TRIER. Die Corona-Pandemie beschäftigt Deutschland seit nunmehr zwei Jahren. Fast jeder hat selbst oder in seinem engsten Bekanntenkreis die Absage einer privaten Feier und die Frage miterlebt, ob die Kosten für den angemieteten Raum bezahlt werden müssen, wenn die Feier nicht stattfinden konnte.
Wir haben daher bei unserer Partnerkanzlei Haufs-Brusberg & Kollegen GbR einmal nachgefragt, wie die Rechtsprechung sich hierzu entwickelt hat.
Rechtsanwalt Christian Burg erklärt:
Zunächst haben die Gerichte in I. und II. Instanz unterschiedlich geurteilt. Richtungsweisend ist ein aktuelles Urteil des für das gewerbliche Mietrecht zuständigen XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes. In einem Urteil vom 02.03.2022 entschied der Bundesgerichtshof zu Gunsten des Vermieters, dass die Mieter der für eine Hochzeitsfeier gemieteten Räume zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet sind. Dies, obwohl die Veranstaltung an dem ursprünglich gebuchten Tag am 01.05.2020 mit ca. 70 Personen geplant war und aufgrund der Nordrhein-Westfälischen Coronaschutzverordnung in der damals geltenden Fassung nicht durchgeführt werden konnte, da Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen untersagt worden waren.
lokalo: Wieso mussten die Mieter zahlen, obwohl die Feier nicht stattfand?
Rechtsanwalt Christian Burg: Die Besonderheit in dem Fall war, dass der Vermieter bereits über einen Monat vor dem geplanten Termin anbot, die Feier zu verschieben. Hierfür bot er mehrere Alternativtermine an. Auf das Angebot ging das Hochzeitspaar nicht ein und erklärte erst eine Woche vor dem geplanten Termin den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Rückzahlung der geleisteten Miete.
lokalo: Wir dachten es gibt den Grundsatz, ohne Leistung hat man auch keinen Anspruch auf die Gegenleistung?
Rechtsanwalt Burg erklärt hierzu, dass dieser Grundsatz nicht ohne Ausnahme herangezogen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat im Ergebnis richtigerweise entschieden, dass es dem Vermieter möglich war, die Räume am geplanten Tag zur Verfügung zu stellen. Die Mieter haben die Räume nicht nutzen wollen beziehungsweise nicht wie geplant nutzen können, ohne dass dies auf einem Verschulden des Vermieters beruhte. Der Bundesgerichtshof ging deshalb davon aus, dass die Mieträume keinen Mangel im Sinne des Gesetzes haben. Die Mieter hatten daher kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages.
lokalo: Sind Mieter, die für private Feiern Räumlichkeiten gemietet haben dann völlig schutzlos?
Rechtsanwalt Burg: Natürlich sind Mieter dennoch durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes geschützt. Es gibt zwar kein Recht zur Kündigung des Mietvertrages. Stattdessen ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass es sich um einen Fall der sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage handelt. Die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage führt nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses; in aller Regel ist der Vertrag nach Möglichkeit aufrecht zu erhalten und in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen. Im vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich der Anpassungsanspruch der Mieter auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier beschränkt. Bereits dadurch ist eine interessengerechte Verteilung des Pandemie-Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche vertragliche Regelung hergestellt. Im konkreten Fall hat der Vermieter eine Vielzahl von Ausweichterminen sowohl für das Jahr 2020 als auch das Jahr 2021 angeboten. Dem Mieter wäre eine Verlegung der Hochzeitsfeier zumutbar gewesen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Mietzahlungspflicht bei einer coronabedingten Absage einer privaten Veranstaltung, wie zum Beispiel einer Hochzeitsfeier, grundsätzlich bestehen bleibt. Ein interessengerechter Ausgleich beider Vertragspartner erfolgt über die Möglichkeit, eine zeitliche Verlegung der Feier zu vereinbaren. Interessant bleibt der Fall abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof entscheidet, sollte ein Vermieter keinerlei Ausweichtermine nennen und an dem ursprünglich gebuchten Termin festhalten wollen. Dann muss die Entscheidung sicherlich anders ausgehen.