Saarländer im All: Schreckmoment am Ende – so lief der Außeneinsatz von Astronaut Maurer

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Der deutsche Esa-Astronaut Matthias Maurer baut das Microage-Experiment der britischen Raumfahrtbehörde und der Universität Liverpool auf. Foto: ESA/NASA-K.Barron/dpa/Bildarchiv

KÖLN/HOUSTON. Der Astronaut Matthias Maurer hat als vierter Deutscher der Raumfahrtgeschichte die Internationale Raumstation ISS für einen erfolgreichen Außeneinsatz verlassen – zum Schluss aber einen Schreckmoment erlebt. Als der Saarländer nach 6 Stunden und 54 Minuten im freien Kosmos am Mittwochabend gemeinsam mit seinem US-Kollegen Raja Chari wieder in die ISS eingestiegen war, wurde etwas Wasser in seinem Helm entdeckt, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa während ihrer Live-Übertragung mitteilte. Maurer sei aber «bei guter Gesundheit» und «nicht in Gefahr» gewesen, hieß es von der Nasa. Das Geschehnis solle untersucht werden.

Der Vorfall weckt Erinnerungen an den italienischen Astronauten Luca Parmitano. Als der 2013 auf der ISS stationiert war, sammelte sich bei einem Außeneinsatz so viel Wasser in seinem Helm, dass er fast ertrunken wäre. Im Helm von Maurers Außeneinsatz-Kollegen Chari sammelte sich nach Nasa-Angaben am Mittwoch kein Wasser an.

Schon zuvor hatte Maurer während des Einsatzes mit kleineren Problemen zu kämpfen gehabt: Zunächst hatte eine lockere Kamera an seinem Helm, die dann mit Draht provisorisch befestigt wurde, die Arbeiten vorübergehend verzögert. Danach verhedderte er sich zwischenzeitlich in seinen Halteseilen, konnte sich aber mit Hilfe von Anweisungen aus dem Kontrollzentrum wieder befreien.

Trotzdem hätten Maurer und Chari ihre wichtigsten Aufgaben geschafft, hieß es von der Nasa. Die beiden Raumfahrer waren ausgestiegen, um neue Schläuche an einem Kühlsystem anzubringen, eine Kamera auszutauschen sowie Strom- und Datenverbindungen an der externen europäischen Forschungsplattform «Bartolomeo» zu setzen. Einige nicht ganz so dringende Aufgaben seien auf einen künftigen Außeneinsatz verschoben worden.

Der Einsatz sei «insgesamt gut gelaufen», bilanzierte Volker Schmid, Manager der Maurer-Mission beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, am Donnerstag. Alle geplanten Arbeiten seien erledigt worden. «Nun wird man alles im Detail analysieren. Bei Bartolomeo soll heute geprüft werden, ob die Strom- und Datenverbindung erfolgreich angeschlossen wurde», sagte Schmid.

Die US-Astronauten Kayla Barron, Thomas Marshburn und Mark Vande Hei an Bord der ISS hatten Maurer und Chari beim Wiedereinstieg und aus ihren Raumanzügen geholfen. Noch im Raumanzug hatte Maurer nach dem Einstieg seine Arme jubelnd etwas in die Höhe gehoben. «Wir bewundern eure Hartnäckigkeit und danken euch für eure Arbeit», hieß es zum Abschluss des Einsatzes aus dem Kontrollzentrum. Maurer und Chari bedankten sich für die Unterstützung ihrer Kollegen.

Für den Astronauten der europäischen Raumfahrtagentur Esa war es der erste Außeneinsatz in rund 400 Kilometern über der Erde. Im Vorfeld hatte er ihn als «großes Highlight» seines Raumflugs bezeichnet. «Heute ist der Tag», twitterte die Esa. Für Chari war es bereits der zweite Außeneinsatz.

Maurer war am 11. November mit drei Kollegen der US-Raumfahrtbehörde Nasa in einem US-Raumschiff zur ISS geflogen, wo er noch bis Ende April bleiben soll. Der 52-Jährige ist der zwölfte Deutsche im All und der vierte auf der ISS.

Raumfahrer erleben bei Außeneinsätzen extreme Temperaturunterschiede von minus 150 Grad auf der Nachtseite und plus 120 Grad auf der Tagseite der ISS. Kühlung und Heizung befinden sich im Anzug. Aus dem Vorrat im Sauerstofftank auf dem Rücken des Anzugs, verbunden mit dem Lebenserhaltungssystem, reicht der Sauerstoff für etwa acht bis zehn Stunden. Um den niedrigeren Druck zu gewährleisten, müssen Astronauten eine Zeit lang reinen Sauerstoff atmen, um Stickstoff aus dem Blut zu spülen. Sonst droht die sogenannte Taucherkrankheit.

Trotz des niedrigeren Drucks im Inneren ist Maurers US-amerikanischer Raumanzug relativ steif – gegen diesen Widerstand müssen Astronauten bei Außeneinsätzen stets arbeiten. Auch die Handschuhe machen es nicht leichter. Bei den nötigen feinmotorischen Bewegungen an der Außenhaut der ISS arbeite man mit der Hand wie gegen den Widerstand eines Tennisballs an, schildern Raumfahrer. Das macht die Mission im freien Kosmos zusätzlich anstrengend.

Die Astronauten sind mit Halteseilen oder auch über einen Roboter-Arm an der ISS befestigt. Zusätzlich tragen sie im freien Kosmos das sogenannte Safer-System. Das sind kleine Düsen im Rucksack, die mit flüssigem Stickstoff betrieben werden. Damit kann man im Notfall kleine Distanzen beim Abdriften überwinden. Damit die Leitzentrale die beiden Raumfahrer auf dem Bildschirm gut unterscheiden kann, trug Chari rote Streifen am weißen Raumanzug. Auf Maurers Anzug war zudem die deutsche Fahne zu sehen.

Der Außeneinsatz fand inmitten schwerster Spannungen zwischen Russland und dem Westen angesichts des Ukraine-Kriegs statt. Sowohl Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos als auch die Nasa betonten aber am Mittwoch noch einmal den Willen zur weiteren Zusammenarbeit an der ISS. «Die professionelle Zusammenarbeit zwischen den Astronauten und den Kosmonauten an Bord der ISS sowie zwischen den Kontrollzentren in Houston und in Moskau geht unverändert weiter», sagte Nasa-Chef Bill Nelson bei einer Pressekonferenz. Zu einem ursprünglich einmal angedachten Außeneinsatz in einem russischen Raumanzug für Maurer, für den er ausgebildet war, und Arbeiten am neuen russischen Forschungsmodul kam es nun aber nicht.

Neben Maurer, Chari, Vande Hei, Marshburn und Barron sind derzeit auch die Russen Anton Schkaplerow und Pjotr Dubrow an Bord der ISS. Vergangene Woche waren zudem die drei Russen Oleg Artemjew, Denis Matwejew und Sergej Korssakow dazugekommen.

Quelle: dpa

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