemachten Fehler im gesellschaftlichen, im politischen, polizeilichen oder auch sonstigen Umgang mit dem Tod von Samuel Yeboah» aus.

Dabei entschuldigte sie sich «für Fehler der damaligen Zeit, egal ob sie schon jetzt bekannt sind oder ob sie möglicherweise auch noch durch die entsprechende Aufarbeitung herausgearbeitet werden».

Vor dem Oberlandesgericht Koblenz muss sich seit November 2022 ein heute 52-Jähriger wegen Mordes sowie versuchten Mordes verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Deutschen vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben. Vor einer Woche war ein weiterer Mann in dem Fall festgenommen worden. Der aus Ghana stammende Yeboah war bei einem nächtlichen Brandanschlag 1991 nach schwersten Verbrennungen gestorben. Zwei andere Hausbewohner wurden verletzt.

Unabhängig von der juristischen Aufarbeitung wolle die Landesregierung eigene Konsequenzen ziehen, sagte Rehlinger. Sie kündigte an, dass die Landesregierung nach hessischem Vorbild einen Entschädigungsfonds für Opfer rassistischer Gewalt einrichten werde. «Auch wenn kein Geld der Welt entstandenes Leid ungeschehen machen kann: Eine Entschädigung bedeutet vor allem Anerkennung des Leidens und des Verlustes», sagte sie. Der Fonds sei nicht als reiner «Yeboah-Fonds» gedacht, sondern für alle Opfer schwerer Gewalttaten von überregionaler Bedeutung mit rassistischem, antisemitischem, extremistischem oder terroristischem Hintergrund.

Dabei handle es sich um eine gestaffelte einmalige Unterstützungsleistung, die sich auch an der Schwere der Tat orientiere. Im Regelfall bedeute dies 10.000 Euro, die gesteigert werden könnten auf 30.000 Euro bei schweren Körper- und Gesundheitsschäden und bis zu 100.000 Euro bei besonderen Härtefällen und Todesfällen.

Zudem kündigte Rehlinger einen Landesaktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus und eine gemeinsame Gedenkveranstaltung mit der Stadt Saarlouis an die Tat von 1991 an. Außerdem wolle sie den Opfern und Geschädigten rund um die Causa Yeboah ein Gesprächsangebot machen. Auch wolle die Landesregierung dem Parlament vorschlagen, einen Rassismusbeauftragten beim Landtag anzusiedeln.

CDU- und SPD-Fraktion gaben am Dienstag bekannt, dass am 21. Juni im Landtag der gemeinsame Einsetzungsbeschluss für einen Untersuchungsausschuss fallen soll. Sein Name: «Umgang der saarländischen Behörden mit dem Brandanschlag vom 19. September 1991 in Saarlouis-Fraulautern und mit weiteren ausländerfeindlichen Straftaten sowie deren Opfern zu Beginn der neunziger Jahre im Saarland».

Nach Meinung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Stephan Toscani weise die Anschlagserie Anfang der 1990er-Jahre auf Asylbewerberheime über den aktuell noch laufenden Gerichtsprozess hinaus grundsätzliche Fragen auf. Zum einen wolle man den Opfern Gehör verschaffen, zum anderen wolle man wissen, «welche strukturellen Konsequenzen und Lehren aus den Erkenntnissen über das damalige Behördenhandeln bereits gezogen wurden oder noch zu ziehen sind».

Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Kira Braun erhofft sich eine «transparente und lückenlose Aufklärung». Der Untersuchungsausschuss biete die Chance, «Ermittlungsfehler und strukturelle Defizite schonungslos ans Licht zu bringen, die über Jahrzehnte nicht aufgeklärt wurden.» Nur so können man aus den Fehlern der Vergangenheit die richtigen Schlüsse ziehen. (Quelle: dpa)

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