Warm anziehen für’s Gebet – Kirchen sparen Energie

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Foto: Christoph Schmidt/dpa/Illustration

DARMSTADT/FULDA. Warm anziehen für’s gemeinsame Gebet – das empfiehlt sich in diesem Spätherbst und Winter in vielen Kirchen. Um Energie zu sparen, werden die Heizungen mancherorts nur noch auf Frostschutz gestellt. Einige Gemeinden überlegen sogar, die Gläubigen mit Glühwein zu wärmen.

Die Kirchen in Hessen und Rheinland-Pfalz fürchten trotz vielerorts gedrosselter Heizungen keinen Besucherschwund in diesem Spätherbst und Winter. Bei den Gläubigen stießen die Sparmaßnahmen angesichts der hohen Energiepreise und Klimaschutzbestrebungen überwiegend auf Verständnis, hieß es in Bistümern und bei den evangelischen Kirchen. In vielen Gotteshäusern sind die Heizungsanlagen bereits heruntergedreht oder sogar nur auf Frostschutz gestellt, mancherorts werden Gottesdienste in Gemeindehäuser verlegt oder gleich ganz draußen veranstaltet. Für Kirchgänger empfiehlt sich also warme Kleidung in den kommenden Wochen ganz besonders.

Das Bistum Trier hatte Handlungsempfehlungen zum Energiesparen herausgegeben, nach denen nur noch zwei Pfarrkirchen pro fusionierter Pfarrei oder Pfarreiengemeinschaft für die Gottesdienste auf 11 Grad zu heizen sind. Andere Kirchen könnten auf eine Temperatur von 6 Grad geheizt werden, um Schimmel zu vermeiden. «Wir treffen auf Verständnis und Rückhalt bei unseren Pfarreien, die alle um die Wichtigkeit des Energiesparens in Zeiten der globalen Klimakrise und des Ukraine-Kriegs wissen», sagte ein Bistumssprecher.

Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau erklärte, man wolle die Kirchen weiterhin beheizen, um nach den zwei Pandemiejahren dem Bedürfnis vieler Menschen nach Trost und Gemeinschaft nachzukommen. Dabei werde man noch einmal auf die 15-Grad-Regel hinweisen, die zwar bereits seit Jahrzehnten gelte, aber in der Vergangenheit nicht immer so genau genommen worden sei. Zugleich habe man den Gemeinden empfohlen, in die «Winterkirche» im Gemeindehaus umzuziehen. «Gemeinden schaffen aber auch vermehrt Decken an oder überlegen, beim Gottesdienst Glühwein auszuteilen, hörte ich vereinzelt», so der Sprecher. Auch digitale Feiern könnten abgehalten oder Gottesdienste ganz ins Freie verlegt werden.

Eine Ausnahme bilden die Frankfurter Gemeinden, die sich geschlossen dafür entschieden hätten, auch die Heizung ihrer Kirchen komplett auf Frostschutz-Niveau herunterzuregeln, so der Sprecher. Sparen will die EKHN vor allem bei Verwaltungsgebäuden, bei denen etwa Flure kalt und die Außenbeleuchtung dunkel bleiben sollen. Generell komme der evangelischen Kirche auch entgegen, dass ihre Gläubigen anders als Katholikinnen und Katholiken für einen Gottesdienst keinen geweihten Raum benötigten – sondern an jedem Ort Gottesdienst feiern könnten, sagte der Sprecher. «Pointiert und grob gesprochen: Eine Kirche ist nach protestantischem Verständnis eigentlich nur dafür da, dass es einem beim Gebet nicht auf den Kopf regnet.»

Vom Bistum Limburg hieß es, dass in diesem Spätherbst und Winter in nahezu allen Pfarreien die Kirchen-Heizungen ganz ausbleiben sollen oder lediglich auf eine Grundwärme von 4 bis 8 Grad geheizt würden, um etwa Schäden an Orgeln zu vermeiden. «Manche Pfarreien verlegen ihre Werktagsgottesdienste in Gemeindezentren oder in kleinere Kapellen», erklärte ein Sprecher. Auch die Temperatur in Gemeindezentren werde abgesenkt.

Über die Weihnachtsfeiertage gebe es teils Sonderregelungen. «Manche Pfarreien heizen beispielsweise vom 24. bis 26. Dezember auf 12 Grad.» Einen Rückgang bei den Besucherzahlen stelle man bisher nicht fest. «Ob sich das ändert, wenn die Temperaturen im November und Dezember weiter sinken, lässt sich aktuell nicht sagen. Wir sind da aber zuversichtlich. Denn bei den Gläubigen überwiegen bisher positive und verständnisvolle Reaktionen», so der Sprecher.

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck rät ihren Gemeinden, die bisherige Maximaltemperatur von 15 Grad weiter zu senken, um Einsparpotenziale zu heben. Rückmeldungen zeigten, dass die meisten Besucherinnen und Besucher die Gründe nachvollziehen könnten. «Von einem Rückgang aufgrund kalter Kirchen gehen wir daher nicht automatisch aus», erklärte eine Sprecherin. Kirche habe auch durch die Corona-Pandemie viel gelernt und neue Wege eingeschlagen. «So werden ‚frische Kirchen‘ im Winter im wahrsten Sinne des Wortes zu erfrischenden Gottesdiensten führen: kurz und gut.» Immer mehr Gemeinden richten auch sogenannte Wärmestuben ein. «Letztlich entscheidet sich mehr am Inhalt, ob Menschen kommen oder nicht. Wo sie Trost finden und gute Begegnung, halten sie es gewiss aus, auch wenn die äußeren Umstände ungemütlich sind.»

Auch das Bistum Fulda hatte bereits angekündigt, die Grundtemperatur in Kirchen wo möglich auf 5 Grad Celsius zu senken. Dazu habe es die eine oder andere kritische Rückmeldung gegeben – allgemein habe aber die Mehrzahl der Kirchgänger Verständnis für die Maßnahmen, erklärte ein Sprecher. Wo es möglich sei, würden Gottesdienste in Pfarrheime, Gemeindehäuser oder auch kleinere Kapellen verlegt. Die großen Pontifikalämter an den Weihnachtsfeiertagen sollten aber auch dieses Jahr wieder im Fuldaer Dom gefeiert werden. Man hoffe auf einen milden Winter, denn gerade bei Festgottesdiensten mit Chor, Orgel und vor allem Streichinstrumenten müssen entsprechende Raumtemperaturen erreicht werden – die dann aber zeitlich begrenzt den jeweiligen Erfordernissen angeglichen würden. (dpa)

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1 Kommentar

  1. Es bleibt zu hoffen, das die kühle, frostige, ungelenke Hand, den Weg zur Hosentasche nicht mehr findet, um den Klingelbeutel zu füllen.

    Es grenzt schon an Mosochismus, unter diesen Umständen noch eine Kirche
    aufzusuchen um das heuchlerische Gesülze eines Pfaffen über sich ergehen
    zu lassen.

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