Der ländliche Tourismus

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Bild: JosepMonter auf Pixabay

Der Begriff “Ländlicher Tourismus” kommt eigentlich aus dem Englischen und wird dort seit längerem als “Rural Tourism” definiert. Darunter versteht man Tourismus in ländlichen Gebieten, aber meistens wird der Begriff auch als Gegenpart zum Massentourismus verwendet. Tourismus fernab der Massen, der Bettenburgen, der schwimmenden Hotels und der überfüllten Strände – das hört sich soweit erstmal verlockend an.

Dafür übernachten die Besucher im individuellen Chalet, bei Gastfamilien oder auf dem Bauernhof. Gleichzeitig ist auch immer ein Hauch Individualität mit ländlichem Tourismus verbunden, der Besucher bekommt hier im besten Fall ein einzigartiges Urlaubserlebnis geboten. Im Gegenzug verzichtet er aber auf die typischen Urlaubsattraktionen, die von den Massen besucht werden und lernt alternative Facetten des Landes kennen.

Ländlicher Tourismus als nachhaltige Alternative zum Massentourismus

Nachhaltigkeit wird in vielen Aspekten unseres Lebens immer wichtiger. Nachhaltige Verpackung bedeutet Mehrweg statt Einweg, nachhaltige Fortbewegung heißt Fahrrad statt Auto und so weiter. Aber wie geht das im Tourismus?
Zuerst einmal muss man verstehen, welchen Schaden der Massentourismus anrichtet. Ja, er schafft Arbeitsplätze, aber gleichzeitig sind diese lokal begrenzt und den größten wirtschaftlichen Nutzen hat in der Touri-Hochburg immer noch der Reiseveranstalter bzw. der Investor oder der Staat. Überspitzt gesagt: Der kleine Mann vor Ort darf froh sein, dass er arbeiten darf. Desto ärmer das Land, umso größer die Kluft und die fehlenden Alternativen für die Bevölkerung.

Zudem setzt der Massentourismus der Umwelt und auch den Kulturstätten zu. Längst müssen Besucherzahlen in Tempeln begrenzt werden, damit die Kulturstätten nicht zu großen Schaden von den Menschenmassen nehmen. Die Natur leidet ebenfalls, Kreuzfahrtschiffe sind wegen Meeresverschmutzung verschrien, Billigflieger wegen ihrer CO2-Emissionen, die großen Nationalparks und Naturmonumente werden jede Saison aufs Neue förmlich überrannt und Touristenhorden hinterlassen Müllberge.

Ländlicher Tourismus hingegen bedeutet weniger Menschen auf einer größeren Fläche, die Besucherströme werden quasi entzerrt. Gleichzeitig tun sich für die ländliche Bevölkerung neue Geldquellen auf, und zwar ohne, dass sie ihre Heimat verlassen müssen und Dörfer zu Geisterstädten werden.

Für wen eignet sich ländlicher Tourismus?

Menschen, die gerne ländliche Gebiete bereisen, sind auf der Suche nach einem authentischen Erlebnis. Keine Tanzaufführung im All-Inclusive Resort, sondern Mittanzen mit den Bewohnern im Dorf und Übernachtung im landestypischen Chalet. Dazu gehört natürlich auch eine Portion Mut und Entdeckergeist und vor allem im Ausland die Bereitschaft, Kontakt mit den Einheimischen aufzunehmen, die eventuell kein Englisch sprechen. Der Touristentyp “Pauschalreise” hat hier in der Regel Berührungsängste und möchte mit dem All-In-Paket lieber auf Nummer Sicher gehen.

Auch wenn ländlicher Tourismus vielerorts immer beliebter wird, ist er doch kein Massenprodukt und im Ausland nicht für jeden Typ Mensch geeignet.

In Deutschland zum Beispiel gehören Ferien auf dem Bauernhof oder Campen in der Eifel lange schon mit zum Standardangebot und so verteilt sich der Tourismus innerhalb des Landes und in den Nachbarländern recht gut. Das krasse Gegenbeispiel wäre Ägypten. Touristen besuchen die Pyramiden von Gizeh, baden an den Stränden von Sham-El-Sheik oder Hurghada und machen eventuell noch einen Abstecher nach Kairo oder eine Kreuzfahrt auf dem Nil. Alle anderen Regionen des Landes bleiben weitgehendst unbereist und profitieren nicht vom Tourismus als Einnahmequelle.

Zukunftsperspektive Post- Corona?

Langsam kristallisiert sich heraus, dass der ländliche Tourismus von Corona sowohl profitiert, als auch stark beeinträchtigt wird.

So suchen Reisende nun verstärkt nach Angeboten im Inland, ein Trend der sich insbesondere in den reicheren Industrieländern zeigt, denn beim Urlaub im eigenen Land unterliegt man zumindest keinen spontanen Grenzschließungen oder Flugannullierungen. Das eigene Land wird wieder entdeckt, und noch nie war die Nachfrage nach Ferienwohnungen und Chalets in Deutschland so groß wie seit Anfang 2020. In der Abgeschiedenheit des Landesinneren fühlt es sich einfach sicherer an, und so ist vermehrt mit Ferienhäusern und Ferienwohnungen in bislang unentdeckten Landstrichen zu rechnen. Auch die Nachfrage nach Wohnmobilen und Campingplätzen ist explodiert.

Gleichzeitig leidet der ländliche Tourismus in den entfernten Urlaubsregionen stark unter der Pandemie. Es bleiben nicht nur die Besucher aus, sondern die wenigen Touristen, die nun allmählich oder auch in der Zukunft wieder einreisen dürfen, werden voraussichtlich mit einem Pauschalreiseangebot in den Hauptdestinationen auf Nummer Sicher gehen. Denn über die großen Reiseveranstalter ist man im Rahmen der Pauschalreiserichtlinie abgesichert und wird im Fall einer Reisewarnung nicht auf seinen Kosten sitzen bleiben. Bucht man hingehen auf eigene Faust einen Aufenthalt im Hinterland von Thailand oder eine Abenteuer Safari in Tansania, so ist der Ausgang wesentlich ungewisser. Zudem können kleinere Unternehmen drohende Stornierungswellen finanziell nicht auffangen- viele von ihnen mussten bereits Insolvenz anmelden.


Der ländliche Tourismus ist eine große Chance für den ganzen Tourismus, neue Wege einzuschlagen. Probieren Sie es selbst aus!

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