Atomkraftausstieg: Rückbau von Mülheim-Kärlich lernen

Mülheim-Kärlich ist das Symbol für den Atomausstieg in Deutschland geworden - sagt die grüne Klimaschutzministerin Eder. Der Rückbau der Atomkraftwerke könne von Rheinland-Pfalz gelernt werden. Das sieht RWE ähnlich.

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Foto: dpa

MÜLHEIM-KÄRLICH. Der Ausbau des schwach- bis mittelradioaktiven Reaktordruckbehälters im Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich läuft auf Hochtouren und soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.

Im ersten Halbjahr 2026 werden dann noch einige kleinere Teile ausgebaut und der nicht-radioaktive Betonbau wird abgerissen, wie der Vorstand Kernenergie der RWE, Nikolaus Valerius, am Montag nach einem Rundgang über das Gelände mit Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) sagte. Dreiviertel des gesamten Rückbaus seien bereits erledigt, sagte Valerius. Einen Termin für die Übergabe der atomfreien Anlage nannte er noch nicht.

«Der Reaktordruckbehälter ist das Herzstück eines Kernkraftwerks. Darin haben die Brennelemente gelegen», erläuterte Valerius. Der Behälter sei ungefähr 700 Tonnen schwer, 12 Meter tief und habe einen Radius von fünf Metern. Nach dem Ausbau würden die Teile ins Zwischenlager Ahaus nach Nordrhein-Westfalen gebracht, in Rheinland-Pfalz gibt es kein Zwischenlager. Von Ahaus solle der ausgebaute Behälter irgendwann in das Endlager Konrad nach Niedersachsen gebracht werden.

Der Rückbau von Mülheim-Kärlich habe 2004 allmählich begonnen, intensiv 2015, und koste insgesamt rund eine Milliarde Euro, sagte Valerius. Zum Vergleich: der Bau des bereits 1998 vom Netz gegangenen einzigen Atomkraftwerks in Rheinland-Pfalz hatte nach früheren Angaben etwa 3,5 Milliarden Euro gekostet. Von den Erfahrungen beim Rückbau könnten andere Atomkraftwerke in Deutschland lernen, sagten Valerius und Eder. Mit 12 bis 15 Jahren müsse für den Rückbau einer Anlage gerechnet werden, sagte Valerius.

«Mülheim-Kärlich ist das Symbol des Atom-Ausstiegs geworden», sagte Eder. Sie erinnerte daran, dass das einzige Kernkraftwerk in Rheinland-Pfalz nur 13 Monate unter Volllast lief und das erste war, das nach einem Gerichtsurteil abgeschaltet wurde. Bei den Planungen war die Erdbebengefahr nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Der Atommüll sei noch einige hundert Jahre radioaktiv und die Entsorgungs- und Endlagerdebatte müsse noch immer geführt werden, sagte Eder. Viele, die eine «Renaissance der Atomkraft» forderten, «scheinen sich keine Gedanken zu machen, was man am Ende mit dem radioaktiven Material macht», sagte Eder.

Beim Rückbau des Reaktordruckbehälters ist auch viel High Tech und Robotik im Einsatz, berichteten Eder und Valerius von ihrem Rundgang. Große Teile des Behälters würden unter Wasser zersägt, berichtete Valerius. Autonome Roboter, die wie Staubsauger aussähen, führen durch den Raum, um zu bestätigen, dass keine Radioaktivität mehr gemessen wird. «Das ist wie der Staubsauger zu Hause mit einer Kamera drauf», sagte Eder. «Nur leiser», ergänzte Valerius. Die Messdaten aus den Robotern würden unmittelbar an die zuständigen Behörden übermittelt, sagte Eder.

29 der insgesamt 36 Hektar des AKW-Geländes seien schon industriell von anderen Firmen in Nutzung, berichtete Valerius. Zu den 200 Mitarbeitern im Rückbau kämen bald ebenso viele, die für die neuen Unternehmen arbeiteten. In Hochzeiten des Atomkraftwerks arbeiteten rund 400 Beschäftigte des Betreibers plus 200 Arbeitnehmer anderer Firmen auf dem Gelände.

Geplant seien am Rande des Geländes auch eine Eventhalle mit einer Oldtimershow sowie ein Bürogebäude und ein Hotel, hieß es. Anders als andere Standorte von Atomkraftwerken in Deutschland eigne sich Mülheim-Kärlich aber nicht für ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk, sagten Valerius und Eder.

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