Astrid Lindgren auf der Bühne: Gesine Cukrowski über ihr Gastspiel am Theater Trier

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Die bekannte Schauspielerin Gesine Cukrowski wird im Theater Trier als Astrid Lindgren zu sehen sein. Foto: sagas.ensemble

TRIER. Am 24.5.2025 gastiert sagas.ensemble erneut am Theater Trier. 2021 erlebte das Trierer Theaterpublikum sagas mit der Collage „Drei Frauen aus Deutschland„, in der es um die Schriftstellerinnen Bettina von Arnim, Else Lasker-Schüler und Erika Mann geht. Diesmal gastiert sagas mit „Ich bin Astrid aus Småland“, der ersten autorisierten Bühnen-Autobiographie von Astrid Lindgren. Vorgetragen wird der Bühnenmonolog von der bekannten Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin Gesine Cukrowski, die auch bei den „Drei Frauen aus Deutschland“ mitwirkte. lokalo.de hatte die Gelegenheit, mit der Schauspielerin über ihren Auftritt in Trier zu sprechen.

Foto: sagas.ensemble

Frau Cukrowski, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit lokalo.de nehmen. Das Trierer Publikum durfte Sie bei einem Gastspiel im September 2021, noch unter Corona-Bedingungen, erleben, als Sie Erika Mann in der literarischen Collage „Drei Frauen aus Deutschland“ verkörperten. Am 24. Mai gastieren sie erneut mit dem sagas.ensemble am Theater Trier, diesmal mit „Ich bin Astrid aus Småland“. Freuen Sie sich auf das Wiedersehen mit Trier?

Ja, ich freue mich sehr. Das erste Mal war ich mit der 9. Klasse auf Klassenfahrt in der Nähe von Trier. Die Porta Nigra und der Trierer Dom waren unsere Highlights und haben mich damals ordentlich beeindruckt.

Bei „Ich bin Astrid aus Småland“ handelt es sich um die erste von Astrid Lindgrens Familie autorisierte Bühnen-Autobiographie der großen schwedischen Kinder- und Jugendbuchautorin. Astrid Lindgren wurde noch vor dem Ersten Weltkrieg geboren und starb Anfang der Nullerjahre. Sie lebte sozusagen ein Jahrhundertleben. Es ist sicher nicht ganz leicht, eine solche beeindruckende Vita auf die Bühne zu bringen. Was erwartet das Publikum inhaltlich bei diesen Bühnenmonolog?

Martin Mühleis, dem Autor und Regisseur dieses Abends, ist hier ein kleines Meisterwerk gelungen. Mit großer Leichtigkeit und Humor führt der Abend durch Astrid Lindgrens Kindheit im „Pferdezeitalter“, wie sie es nennt. Er erzählt von den Schwierigkeiten, die die Geburt ihres unehelichen Kindes mit sich brachte, zeigt ihren empathischen klugen Blick auf die Geschehnisse des 2. Weltkriegs durch ihre Kriegstagebücher. Dessen Schrecken hatte sie dazu bewegt, den gepeinigten Kindern dieser Zeit ihre Geschichten zu schenken. Und dann ihre heute wieder sehr aktuelle Rede von 1978, anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, den sie als erste Kinderbuchautorin erhalten hat. Astrid Lindgren fand einfach immer die richtigen Worte, egal wie groß die Nöte waren. Und das Ganze ist unterhaltsam verwoben mit Geschichten aus ihren Klassikern, von Pippi Langstrumpf bis zu Michel. Es ist ein Abend voller Liebe.

Foto: sagas.ensemble
 
Sie werden bei Ihrem Gastspiel von vier Musikern begleitet, der „Hennes Gäng“. „Ich bin Astrid aus Småland“ ist also eine Mischung aus Schauspiel, Lesung und Musik, unterstützt von einem speziellen Lichtdesign. Wer gehört zur „Gäng“ und wie darf man sich dieses Zusammenspiel der verschiedenen Elemente vorstellen?

Astrid Lindgren war in ihrer Jugend eine “Jazzböna“, wie sie das selbst nannte. Ein Jazz-Fan. Eine junge, selbstbewusste Frau, die sich – gegen die Sitten des Dorfes – die Haare abschnitt. Der Jazz ihrer Jugendzeit stand Pate für die eigens für den Abend von Libor Šima komponierte Musik. Libor steht mit seinem Saxophon und drei weiteren großartigen Musikern selbst auf der Bühne: Henrik Mumm am Kontrabass, der Däne Jonas Muller am Akkordeon und Frank Wekenmann an der akustischen Gitarre. Die Komposition ist konstruiert wie Filmmusik, nur eben live. Ganz wunderbar!

Astrid Lindgren hat nicht nur Kinderbücher verfasst, sondern sich auch für die Rechte von Kindern eingesetzt. In ihrer Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels sprach sie sich 1978 vehement für gewaltfreie Erziehung aus. Auch Sie sind für ihr soziales und humanitäres Engagement bekannt, z.B. bei der Stiftung „Findel-Baby Mütter in Not“ und der Welthungerhilfe. Erkennen Sie sich in Astrid Lindgrens Engagement ein Stück weit wieder?

Astrid Lindgren ist in ihrer Furchtlosigkeit, gepaart mit ihrem Humor ein absolutes Vorbild für mich. Wir teilen die gleichen Ideale.

Foto: sagas.ensemble

Das Publikum kennt Sie von der Theaterbühne, aber auch aus zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen, von „Praxis Bülowbogen“ über die preisgekrönte Krimi-Serie „Der letzte Zeuge“ bis zu den erfolgreichen Filmen „Das Wunder von Berlin“ und „Die Spiegelaffäre“. In diesen Tagen erscheint im Herder-Verlag zudem ihr Buchdebüt „Danke, Tarzan, ich rette mich selbst! Raus aus der Klischeefalle“. Worum geht es in Ihrem Buch?
 
Ich gehe darin der Frage nach, warum Frauen in unserer Gesellschaft und insbesondere in Film und Fernsehen ab Anfang 50 immer weniger Sichtbarkeit erhalten. Wir sind gefangen in Klischees und Stereotypen, die wir nur verändern können, wenn wir anfangen, diese bewusster wahrzunehmen. Und ich versuche, festgefahrenen Vorurteilen über unsere Zunft unser reales Leben entgegen zu stellen. Denn auch die allgemeine Vorstellung vom Schauspielberuf ist von Klischees getrieben. Damit das Ganze nicht zu theoretisch wird, gibt es natürlich die ein oder andere amüsante oder absurde Anekdote. Mit Humor lässt sich so manche bittere Erkenntnis einfach besser verdauen. (lacht) Ich gebe die Hoffnung auf eine ausgeglichenere Welt einfach nicht auf.

Kommen wir nochmal zurück zu „Ich bin Astrid aus Småland“. Für Regisseur und Produzent Martin Mühleis ist es bereits das fünfte Trierer Gastspiel. Er ist bekannt für seine Bühnenbearbeitungen literarischer Werke. So hat war er mit seinen Bearbeitungen von Albert Camus’ „Der erste Mensch“, Erich Kästners „Als ich ein kleiner Junge war“ und mit David Foster Wallace‘ „Schrecklich amüsant“ in der Vergangenheit in Trier zu Gast – und eben mit den erwähnten „Drei Frauen aus Deutschland“, in denen es neben Erika Mann um Bettina von Arnim und Else Lasker-Schüler geht. Wie ist es für Sie als Schauspielerin, mit Adaptionen literarischer Werke zu arbeiten, die nicht ursprünglich für die Bühne verfasst wurden? Unterscheidet es sich davon, einen Dramentext oder ein Drehbuch umzusetzen, das von vornherein für die schauspielerische Aufführung gedacht war?
 
Was wir machen ist eine Mischform aus Schauspiel, Lesung und Konzert. Auch die gelesenen Passagen entsprechen dabei nicht einer „klassischen“ Lesung, weil ich immer in der Figur bin. Ich erzähle dem Publikum in der Figur der Astrid Lindgren aus „meinem“ Leben – und vier wunderbare Musiker schaffen dazu live den Soundtrack. Das ist eine ganz eigene, sehr spannende Theaterform, die sich in hohem Maße auf den Text konzentriert. Ich denke, das ist der wesentliche Unterschied zu einem Theaterstück. Bei uns steht die Literatur im Mittelpunkt. Und da ich Literatur liebe, mit einem fast missionarischem Eifer – wenn ich von einem Text berührt werde, wünsche ich mir diese Erfahrung für alle anderen Menschen auch – begeistert mich dieses Genre. Martin Mühleis hat mit seinen Abenden diese besondere Form wirklich perfektioniert.

Foto: sagas.ensemble

Zum Abschluss die Frage nach Ihrer persönlichen Lieblings-Lindgren: Gibt es ein Buch oder eine Figur von Astrid Lindgren, das bzw. die Sie besonders mögen und, wenn ja, welche/s und warum?

Mein absoluter Liebling ist Michel aus Lönneberga. Alle Figuren aus Michels Welt sind mir sehr ans Herz gewachsen. Wie der Michel entstanden ist, erzählen wir an unserem Abend. Eine besonders berührende Geschichte. Der Name meiner Tochter Lina stammt aus Michels Geschichten.

Die Fragen stellte Alexander Scheidweiler.

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