
SAARBRÜCKEN/SAARLOUIS. Am 19. September 1991 kam es gegen 3.30 Uhr in einer Asylbewerberunterkunft in Saarlouis (Fraulautern) zu einem Brandanschlag, bei dem der damals 27-jährige ghanaische Staatsangehörige Samuel Kofi Yeboah ums Leben kam. Nachdem neue Erkenntnisse zu einer Wiederaufnahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt führten, hatte das Landespolizeipräsidium parallel zu den wieder aufgenommenen strafrechtlichen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft im August 2020 eine mit 23 Ermittlerinnen und Ermittlern besetzte Mordkommission, die Arbeitsgruppe (AG) „Causa“ eingerichtet, wie die saarländische Polizei mitteilt. Zwischenzeitlich wurde durch den Bundesgerichtshof ein Haftbefehl erlassen, der am heutigen Morgen, 4.4.2022, durch Einsatzkräfte des Landespolizeipräsidiums Saarland durch Festnahme des dringend tatverdächtigen deutschen Staatsangehörigen Peter S. vollstreckt wurde.
Wie der Generalbundesanwalt mitteilt, besteht gegen S. der dringende Tatverdacht des Mordes, des versuchten Mordes an 20 Menschen sowie der Brandstiftung mit Todesfolge. In dem Haftbefehl wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am späten Abend des 18. September 1991 eine Gaststätte in Saarlouis besucht, wo er sich mit rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen unter anderem über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda austauschte. Die Gesprächsteilnehmer machten deutlich, dass sie die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutheißen würden.
Nach Schließung der Gaststätte begab S. sich in den frühen Morgenstunden des 19. September 1991 zu einem Wohnheim für Asylbewerber in der Saarlouiser Straße, um dort aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung heraus einen Brand zu legen. Er betrat das Gebäude, goss im Treppenhaus des Erdgeschosses aus einem Kunststoffkanister Benzin aus und entzündete es. Das Feuer breitete sich mit großer Geschwindigkeit im gesamten Treppenhaus aus und erfasste im Flur des Dachgeschosses einen 27-jährigen ghanaischen Staatsangehörigen. Dieser erlitt schwerste Verbrennungen und eine Rauchvergiftung, die noch am Tattag zu seinem Tod führten. Zwei weitere Hausbewohner konnten sich nur durch Sprünge aus dem Fenster retten und trugen dadurch Knochenbrüche davon. Den übrigen 18 Bewohnern gelang es, sich unverletzt in Sicherheit zu bringen.
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft sind nach wie vor noch nicht abgeschlossen, weshalb bisher keine Beamtinnen und Beamte oder sonstige Auskunftspersonen, die an dem damaligen Ermittlungsverfahren beteiligt waren, durch die AG „Causa“ befragt wurden. Die Auswertungen der AG „Causa“ haben davon unabhängig Defizite und Schwachstellen identifiziert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurden interne Maßnahmen im Landespolizeipräsidium umgesetzt, die z. B. zur professionellen Bearbeitung von sogenannten „Cold Cases“ führten.
Durch verschiedene Änderungen in der Struktur der saarländischen Polizei wurden einige Schwachstellen bereits im Rahmen zurückliegender Organisationsfortschreibungen behoben, heißt es von der Polizei. So werden beispielsweise Tötungsdelikte im Landespolizeipräsidium zentral bearbeitet. Außerdem werden seit Dezember 2020 sogenannte „Cold Cases“ im Landespolizeipräsidium in enger Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken von Dienststellen bearbeitet, die nicht mit der ursprünglichen Sachbearbeitung betraut waren. Auf diese Art und Weise soll eine unvoreingenommene und strukturierte erneute Prüfung von Spuren und Hinweisen ermöglicht werden, um neue Blickwinkel und Ermittlungsansätze zur Klärung von ungeklärten Tötungsdelikten zu gewinnen
Landespolizeipräsident Norbert Rupp: „Ich bin erleichtert, dass diese schreckliche Tat, nach über 30 Jahren, endlich aufgeklärt scheint. Unsere Arbeit ist damit jedoch noch nicht abgeschlossen. Die AG ‚Causa‘ setzt die interne Aufarbeitung fort und wird diese in Abhängigkeit zum laufenden Verfahren der Bundesanwaltschaft auch zum Abschluss bringen. Ich entschuldige mich im Namen des Landespolizeipräsidiums dafür, dass offensichtlich auch Defizite in der damaligen Polizeiarbeit zur Einstellung der Ermittlungen geführt haben. So etwas darf sich nicht wiederholen, dazu haben wir, wie dargestellt, Qualitätsstandards eingeführt.„