Trier: „Irgendwo tropft’s immer rein“ – Erster Theater-Talk zur Generalsanierung

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Gesprächsrunde beim ersten Theater-Talk: Christoph Klüsserath (Projekt-Steuerer Stadtwerke Trier), Johannes Stiefel (Technischer Direktor des Theaters Trier), Prof. Dr. Matthias Sieveke (Hochschule Trier) und Intendant Lajos Wenzel (v.l.n.r.). Foto: Alexander Scheidweiler

TRIER. Am gestrigen Montagabend begann im Foyer des Theaters Trier das neue Gesprächsformat „Theater-Talk“ zur geplanten Generalsanierung des Hauses. Die Auftaktveranstaltung stand unter der Frage „Was ist eigentlich geplant?“ und bot dementsprechend einen Überblick. Bis Oktober wird es vier weitere Veranstaltungen zu Teilaspekten der Generalsanierung geben. Vor den Gesprächsabenden wird jeweils eine Sanierungsführung angeboten, die Einblicke in sonst verborgene Bereiche des Theaters bietet.

Von Alexander Scheidweiler

Stadt und Theater Trier möchten mit dem neuen Format laut Kulturdezernent Markus Nöhl „die Öffentlichkeit … aktiv in den Sanierungsprozess einbinden und gemeinsam über die Zukunft des Hauses sprechen“. Nöhl betonte in seinen einleitenden Bemerkungen zum ersten von insgesamt fünf Theater-Talk-Abenden zur Generalsanierung des Theaters Trier, dass die Sanierung ein zentrales Thema der Kulturpolitik nicht nur der Stadt Trier, sondern der kompletten Region ist. Stark 60 Jahre nach der Eröffnung des Theaterbaues am Augustinerhof sei eine Generalüberholung unausweichlich: „So ist das mit den meisten Gebäuden in diesem Alter.“ Das Haus müsse auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden, wobei auch Fragen des Arbeitsschutzes auf der Höhe der Zeit berücksichtigt werden müssen. Der Kulturdezernent wies ferner darauf hin, dass der ursprüngliche Architekt Gerhard Graubner seinerzeit eine Erweiterung des Baues vorgesehen hatte, die sich aber nicht realisieren ließ.

Kulturelle Grundversorgung für die Region: Kulturdezernent Markus Nöhl führte in den Abend ein. Foto: Alexander Scheidweiler

Nöhl unterstrich schließlich die weit über Trier hinausreichende Bedeutung des Hauses, das mit rund 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „ein hochprofessionelles künstlerisches Angebot“ schaffe: „Das ist eine kulturelle Grundversorgung für ungefähr eine halbe Million Menschen im Nordwesten von Rheinland-Pfalz.“ Tanz, Schauspiel und Musiktheater seien so für die Menschen in der Region auf hohem Niveau und zu günstigen Preisen erlebbar. Darüber hinaus sei das Theater durch Veranstaltungen wie das Fringe Festival und das Augustinerhof-Open-Air in der Stadt präsent und setze Schwerpunkte bei der kulturellen Bildung, etwa durch zahlreiche Veranstaltungen mit Schulen. Die Bedeutung des Theaters zeige sich auch an der beachtlichen Besucherzahl von 120.000 in der vergangenen Spielzeit. Er gehe daher davon aus, dass das Land das Projekt finanziell großzügig fördern werde, ähnlich wie im Falle des TUFA-Neubaus.

Teils stark veraltete Technik

Johannes Stiefel, Technischer Direktor des Theaters, unterstrich die Dringlichkeit des Sanierungsbedarfes aus technischer Sicht. Es sei eine Herausforderung, die teils stark veraltete Technik Tag für Tag am Leben zu erhalten: „Zum Teil gehen Dinge kaputt, die wir nicht mehr reparieren können oder es gibt keine Ersatzteile mehr.“ Dies betreffe alle Bereiche der Technik von der Bühnen- über die Beleuchtungs- und Videotechnik bis hin zur Tontechnik. Es vergehe außerdem kaum ein Monat, ohne dass irgendwo im Gebäude ein Wasserschaden auftrete: „Irgendwo tropft’s immer rein“, so Stiefel.

Immer wieder treten an dem Gebäude Wasserschäden auf, die nur notdürftig behoben werden. Foto: Alexander Scheidweiler

Da die Generalsanierung des Theaters schon seit 20 Jahren abgedacht sei, seien seit langem nur notdürftige Reparaturen durchgeführt worden, eine Vorgehensweise, die irgendwann an Grenzen stößt. So musste im vergangenen Jahr die Sanierung der Steuerung Untermaschinerie, die die vier Bühnenpodien und die zwei Orchesterpodien steuert, vorgezogen werden. Die dahinter liegende Technik war mittlerweile so alt, dass man kaum noch Teile aus den Schaltschränken herausnehmen konnte, ohne dass Plastiknasen o.ä. abbrachen: „Selbst wenn das Bauteil nicht defekt war, man hat’s nicht wieder reinbekommen.“ Auch hier waren keine Ersatzteile mehr zu bekommen – das System lief noch auf DOS und arbeitete mit Disketten. Auch die Klimaanlage des Theaters funktioniert schon seit 17 Jahren nicht mehr, wie Co-Intendant Lajos Wenzel erklärte. Mit Verweis auf die geplante Sanierung wurde auch diese Reparatur immer wieder aufgeschoben.

Die Elektroinstallation ist stark veraltet, Ersatzteile sind vielfach nicht mehr verfügbar. Foto: Alexander Scheidweiler

Prof. Dr. Matthias Sieveke von der Hochschule Trier, Architekt und Jury-Mitglied, knüpfte an die Ausführungen Nöhls an und rief dazu auf, Kulturbauten nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Eine Bildungsstadt wie Trier brauche selbstverständlich auch Kultur: „Ich finde es ganz wichtig, dass man Kultur nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, sondern sagt: ‚Das gehört zu unserem Selbstverständnis‘.“ Das vorliegende Sanierungskonzept stütze sich auf einen einfachen Entwurf. Dieser sehe vor, dass das Bestandsgebäude erhalten bleibt. Zudem werden zwei Erweiterungen hinzugefügt, wodurch eine positive Atmosphäre geschaffen und die Zugänge zur Stadt realisiert werden. „Positiv, offen und transparent“ sei der Entwurf des Preisträgers, des Hamburger Architektenbüros PFP. Dieser werde auch junge Menschen ansprechen. „Es gibt ein Konzept – zerreden sie das nicht“, appellierte Sieveke an die Besucherinnen und Besucher.

Beengte Platzverhältnisse durch Ausweichstandort

Christoph Klüsserath, Projekt-Steuerer der Stadtwerke Trier, stellte dar, dass ursprünglich vorgesehen war, den Theaterbau an den Kaiserthermen auf der Palaestra zu errichten, was dann aber aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich war. Am Ausweichstandort Augustinerhof konnte der von Architekt Graubner vorgesehene zweite Bauabschnitt nicht realisiert werden, weil die entsprechenden Grundstücke nicht zu Verfügung standen, so dass das bestehende Theater gemessen an den ursprünglichen Planungen gewissermaßen einen Rumpfbau darstellt. Die Platzverhältnisse sind daher sehr viel beengter als vom Architekten vorgesehen: „Ich habe einen Heidenrespekt vor den Kollegen aus dem Theater, wie man hier 60 Jahre lang improvisiert hat und heute noch arbeitet.“ Klüsserath benannte insbesondere die Elektrotechnik, die z.T. noch aus den 60er-Jahren stammt, als stark sanierungsbedürftig. Auch die energetische Sanierung sowie das Thema Barrierefreiheit, das in den 60er-Jahren kaum eine Rolle spielte, müssten dringend angegangen werden. Die beiden geplanten Anbauten lassen den bestehenden Baukörper weitgehend unangetastet: Zum Augustinerhof hin wird ein Orchesterprobensaal mit Stimmzimmern angebaut und zur Gerty-Spies-Straße hin der neue Eingangsbereich, der den Baukörper Richtung Viehmarkt öffnet. Der bestehende Eingangsbereich, der ohnedies nur eine dem Ausweichstandort geschuldete Notlösung darstellt, ist völlig marode und ist nicht mehr sanierungsfähig.

Der Bau war ursprünglich an den Kaiserthermen geplant. Am „Ausweichstandort“ Augustinerhof konnten die eigentlich vorgesehenen Anbauten nicht realisiert werden. Foto: Alexander Scheidweiler

Auf eine Frage von Wenzel hin erläuterte Stiefel, dass vor einigen Monaten eine Schwanensee-Vorstellung ausfallen musste, weil plötzlich das Notlicht aufgrund eines Defekts an der veralteten Anlage anging. Dieses sollte aber nur aber anspringen, wenn der Strom ausfällt, da ansonsten die Akkus geleert werden und das Notlicht dann in einem echten Notfall nicht mehr zur Verfügung steht. Auch der Schmorbrand im Bühnengeschoss Ende März, der dadurch ausgelöst wurde, dass sich in einer Unterverteilung ein Kabel gelöst hatte, war dem Alter der Elektroinstallation geschuldet. Geschehe nichts, stehe zu befürchten, daß sich dergleichen Vorfälle immer mehr häufen. Wenzel fügte hinzu, dass sich unlängst der eiserne Vorhang, durch den im Brandfalle der Bühnen- vom Zuschauerraum getrennt werden können, nicht herunterfahren ließ, was beinahe zum Ausfall einer Premiere geführt hätte.

Alte Bäume und neuer Probensaal

Beginnen werden die Bauarbeiten voraussichtlich Anfang 2027, wie Klüsserath erläuterte. Dabei ist von einer Bauzeit von mindestens drei Jahren auszugehen. Die gesamte nächste Spielzeit wird also noch im Gebäude am Augustinerhof gespielt werden, sagte Wenzel.

An die Vorträge und die Gesprächsrunde der Fachleute schloss sich eine Fragerunde an.

Mit dem Mikro unterwegs: Lajos Wenzel während der Besucher-Fragerunde. Foto: Alexander Scheidweiler

Gefragt nach den alten Bäumen im ehemaligen Pfarrhausgarten erklärten Wenzel und Küsserath, dass diese nach Möglichkeit bei der Realisierung des neuen Eingangsbereiches erhalten werden sollen. Gerade auf dem Kirchengrundstück werde behutsam mit den vorhanden Bäumen umgegangen.

Auf eine Frage nach den neuen Proberäumen erklärte Klüsserath, dass durch den Bau des Orchesterprobensaals mit Nebenräumen zum Augustinerhof hin künftig auf die Nutzung des angemieteten Pfarrsaals Christkönig in Trier-West verzichtet werden kann. Die Nutzung des Saales in Trier-West macht es derzeit nötig, immer wieder Instrumente hin- und her zu transportieren.

Auf die Frage nach der Beauftragung regionaler Unternehmen sagte Klüsserath, dass man immer sehr gerne mit regionalen Firmen zusammenarbeite. Als öffentlicher Auftraggeber sei man aber vergaberechtlich verpflichtet, ab bestimmten Schwellenwerten national oder auch europaweit auszuschreiben.

Die weiteren Theater-Talk-Veranstaltungen finden an folgenden Terminen statt:

23. Juni, 18.00 Uhr, Thema: „Theaterbauten“ – Eine architektonische Betrachtung historischer und zeitgemäßer Theatergebäude.

7. Juli 2025, 18.00 Uhr, Thema: „Dritter Ort“ – Wie das Theater Trier als sozialer Begegnungsraum heute gedacht wird.

24. September 2025, 19.00 Uhr, Thema: „Nachhaltigkeit und Generalsanierung“ – Ökologische Aspekte und zukunftsfähige Lösungen in der Theatersanierung.

21. Oktober 2025, 18.00 Uhr, Thema: „Umwegrentabilität von Kultureinrichtungen“ – Wie Investitionen in Kultur langfristige gesellschaftliche und wirtschaftliche Effekte erzielen.

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