Kommunen an der Ahr hoffen auf mehr Tempo beim Wiederaufbau

Ministerpräsidentin Dreyer trifft 30 Ortsbürgermeister im Ahrtal. Sie bringt Geld mit und Zeit. Auch für den Besuch bei einem «Ahrweiler Mädchen».

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Foto: dpa

ALTENAHR. Fehlende Handwerker, komplizierte Förderanträge, späte Zahlungen – die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hört sich an, wo es hakt mit dem Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021.

«Es ist viel geschafft worden in diesem Jahr», sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach einer Gesprächsrunde mit rund 30 Bürgermeistern betroffener Gemeinden im Ahrtal. Aber «wir haben eine große Portion vor uns, die noch bewältigt werden muss».

Verlängerte Frist für Anträge sorgt für Optimismus

Auf dem Weg zu dem Treffen in Dümpelfeld im oberen Ahrtal sehen die Besucher aus Mainz an vielen Orten die Spuren der Verwüstung. Aber es wird auch überall gearbeitet, an Uferbefestigungen, an Häusern und Straßen. Für Optimismus sorgt die Entscheidung in Berlin, die Antragsfrist für die Förderung von Wiederaufbaumaßnahmen um drei Jahre zu verlängern. Damit gebe es jetzt genügend Zeit, um den Wiederaufbau voranzubringen, sagt Dreyer.

«Mit drei Jahren hätte ich nicht gerechnet», freut sich der Bürgermeister der Weinbaugemeinde Rech, Benjamin Vrijdaghs (parteilos). «Das war für uns alle eine große Überraschung.» Damit sei der Druck raus bei der Planung. «Das bedeutet aber nicht, dass wir jetzt langsamer machen. Das dürfen wir nicht.»

Die Landesregierung habe den Ortsbürgermeistern und Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) auch mitgeteilt, dass jetzt die Finanzierung für besonders zukunftsweisende Projekte wie den Aufbau von Nahwärmenetzen gewährleistet sei, sagt Dreyer. So habe die Landesregierung beschlossen, die neben der Förderung von Bund und EU verbleibende Lücke zu übernehmen und dafür Mittel aus dem neuen Kommunalen Investitionsprogramm für Klimaschutz einzusetzen.

Zum Abschluss der Unterredung zwischen Land und Kommunen übergeben Dreyer und Innenminister Michael Ebling (SPD) Bewilligungsbescheide zur Förderung von Aufbaumaßnahmen im Umfang von insgesamt 19 Millionen Euro. «Danke, so kann‘s weitergehen!» sagt der Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU).

Etwas weiter flussabwärts schauen sich Dreyer und Ebling in Altenahr um. «Hier haben vor der Flut Wohnhäuser gestanden», erklärt Bürgermeister Rüdiger Fuhrmann (CDU) und zeigt auf eine Brachfläche mitten im Ort. Damit stellen sich vielfältige Aufgaben für die Siedlungsplanung. Den Mitgliedern der Landesregierung stellt der Bürgermeister zwei Wiederaufbaukonzepte vor, mit Entwicklungsflächen für Wohnen, Einzelhandel und Tourismus. «Es sind gute Ansätze dabei», sagt er in einem von der Katastrophe gezeichneten Restaurant. Der Blick in die Zukunft ist hoffnungsvoll, auch wenn die Gegenwart oft eine Plackerei ist. «Für dieses Gebäude haben wir sieben Heizungsbauer angeschrieben und von keinem eine Zusage bekommen», sagt Fuhrmann.

In Ahrweiler, dem besonders malerischen Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler, klopft Malu Dreyer an die Tür eines Fachwerkhauses aus dem Jahr 1778, das hier zu den ersten schon sanierten Häusern gehört. Die Tür öffnet Roswitha Schlingensiepen. «Ich bin ein Ahrweiler Mädchen», sagt die 79-Jährige. Nach der Flut habe sie es abgelehnt, das Elternhaus zu verlassen. «Mein Sohn konnte gar nicht verstehen, dass ich in die Ruine zurück wollte.» Es gibt noch einiges zu tun, so fehlen etwa noch Türen im Haus. Die Erfahrung der Flut ist überall präsent. «Man heult schon mal paar Tränchen», sagt die alte Dame. «Aber das Leben muss weitergehen, wir müssen nach vorne schauen.»

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1 Kommentar

  1. Zitat: “ Ministerpräsidentin Dreyer trifft 30 Ortsbürgermeister im Ahrtal. Sie bringt Geld mit und Zeit. “

    Irgendwie empfinde ich diese Einleitung als zynisch. Ansonsten dokumentiert der Artikel vor allem die Leidensfähigkeit der Ahrtalbewohner und natürlich des „Ahrtaler Mädchens“.

    Über 130 Tote, nach 1 1/2 Jahren keine Kohle, skandalöse Aufdeckungen im Rahmen offensichtlich nutzloser Untersuchungsausschüsse, und „Patexpolitiker“ mit vielen leeren Versprechungen. Immerhin kamen direkt nach der Flut die wichtigen Impfbusse.

    Wenn ich mir diesen Artikel durchlese, komme ich zu der Schlussfolgerung, dass grosse Teile der Bevölkerung geradezu danach lechzt -dezent ausgedrückt – „veräppelt“ zu werden.

    Wenn `s hilft ….

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