GETAFE/TRIER. Damit konnte wirklich niemand rechnen. Die als krasser Außenseiter ins Endturnier um den Europacup gestarteten Rollstuhlbasketballer der GOLDMANN Dolphins Trier haben in beeindruckender Manier den André-Vergauwen-Cup gewonnen – die zweithöchste Trophäe, die der europäische Vereinsbasketball zu vergeben hat.
Die Dolphins waren nur mit sieben Spielern beim Finalturnier im spanischen Getafe angetreten und so gegenüber der Konkurrenz eigentlich personell stark benachteiligt. Umso beeindruckender ist die Bilanz, mit fünf Siegen aus fünf Spielen an zwei Tagen. Angeführt vom überragenden Spielertrainer Dirk Passiwan, der den Nachweis, einer der besten Spieler der Welt zu sein, in beeindruckender Manier bestätigte. Wie es ich für den Besten der Besten gehört, konnte er die Klasseleistungen der ersten Runden im Endspiel noch toppen und lieferte ein Triple-Double ab: 41 Punkte, 10 Rebounds, 14 Assists.
Schon der Start ins Turnier war so nicht unbedingt erwartet worden. Zum Auftakt am Freitag hatten die Trierer die BG Baskets Hamburg im innerdeutschen Duell klar mit 68:51 geschlagen. Jene Hamburger, die ihnen in der Bundesliga den letzten Playoff-Platz weggeschnappt hatten. Den Grundstein zum Sieg über die Nordlichter, die wesentlich tiefer besetzt waren, legten die Dolphins im zweiten Viertel, das sie nach verlorenem ersten Viertel (16:23) mit 22:9 für sich entschieden. Die Halbzeitführung (38:32) bauten die dann bis zum Spielende kontinuierlich aus.
Wenige Stunden später traf Trier dann auf den französischen Vizemeister Hyeres Handi Basket, der im ersten Spiel überraschend die hoch eingeschätzten Türken von Besiktas Istanbul nach Verlängerung besiegt hatte. Die Dolphins machten da weiter, wo sie gegen Hamburg aufgehört hatten. Gestützt auf die überragenden Janet McLachlan und Dirk Passiwan lagen sie schon zur Halbzeit zweistellig vorne (36:26) – allein 20 Punkte waren auf das Konto der kanadischen Weltmeisterin McLachlan gegangen. Nach dem Wechsel übernahm Passiwan das Kommando – der Sieg gegen die Nr. 8 des europäischen Rankings fiel mit 80:60 Punkte sehr deutlich aus.
Jetzt fehlte „nur noch“ ein Erfolg gegen den türkischen Vizemeister aus Istanbul, auf den die Moselaner am nächsten Tag bei brütender Hitze zur Mittagszeit trafen. Auch die Türken waren chancenlos gegen die sich als Überflieger entpuppenden Deutschen, die einen deutlichen 83:67-Erfolg landeten. Der härteste Brocken wartete dann im Halbfinale auf das Team um Kapitän Chad Jassman – Turnierfavorit CS Meaux, der französische Meister und oftmalige Championsleague-Teilnehmer. Aber auch die Franzosen bissen sich an den Trierern die Zähne aus, die das hartumkämpfte Duell mit 76:72 für sich entschieden und ungeschlagen ins Endspiel einzogen.
Im Finale gab es dann kein Halten mehr. Erneut trafen die Trierer auf Hyeres, das schon in der Gruppenphase beim 80:60 vorgeführt wurde. Im Endspiel wurden die Franzosen, die gegen den entfesselt auftrumpfenden Dirk Passiwan nie ein Mittel fanden, beim 95:69-Triumph förmlich an die Wand gespielt.
Der Sieg im André-Vergauwen-Cup bedeutet den ersten Titelgewinn in der 30-jährigen Geschichte des Trierer Rollstuhlbasketballs.
[td_text_with_title custom_title=“Stimmen zum Spiel“] Spielertrainer Dirk Passiwan: „Ich bin begeistert. Die ganze Saison haben wir darauf hin gearbeitet, noch mehr als Team spielen zu können und vor allen Dingen auch unsere Defensivarbeit auf ein hohes Niveau zu bekommen, offensiv waren wir zumeist schon immer gut aufgestellt. Die Leistung meiner Mannschaft hier war der Höhepunkt der Saison, es hat so auch das kompletteste Team den Euro-Cup gewonnen. Ich bin einfach nur Stolz auf diese Truppe.“Team-Manager Günter Ewertz: „Eine solche Vorstellung beim gesamten Turnier, und das mit nur sieben Spielern, ist echt beeindruckend. Ich freue mich riesig für das Team, das am Ende einer langen Saison noch zu solchen Super-Leistungen fähig war. Ich hoffe, dieser Europapokal-Sieg wird auch in der Heimat entsprechend gewürdigt.“
Bundestrainer Nicolai Zeltinger: „Herzlichen Glückwunsch an Trier für diese grandiose Leistung. Dieser Sieg war sicher nicht zu erwarten. Vor allem die Souveränität mit der die Dolphins sich durchgesetzt haben, nötigt Respekt ab. Sie haben den deutschen Rollstuhlbasketball mehr als würdig vertreten.“
Goldmann Dolphins Trier: Chad Jassman (10 Punkte gegen Hamburg/2 Punkte gegen Hyeres/5 gegen Istanbul/6 gegen Meaux/8 im Finale gegen Hyeres), Martin Koltes (0/0/0/0/0), Janet McLachlan (27/24/24/9/14), Mark van de Kuilen (4/4/0/13/10) , Karlis Podnieks (4/4/14/5/12), Dirk Passiwan (19/33/35/38/41), Tyler Saunders (4/13/5/5/10)
Wenn sich die Spieler in den nächsten Tagen in alle Winde zerstreuen, wird für das Management der Dolphins wieder die harte Arbeit für die neue Saison beginnen. Eins dürfte schon jetzt feststehen: in dieser Konstellation wird man das Dolphins-Team in der nächsten Saison nicht wiedersehen, weil es viele personelle Veränderungen geben wird.
„Aber ich bin mir sicher, auch in der neuen Saison werden wir wieder ein starkes Team präsentieren können. Wir haben gesehen, was gute und präzise Arbeit im, mit und neben dem Team bewirken können,“ sagte ein sichtlich beeindruckter und stolzer Trierer Vereinspräsident Otmar Passiwan, der allerdings auch noch unbedingt anmerken wollte, „das dieser große Erfolg nur durch die Unterstützung vieler Sponsoren erst möglich gemacht wurde, denn noch im Sommer letzten Jahres stand die Absage des Wettbwerbs aus Kostengründen zur Debatte.“